Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.eine Kleinigkeit gekauft; doch erst in der Abenddämmerung sei er erschienen, und nie vorher; noch weniger wollte sie von der berüchtigten Hinterthür etwas wissen. Dies hatte der Bürgermeister von seinem Polizeidiener wieder vernommen, und es machte ihm allerlei sonderbare Gedanken. Für einen bloßen Spaßvogel konnte er den schwarzen langen Herrn unmöglich halten; dazu sah er zu ernsthaft aus. Auch waren seine Geschenke viel zu kostbar gewesen, als daß er nur einen Scherz mit den lieben Herbesheimern getrieben haben sollte. Herr Bantes, sonst ein Todfeind alles Aberglaubens, hatte aber dem Bürgermeister so viel Seltsames erzählt und geklagt, daß dieser allerdings eine unruhige Nacht haben konnte, indem er das Für und Wider in seinem Kopf umherwarf. Ehe noch der Polizeidiener folgenden Morgens zum Kreuz kam, erzählten ihm schon die Leute auf der Straße, daß der todte Gast und sein Diener Knall und Fall verschwunden wären, man wisse nicht, wohin. Er hätte weder Wagen noch Pferde, noch Extrapost genommen, wäre zu keinem Stadtthor hinaus und doch nirgends zu finden. Dies bestätigte auch die Aussage des Kreuzwirthes, der den Polizeimann in das Zimmer führte, wo der angebliche Herr von Hahn gewohnt hatte. Da war noch Alles in der besten Ordnung, als hätte Niemand darin gewohnt; die Betten standen unangetastet, die Stühle eine Kleinigkeit gekauft; doch erst in der Abenddämmerung sei er erschienen, und nie vorher; noch weniger wollte sie von der berüchtigten Hinterthür etwas wissen. Dies hatte der Bürgermeister von seinem Polizeidiener wieder vernommen, und es machte ihm allerlei sonderbare Gedanken. Für einen bloßen Spaßvogel konnte er den schwarzen langen Herrn unmöglich halten; dazu sah er zu ernsthaft aus. Auch waren seine Geschenke viel zu kostbar gewesen, als daß er nur einen Scherz mit den lieben Herbesheimern getrieben haben sollte. Herr Bantes, sonst ein Todfeind alles Aberglaubens, hatte aber dem Bürgermeister so viel Seltsames erzählt und geklagt, daß dieser allerdings eine unruhige Nacht haben konnte, indem er das Für und Wider in seinem Kopf umherwarf. Ehe noch der Polizeidiener folgenden Morgens zum Kreuz kam, erzählten ihm schon die Leute auf der Straße, daß der todte Gast und sein Diener Knall und Fall verschwunden wären, man wisse nicht, wohin. Er hätte weder Wagen noch Pferde, noch Extrapost genommen, wäre zu keinem Stadtthor hinaus und doch nirgends zu finden. Dies bestätigte auch die Aussage des Kreuzwirthes, der den Polizeimann in das Zimmer führte, wo der angebliche Herr von Hahn gewohnt hatte. Da war noch Alles in der besten Ordnung, als hätte Niemand darin gewohnt; die Betten standen unangetastet, die Stühle <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="17"> <p><pb facs="#f0150"/> eine Kleinigkeit gekauft; doch erst in der Abenddämmerung sei er erschienen, und nie vorher; noch weniger wollte sie von der berüchtigten Hinterthür etwas wissen. Dies hatte der Bürgermeister von seinem Polizeidiener wieder vernommen, und es machte ihm allerlei sonderbare Gedanken.</p><lb/> <p>Für einen bloßen Spaßvogel konnte er den schwarzen langen Herrn unmöglich halten; dazu sah er zu ernsthaft aus. Auch waren seine Geschenke viel zu kostbar gewesen, als daß er nur einen Scherz mit den lieben Herbesheimern getrieben haben sollte. Herr Bantes, sonst ein Todfeind alles Aberglaubens, hatte aber dem Bürgermeister so viel Seltsames erzählt und geklagt, daß dieser allerdings eine unruhige Nacht haben konnte, indem er das Für und Wider in seinem Kopf umherwarf.</p><lb/> <p>Ehe noch der Polizeidiener folgenden Morgens zum Kreuz kam, erzählten ihm schon die Leute auf der Straße, daß der todte Gast und sein Diener Knall und Fall verschwunden wären, man wisse nicht, wohin. Er hätte weder Wagen noch Pferde, noch Extrapost genommen, wäre zu keinem Stadtthor hinaus und doch nirgends zu finden. Dies bestätigte auch die Aussage des Kreuzwirthes, der den Polizeimann in das Zimmer führte, wo der angebliche Herr von Hahn gewohnt hatte. Da war noch Alles in der besten Ordnung, als hätte Niemand darin gewohnt; die Betten standen unangetastet, die Stühle<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0150]
eine Kleinigkeit gekauft; doch erst in der Abenddämmerung sei er erschienen, und nie vorher; noch weniger wollte sie von der berüchtigten Hinterthür etwas wissen. Dies hatte der Bürgermeister von seinem Polizeidiener wieder vernommen, und es machte ihm allerlei sonderbare Gedanken.
Für einen bloßen Spaßvogel konnte er den schwarzen langen Herrn unmöglich halten; dazu sah er zu ernsthaft aus. Auch waren seine Geschenke viel zu kostbar gewesen, als daß er nur einen Scherz mit den lieben Herbesheimern getrieben haben sollte. Herr Bantes, sonst ein Todfeind alles Aberglaubens, hatte aber dem Bürgermeister so viel Seltsames erzählt und geklagt, daß dieser allerdings eine unruhige Nacht haben konnte, indem er das Für und Wider in seinem Kopf umherwarf.
Ehe noch der Polizeidiener folgenden Morgens zum Kreuz kam, erzählten ihm schon die Leute auf der Straße, daß der todte Gast und sein Diener Knall und Fall verschwunden wären, man wisse nicht, wohin. Er hätte weder Wagen noch Pferde, noch Extrapost genommen, wäre zu keinem Stadtthor hinaus und doch nirgends zu finden. Dies bestätigte auch die Aussage des Kreuzwirthes, der den Polizeimann in das Zimmer führte, wo der angebliche Herr von Hahn gewohnt hatte. Da war noch Alles in der besten Ordnung, als hätte Niemand darin gewohnt; die Betten standen unangetastet, die Stühle
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