[Spaltenumbruch]
lang gedauret/ biß man endlich das heutige auß leinenen oder seidenen Lumpen gestampff- te Papyr erfunden. Dessen Erfindung zweyen Männeren Antonio und Michaeli zu- geschrieben wird/ welche umb/ das Jahr Christi 1470. auß Gallicien in Teutschland/ und zwar allhero nacher Basel kommen/ hiemit die Kunst das Lumpen-papyr zu ma- chen/ sollen mitgebracht/ und/ weilen all- hier ein treffliche Gelegenheit zu allerhand Mühlen auffzurichten sich erzeigt/ auch die Papyr-mühlen zu bawen/ sollen angegeben haben.
Fürwahr ein kluger Fund auß solchen alten Dingen/ Auß Leinwad-Lumpen nur/ Papyr zu- weg zu bringen; Das gar zu vielerley bequem und taug- lich ist/ Wie jeder an seim ort erfährt zu aller frist.
Der Weitzen ist männiglich bekannt/ wird in etliche Geschlecht underscheiden. Denn erstlich ist er der Zeit der Säung halben un- derscheiden/ in dem etlicher Weitzen vor dem Winter gesäet wird/ als der den Frost und Kälte nach der Keimung wohl duldet; diß ist eine vollkommene und speißhaffte Frucht. Den andern Weitzen säet man im Mertzen. Diese beyde Geschlecht werden gesamlet/ ohngefehr umb den Hewmonat. Jn etlichen [Spaltenumbruch]
Landen wächst er auff/ und wird zeitig im dritten Monat (daher ihn die Alten Trime- stre nennen) solches geschicht aber nicht ü- berall/ auch in Teutschland nicht.
Der ander Underscheid des Weitzens ist an den Aehren/ denn in etlichen sind sie gleich kahl ohne Spitzen; Triticum hybernum aristis carens, spica & granis vel rubentibus, vel albis, glumas facile deponens, vulgare. Widerumb sind etliche mit langen/ rau- chen/ stachlichten Spitzen besetzt/ also daß ihn das Gewild nicht bald angreiffet; Tri- ticum rufum hexastichon, C. B. I. B. Ferners gibt es ein Weitzen mit vielfacher Aehre; Triticum multiplici spica glumas facile depo- nens. Item ein Weitzen mit langen Kernen/ Triticum speciosum oblongo grano, aristis do- drantalibus aut pedalibus. Item ein Weitzen mit Spitzen/ rother Aehre und Kernen; Triticum aristis munitum, rubentibus granis, & spica, glumis laevibus & splendentibus. Widerumb ein äschfarber Weitzen mit läng- sten Spitzen; Triticum cinericium typhinum, maximis aristis donatum, glumas triturando deponens, calamis proceris geniculatis, folio- sis, spica fere sesqui-palmari, glumis hirsutis, cinericeis. Jtem ein Weitzen mit langen Spitzen/ und blawer Aehre; Triticum lon- gioribus aristis, spica coerulea eleganti & ma- gna, granis magnis & duris, atropurpureo co- lore nitentibus, Jtem ein Weitzen mit lan- gen Haar-spitzen/ und weisser Aehre; Tri- ticum longioribus aristis, spica granisque al- bis. Jtem ein Candianischer wilder Wei- tzen; Triticum sylvestre Creticum, spicis ni- grioribus, aristis brevioribus.
Zum dritten ist der Weitzen underscheiden an der Fruchtbarkeit oder Menge/ denn etli- che Aehre sind mit sechtzig/ mehr oder min- deren Körnlein besetzt.
Zum vierten wird er underscheiden an der Substantz und Güte/ denn etlicher Weitzen gibt das allerschönste/ kräfftigste und wohl- geschmackste Mehl und Brot. Auß die- sem Weitzen macht man auch das Krafft- mehl. Dargegen findet man anderen/ wel- cher gegen jetztgemeldter Güte geringer ist.
Aller Weitzen hat Blätter wie das Ried- graß/ sie sind schmäler denn in der Gersten: Auch ist der Stengel oder Halm glätter/ läßt sich nicht bald brechen. Wächst auß vielen dünnen Würtzelein/ treibt viel hohe knodichte/ dicke/ holestengel/ und rundlich- te bald weisse/ bald braun-rothe Samen- körner.
