Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie nicht ein vernünftiger Mann wären. Aber, nichts für ungut, Sie hörten das Märchen vom todten Gast, sahen einen Fremden; hatte schwarze Kleider; flugs spielt Ihnen die gottlose Einbildungskraft einen Hexenstreich und setzt Ihnen, was noch fehlt, hinzu.

Dabei blieb es. Herr Bantes ließ sich auf keine anderen Gedanken bringen.

Die Erscheinung.

Der todte Gast war nun das Gespräch über Tische bei der Mahlzeit. Man freute sich, bald mehr über ihn zu vernehmen und gewisse Auskunft über den Fremden in der heutigen Winterabendgesellschaft beim Bügermeister zu erhalten, und, wenn nicht aus offiziellem Munde des Stadthauptes, doch durch die Frau Amtsbürgermeisterin, welche, ohne Hülfe geheimer Polizei, ununterbrochen eine wahre Tag- und Nachtchronik von Herbesheim hielt. Die Frauenzimmer fuhren sogleich nach Beendigung des nachmittäglichen Gottesdienstes zu ihr. Herr Bantes versprach, sobald es dunkel werden wolle, nachzukommen; er hatte noch einige Geschäfte mit Leuten aus seiner Fabrik abzuthun, die er gewöhnlich an Sonntagsnachmittagen zu sich kommen ließ.

Er war eben im Begriff, den Letzten dieser Leute abzufertigen und sich auf den Weg zur Wintergesellschaft zu machen, als plötzlich ein durchschneidender weiblicher

Sie nicht ein vernünftiger Mann wären. Aber, nichts für ungut, Sie hörten das Märchen vom todten Gast, sahen einen Fremden; hatte schwarze Kleider; flugs spielt Ihnen die gottlose Einbildungskraft einen Hexenstreich und setzt Ihnen, was noch fehlt, hinzu.

Dabei blieb es. Herr Bantes ließ sich auf keine anderen Gedanken bringen.

Die Erscheinung.

Der todte Gast war nun das Gespräch über Tische bei der Mahlzeit. Man freute sich, bald mehr über ihn zu vernehmen und gewisse Auskunft über den Fremden in der heutigen Winterabendgesellschaft beim Bügermeister zu erhalten, und, wenn nicht aus offiziellem Munde des Stadthauptes, doch durch die Frau Amtsbürgermeisterin, welche, ohne Hülfe geheimer Polizei, ununterbrochen eine wahre Tag- und Nachtchronik von Herbesheim hielt. Die Frauenzimmer fuhren sogleich nach Beendigung des nachmittäglichen Gottesdienstes zu ihr. Herr Bantes versprach, sobald es dunkel werden wolle, nachzukommen; er hatte noch einige Geschäfte mit Leuten aus seiner Fabrik abzuthun, die er gewöhnlich an Sonntagsnachmittagen zu sich kommen ließ.

Er war eben im Begriff, den Letzten dieser Leute abzufertigen und sich auf den Weg zur Wintergesellschaft zu machen, als plötzlich ein durchschneidender weiblicher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="12">
        <p><pb facs="#f0115"/>
Sie      nicht ein vernünftiger Mann wären. Aber, nichts für ungut, Sie hörten das Märchen vom todten      Gast, sahen einen Fremden; hatte schwarze Kleider; flugs spielt Ihnen die gottlose      Einbildungskraft einen Hexenstreich und setzt Ihnen, was noch fehlt, hinzu.</p><lb/>
        <p>Dabei blieb es. Herr Bantes ließ sich auf keine anderen Gedanken bringen.</p><lb/>
      </div>
      <div type="chapter" n="13">
        <head>Die Erscheinung.</head>
        <p>Der todte Gast war nun das Gespräch über Tische bei der Mahlzeit. Man freute sich, bald mehr      über ihn zu vernehmen und gewisse Auskunft über den Fremden in der heutigen      Winterabendgesellschaft beim Bügermeister zu erhalten, und, wenn nicht aus offiziellem Munde      des Stadthauptes, doch durch die Frau Amtsbürgermeisterin, welche, ohne Hülfe geheimer Polizei,      ununterbrochen eine wahre Tag- und Nachtchronik von Herbesheim hielt. Die Frauenzimmer fuhren      sogleich nach Beendigung des nachmittäglichen Gottesdienstes zu ihr. Herr Bantes versprach,      sobald es dunkel werden wolle, nachzukommen; er hatte noch einige Geschäfte mit Leuten aus      seiner Fabrik abzuthun, die er gewöhnlich an Sonntagsnachmittagen zu sich kommen ließ.</p><lb/>
        <p>Er war eben im Begriff, den Letzten dieser Leute abzufertigen und sich auf den Weg zur      Wintergesellschaft zu machen, als plötzlich ein durchschneidender weiblicher<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0115] Sie nicht ein vernünftiger Mann wären. Aber, nichts für ungut, Sie hörten das Märchen vom todten Gast, sahen einen Fremden; hatte schwarze Kleider; flugs spielt Ihnen die gottlose Einbildungskraft einen Hexenstreich und setzt Ihnen, was noch fehlt, hinzu. Dabei blieb es. Herr Bantes ließ sich auf keine anderen Gedanken bringen. Die Erscheinung. Der todte Gast war nun das Gespräch über Tische bei der Mahlzeit. Man freute sich, bald mehr über ihn zu vernehmen und gewisse Auskunft über den Fremden in der heutigen Winterabendgesellschaft beim Bügermeister zu erhalten, und, wenn nicht aus offiziellem Munde des Stadthauptes, doch durch die Frau Amtsbürgermeisterin, welche, ohne Hülfe geheimer Polizei, ununterbrochen eine wahre Tag- und Nachtchronik von Herbesheim hielt. Die Frauenzimmer fuhren sogleich nach Beendigung des nachmittäglichen Gottesdienstes zu ihr. Herr Bantes versprach, sobald es dunkel werden wolle, nachzukommen; er hatte noch einige Geschäfte mit Leuten aus seiner Fabrik abzuthun, die er gewöhnlich an Sonntagsnachmittagen zu sich kommen ließ. Er war eben im Begriff, den Letzten dieser Leute abzufertigen und sich auf den Weg zur Wintergesellschaft zu machen, als plötzlich ein durchschneidender weiblicher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/115
Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/115>, abgerufen am 21.11.2024.