Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Schrei geschah. Herr Bantes und der Fabrikarbeiter erschraken heftig. Es war tiefe Stille. Sieh doch einmal nach, Paul, was begegnet ist! sagte Herr Bantes zum Arbeiter. Dieser ging, kam aber nach wenigen Augenblicken mit ganz verstörter Miene zurück und konnte kaum halblaut mit bebender Stimme sprechen: Es verlangt Sie Jemand zu sehen. Nur herein! sagte Herr Bantes ärgerlich. Paul öffnete die Thür, und es trat ganz langsam ein Fremder herein. Es war ein hagerer, langer Mann, in schwarzen Kleidern; das Gesicht zwar von angenehmen, feinen Zügen, aber bleich. Durch das dicke, schwarze Seidentuch um den Hals war die Blässe noch gesteigert und recht todtenhaft. Die saubere Kleidung, die äußerst seine Wäsche, deren Schneeglanz unter der schwarzen Seidenweste hervorstach, die reichen Ringe, welche von den Fingern blitzten, der Anstand in allem Aeußern verrieth den Fremden als einen Mann von höherm Stande. Herr Bantes starrte den Unbekannten an. Er sah den todten Gast vor seinen Augen; faßte sich aber, so gut er konnte, und sagte, indem er sich mit etwas erschrockener Höflichkeit gegen den Eintretenden verneigte, zum Arbeiter: Paul, du bleibst hier! Ich habe dir nachher noch etwas zu sagen. Es freut mich das Glück, Herr Bantes, Ihre Bekanntschaft zu machen! sagte der Fremde leise und Schrei geschah. Herr Bantes und der Fabrikarbeiter erschraken heftig. Es war tiefe Stille. Sieh doch einmal nach, Paul, was begegnet ist! sagte Herr Bantes zum Arbeiter. Dieser ging, kam aber nach wenigen Augenblicken mit ganz verstörter Miene zurück und konnte kaum halblaut mit bebender Stimme sprechen: Es verlangt Sie Jemand zu sehen. Nur herein! sagte Herr Bantes ärgerlich. Paul öffnete die Thür, und es trat ganz langsam ein Fremder herein. Es war ein hagerer, langer Mann, in schwarzen Kleidern; das Gesicht zwar von angenehmen, feinen Zügen, aber bleich. Durch das dicke, schwarze Seidentuch um den Hals war die Blässe noch gesteigert und recht todtenhaft. Die saubere Kleidung, die äußerst seine Wäsche, deren Schneeglanz unter der schwarzen Seidenweste hervorstach, die reichen Ringe, welche von den Fingern blitzten, der Anstand in allem Aeußern verrieth den Fremden als einen Mann von höherm Stande. Herr Bantes starrte den Unbekannten an. Er sah den todten Gast vor seinen Augen; faßte sich aber, so gut er konnte, und sagte, indem er sich mit etwas erschrockener Höflichkeit gegen den Eintretenden verneigte, zum Arbeiter: Paul, du bleibst hier! Ich habe dir nachher noch etwas zu sagen. Es freut mich das Glück, Herr Bantes, Ihre Bekanntschaft zu machen! sagte der Fremde leise und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <p><pb facs="#f0116"/> Schrei geschah. Herr Bantes und der Fabrikarbeiter erschraken heftig. Es war tiefe Stille.</p><lb/> <p>Sieh doch einmal nach, Paul, was begegnet ist! sagte Herr Bantes zum Arbeiter.</p><lb/> <p>Dieser ging, kam aber nach wenigen Augenblicken mit ganz verstörter Miene zurück und konnte kaum halblaut mit bebender Stimme sprechen: Es verlangt Sie Jemand zu sehen.</p><lb/> <p>Nur herein! sagte Herr Bantes ärgerlich. Paul öffnete die Thür, und es trat ganz langsam ein Fremder herein. Es war ein hagerer, langer Mann, in schwarzen Kleidern; das Gesicht zwar von angenehmen, feinen Zügen, aber bleich. Durch das dicke, schwarze Seidentuch um den Hals war die Blässe noch gesteigert und recht todtenhaft. Die saubere Kleidung, die äußerst seine Wäsche, deren Schneeglanz unter der schwarzen Seidenweste hervorstach, die reichen Ringe, welche von den Fingern blitzten, der Anstand in allem Aeußern verrieth den Fremden als einen Mann von höherm Stande.</p><lb/> <p>Herr Bantes starrte den Unbekannten an. Er sah den todten Gast vor seinen Augen; faßte sich aber, so gut er konnte, und sagte, indem er sich mit etwas erschrockener Höflichkeit gegen den Eintretenden verneigte, zum Arbeiter: Paul, du bleibst hier! Ich habe dir nachher noch etwas zu sagen.</p><lb/> <p>Es freut mich das Glück, Herr Bantes, Ihre Bekanntschaft zu machen! sagte der Fremde leise und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
Schrei geschah. Herr Bantes und der Fabrikarbeiter erschraken heftig. Es war tiefe Stille.
Sieh doch einmal nach, Paul, was begegnet ist! sagte Herr Bantes zum Arbeiter.
Dieser ging, kam aber nach wenigen Augenblicken mit ganz verstörter Miene zurück und konnte kaum halblaut mit bebender Stimme sprechen: Es verlangt Sie Jemand zu sehen.
Nur herein! sagte Herr Bantes ärgerlich. Paul öffnete die Thür, und es trat ganz langsam ein Fremder herein. Es war ein hagerer, langer Mann, in schwarzen Kleidern; das Gesicht zwar von angenehmen, feinen Zügen, aber bleich. Durch das dicke, schwarze Seidentuch um den Hals war die Blässe noch gesteigert und recht todtenhaft. Die saubere Kleidung, die äußerst seine Wäsche, deren Schneeglanz unter der schwarzen Seidenweste hervorstach, die reichen Ringe, welche von den Fingern blitzten, der Anstand in allem Aeußern verrieth den Fremden als einen Mann von höherm Stande.
Herr Bantes starrte den Unbekannten an. Er sah den todten Gast vor seinen Augen; faßte sich aber, so gut er konnte, und sagte, indem er sich mit etwas erschrockener Höflichkeit gegen den Eintretenden verneigte, zum Arbeiter: Paul, du bleibst hier! Ich habe dir nachher noch etwas zu sagen.
Es freut mich das Glück, Herr Bantes, Ihre Bekanntschaft zu machen! sagte der Fremde leise und
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