Der beste Weitzen/ auß welchem das schön- ste und beste Brot gebacken wird/ ist nicht mürb/ sondern wohl zeitig/ vollkommen/ derb/ schwer/ Goldfarb/ klar/ glatt/ sau- ber/ und von einem fetten Erdreich. Denn es geschicht offt/ daß der Weitzen außwen- dig gelb und derb anzusehen ist/ inwendig aber ist er mürb/ weich/ luck/ und unvoll- kommen. Solcher gibt viel Kleyen/ und das Brot/ so von diesem Weitzen gebacken wird/ bringet dem Leib nicht gute Nahrung/ beschweret den Magen mit bösen Dünsten.
Das beste Weitzen-mehl achtet man/ wel- ches nicht über die massen zermahlet/ nicht allzu new/ auch nicht sehr alt oder verlegen ist/ und nicht sehr grobe Kleyen hat.
Eigen-
R r 2
Von den Krauteren.
[Spaltenumbruch]
lang gedauret/ biß man endlich das heutige auß leinenen oder ſeidenen Lumpẽ geſtampff- te Papyr erfunden. Deſſen Erfindung zweyen Maͤnneren Antonio und Michaëli zu- geſchrieben wird/ welche umb/ das Jahr Chriſti 1470. auß Gallicien in Teutſchland/ und zwar allhero nacher Baſel kommen/ hiemit die Kunſt das Lumpen-papyr zu ma- chen/ ſollen mitgebracht/ und/ weilen all- hier ein treffliche Gelegenheit zu allerhand Muͤhlen auffzurichten ſich erzeigt/ auch die Papyr-muͤhlen zu bawen/ ſollen angegeben haben.
Fuͤrwahr ein kluger Fund auß ſolchen alten Dingen/ Auß Leinwad-Lumpen nur/ Papyr zu- weg zu bringen; Das gar zu vielerley bequem und taug- lich iſt/ Wie jeder an ſeim ort erfaͤhrt zu aller friſt.
Der Weitzen iſt maͤnniglich bekañt/ wird in etliche Geſchlecht underſcheiden. Denn erſtlich iſt er der Zeit der Saͤung halben un- derſcheiden/ in dem etlicher Weitzen vor dem Winter geſaͤet wird/ als der den Froſt und Kaͤlte nach der Keimung wohl duldet; diß iſt eine vollkommene und ſpeißhaffte Frucht. Den andern Weitzen ſaͤet man im Mertzen. Dieſe beyde Geſchlecht werden geſamlet/ ohngefehr umb den Hewmonat. Jn etlichen [Spaltenumbruch]
Landen waͤchſt er auff/ und wird zeitig im dritten Monat (daher ihn die Alten Trime- ſtre nennen) ſolches geſchicht aber nicht uͤ- berall/ auch in Teutſchland nicht.
Der ander Underſcheid des Weitzens iſt an den Aehren/ denn in etlichen ſind ſie gleich kahl ohne Spitzen; Triticum hybernum ariſtis carens, ſpicâ & granis vel rubentibus, vel albis, glumas facilè deponens, vulgare. Widerumb ſind etliche mit langen/ rau- chen/ ſtachlichten Spitzen beſetzt/ alſo daß ihn das Gewild nicht bald angreiffet; Tri- ticum rufum hexaſtichon, C. B. I. B. Ferners gibt es ein Weitzen mit vielfacher Aehre; Triticum multiplici ſpicâ glumas facilè depo- nens. Item ein Weitzen mit langen Kernen/ Triticum ſpecioſum oblongo grano, ariſtis do- drantalibus aut pedalibus. Item ein Weitzen mit Spitzen/ rother Aehre und Kernen; Triticum ariſtis munitum, rubentibus granis, & ſpica, glumis lævibus & ſplendentibus. Widerumb ein aͤſchfarber Weitzen mit laͤng- ſten Spitzen; Triticum cinericium typhinum, maximis ariſtis donatum, glumas triturando deponens, calamis proceris geniculatis, folio- ſis, ſpicâ ferè ſesqui-palmari, glumis hirſutis, cinericeis. Jtem ein Weitzen mit langen Spitzen/ und blawer Aehre; Triticum lon- gioribus ariſtis, ſpicâ cœruleâ eleganti & ma- gnâ, granis magnis & duris, atropurpureo co- lore nitentibus, Jtem ein Weitzen mit lan- gen Haar-ſpitzen/ und weiſſer Aehre; Tri- ticum longioribus ariſtis, ſpicâ granisq́ue al- bis. Jtem ein Candianiſcher wilder Wei- tzen; Triticum ſylveſtre Creticum, ſpicis ni- grioribus, ariſtis brevioribus.
Zum dritten iſt der Weitzen underſcheiden an der Fruchtbarkeit oder Menge/ denn etli- che Aehre ſind mit ſechtzig/ mehr oder min- deren Koͤrnlein beſetzt.
Zum vierten wird er underſcheiden an der Subſtantz und Guͤte/ denn etlicher Weitzen gibt das allerſchoͤnſte/ kraͤfftigſte und wohl- geſchmackſte Mehl und Brot. Auß die- ſem Weitzen macht man auch das Krafft- mehl. Dargegen findet man anderen/ wel- cher gegen jetztgemeldter Guͤte geringer iſt.
Aller Weitzen hat Blaͤtter wie das Ried- graß/ ſie ſind ſchmaͤler denn in der Gerſten: Auch iſt der Stengel oder Halm glaͤtter/ laͤßt ſich nicht bald brechen. Waͤchſt auß vielen duͤnnen Wuͤrtzelein/ treibt viel hohe knodichte/ dicke/ holeſtengel/ und rundlich- te bald weiſſe/ bald braun-rothe Samen- koͤrner.
Der beſte Weitzen/ auß welchem das ſchoͤn- ſte und beſte Brot gebacken wird/ iſt nicht muͤrb/ ſondern wohl zeitig/ vollkommen/ derb/ ſchwer/ Goldfarb/ klar/ glatt/ ſau- ber/ und von einem fetten Erdreich. Denn es geſchicht offt/ daß der Weitzen außwen- dig gelb und derb anzuſehen iſt/ inwendig aber iſt er muͤrb/ weich/ luck/ und unvoll- kommen. Solcher gibt viel Kleyen/ und das Brot/ ſo von dieſem Weitzen gebacken wird/ bringet dem Leib nicht gute Nahrung/ beſchweret den Magen mit boͤſen Duͤnſten.
Das beſte Weitzen-mehl achtet man/ wel- ches nicht uͤber die maſſen zermahlet/ nicht allzu new/ auch nicht ſehr alt oder verlegen iſt/ und nicht ſehr grobe Kleyen hat.
Eigen-
R r 2
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[315/0331]
Von den Krauteren.
lang gedauret/ biß man endlich das heutige
auß leinenen oder ſeidenen Lumpẽ geſtampff-
te Papyr erfunden. Deſſen Erfindung
zweyen Maͤnneren Antonio und Michaëli zu-
geſchrieben wird/ welche umb/ das Jahr
Chriſti 1470. auß Gallicien in Teutſchland/
und zwar allhero nacher Baſel kommen/
hiemit die Kunſt das Lumpen-papyr zu ma-
chen/ ſollen mitgebracht/ und/ weilen all-
hier ein treffliche Gelegenheit zu allerhand
Muͤhlen auffzurichten ſich erzeigt/ auch die
Papyr-muͤhlen zu bawen/ ſollen angegeben
haben.
Fuͤrwahr ein kluger Fund auß ſolchen
alten Dingen/
Auß Leinwad-Lumpen nur/ Papyr zu-
weg zu bringen;
Das gar zu vielerley bequem und taug-
lich iſt/
Wie jeder an ſeim ort erfaͤhrt zu aller
friſt.
CAPUT XIII.
[Abbildung Weitzen. Triticum.
]
Namen.
WEitzen heißt Griechiſch/ _,
_. Lateiniſch/ Triticum, Ro-
bus, Frumentum. Jtaliaͤniſch/
Formento, Grano. Frantzoͤſiſch/ Froment,
Bled. Spaniſch/ Trigo. Engliſch/ Whea-
te. Daͤniſch/ Huoede. Niderlaͤndiſch/
Terwe/ Korn. Jm Elſaß und Weſter-
reich/ Korn.
Geſchlecht und Geſtalt.
Der Weitzen iſt maͤnniglich bekañt/ wird
in etliche Geſchlecht underſcheiden. Denn
erſtlich iſt er der Zeit der Saͤung halben un-
derſcheiden/ in dem etlicher Weitzen vor dem
Winter geſaͤet wird/ als der den Froſt und
Kaͤlte nach der Keimung wohl duldet; diß
iſt eine vollkommene und ſpeißhaffte Frucht.
Den andern Weitzen ſaͤet man im Mertzen.
Dieſe beyde Geſchlecht werden geſamlet/
ohngefehr umb den Hewmonat. Jn etlichen
Landen waͤchſt er auff/ und wird zeitig im
dritten Monat (daher ihn die Alten Trime-
ſtre nennen) ſolches geſchicht aber nicht uͤ-
berall/ auch in Teutſchland nicht.
Der ander Underſcheid des Weitzens iſt
an den Aehren/ denn in etlichen ſind ſie
gleich kahl ohne Spitzen; Triticum hybernum
ariſtis carens, ſpicâ & granis vel rubentibus,
vel albis, glumas facilè deponens, vulgare.
Widerumb ſind etliche mit langen/ rau-
chen/ ſtachlichten Spitzen beſetzt/ alſo daß
ihn das Gewild nicht bald angreiffet; Tri-
ticum rufum hexaſtichon, C. B. I. B. Ferners
gibt es ein Weitzen mit vielfacher Aehre;
Triticum multiplici ſpicâ glumas facilè depo-
nens. Item ein Weitzen mit langen Kernen/
Triticum ſpecioſum oblongo grano, ariſtis do-
drantalibus aut pedalibus. Item ein Weitzen
mit Spitzen/ rother Aehre und Kernen;
Triticum ariſtis munitum, rubentibus granis,
& ſpica, glumis lævibus & ſplendentibus.
Widerumb ein aͤſchfarber Weitzen mit laͤng-
ſten Spitzen; Triticum cinericium typhinum,
maximis ariſtis donatum, glumas triturando
deponens, calamis proceris geniculatis, folio-
ſis, ſpicâ ferè ſesqui-palmari, glumis hirſutis,
cinericeis. Jtem ein Weitzen mit langen
Spitzen/ und blawer Aehre; Triticum lon-
gioribus ariſtis, ſpicâ cœruleâ eleganti & ma-
gnâ, granis magnis & duris, atropurpureo co-
lore nitentibus, Jtem ein Weitzen mit lan-
gen Haar-ſpitzen/ und weiſſer Aehre; Tri-
ticum longioribus ariſtis, ſpicâ granisq́ue al-
bis. Jtem ein Candianiſcher wilder Wei-
tzen; Triticum ſylveſtre Creticum, ſpicis ni-
grioribus, ariſtis brevioribus.
Zum dritten iſt der Weitzen underſcheiden
an der Fruchtbarkeit oder Menge/ denn etli-
che Aehre ſind mit ſechtzig/ mehr oder min-
deren Koͤrnlein beſetzt.
Zum vierten wird er underſcheiden an der
Subſtantz und Guͤte/ denn etlicher Weitzen
gibt das allerſchoͤnſte/ kraͤfftigſte und wohl-
geſchmackſte Mehl und Brot. Auß die-
ſem Weitzen macht man auch das Krafft-
mehl. Dargegen findet man anderen/ wel-
cher gegen jetztgemeldter Guͤte geringer iſt.
Aller Weitzen hat Blaͤtter wie das Ried-
graß/ ſie ſind ſchmaͤler denn in der Gerſten:
Auch iſt der Stengel oder Halm glaͤtter/
laͤßt ſich nicht bald brechen. Waͤchſt auß
vielen duͤnnen Wuͤrtzelein/ treibt viel hohe
knodichte/ dicke/ holeſtengel/ und rundlich-
te bald weiſſe/ bald braun-rothe Samen-
koͤrner.
Der beſte Weitzen/ auß welchem das ſchoͤn-
ſte und beſte Brot gebacken wird/ iſt nicht
muͤrb/ ſondern wohl zeitig/ vollkommen/
derb/ ſchwer/ Goldfarb/ klar/ glatt/ ſau-
ber/ und von einem fetten Erdreich. Denn
es geſchicht offt/ daß der Weitzen außwen-
dig gelb und derb anzuſehen iſt/ inwendig
aber iſt er muͤrb/ weich/ luck/ und unvoll-
kommen. Solcher gibt viel Kleyen/ und
das Brot/ ſo von dieſem Weitzen gebacken
wird/ bringet dem Leib nicht gute Nahrung/
beſchweret den Magen mit boͤſen Duͤnſten.
Das beſte Weitzen-mehl achtet man/ wel-
ches nicht uͤber die maſſen zermahlet/ nicht
allzu new/ auch nicht ſehr alt oder verlegen
iſt/ und nicht ſehr grobe Kleyen hat.
Eigen-
R r 2
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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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