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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] oder Düng dienet ihnen nicht/ sondern ma-
chet sie gern faulen; es seye denn/ daß man
gar schlechten grund vor sich habe; welchen
man auff folgende weise verbesseren kan.
Vermischet den schlechten Grund mit ver-
faultem kurtzen Kühe-mist/ und lasset ihn
also zwey jahr ohne gebrauch ligen/ oder
brauchet ihn anfänglich zu Zaser-gewächs/
und Küchen-werck/ so wird der mist in wäh-
render zeit sich zertheilet/ und in solch erd-
reich veränderet haben/ welches zum Zwi-
bel-werck ohne gefahr zu gebrauchen. 3. Jst
zu verbesserung solches geringen bodens nutz-
lich/ daß man auff einen hauffen zusammen-
führen lasse etliche Kärren voll abgestoche-
ne Wasen/ welche also innerhalb zwey jah-
ren in sich vermodern/ und in ein hier zu sehr
tauglich erdreich verwandelt werden. Noch
dienlicher ist es/ wenn das erdreich mit dem
Gemüll von verfaulten Weiden oder Ei-
chen gemischet wird. 4. Wegen obgedach-
ten schadens/ welcher dem Zwibel-werck vom
mist zustossen kan/ muß man bey außthei-
lung der Garten-felder oder Betthen eine
gewisse ordnung halten/ also daß andere ge-
wächse/ so der mistung bedörffen/ ihre eigne:
die Zwibeln aber auch ihre sonderbare stelle
überkommen/ damit durch ihre vermischung/
eines dem andern nicht schädlich oder hinder-
lich seyn könne. Derowegen/ weil auff ei-
ner grossen Parterre, grosse und kleine Felder
durch einander sind/ kan man diese oder je-
ne ihnen zueignen: jedoch im nothfall lässet
sichs auch thun/ daß man die Zwibel am
rande herumb setze/ und vergönne den Mit-
telplatz der Betther den zaßrichten Wurtzeln
und Samen-werck/ damit man diesen mit
der Düngung besonders zu hulff kommt.

Belangend die vermehrung des Zwibeln-
wercks durch den Samen; so ist zu beobach-
ten/ daß was sich selbst besamet/ zwar viel
geschwinder Blumen gebe/ aber es spielet
nicht so schön an farben. Wenn denn der
Same der Zwibeln reiff/ so nehmet ihn auß/
reiniget ihne wol/ und hebet ihne biß in den
Herbstmonat auff: richtet indessen ein oder
mehr lange Betthe von gutem erdreich zu/
(dem einige auch wol ein wenig Düngung
im nothfall zusetzen) säet darauff im zuneh-
menden Mond/ zu end des Augst- oder an-
fang des Herbst-monats/ nur einen zoll
tieff ewere Samen/ und lasset sie also auff
derselben stelle drey jahr unverruckt auff-
wachsen/ jedoch daß man sie hernach sau-
ber von allem Unkraut erhalte. Nach der
zeit klaubet die jungen Zwibeln behend auß
der erden/ richtet die Betthe von neuem zu/
pflantzet sie wider hinein/ jede art beson-
ders/ und lasset sie noch andere drey jahr
auff derselben stelle fortwachsen; so werden
ohne zweiffel einige arten davon im sechsten
jahr gut Blüthe bringen/ andere aber nach-
gehends. Also blühen die gesäeten Tulipa-
nen zum ersten mahl im sechsten oder siben-
den/ die Keyserkronen und Türckische Bund
allererst im achten jahr/ und auch später.
Ob nun gleich diese vermehrung sehr lang-
sam/ und eben nur von den Gärtneren/ die
darauff warten können/ allein beschihet/ so
erlanget man doch dadurch über die massen
schöne Blumen/ welche die farben so man-
[Spaltenumbruch] cherley veränderen/ daß offt gantz neue gat-
tungen sich dadurch erzeigen. Sonderlich
spielen die am meisten in der veränderung/
welche auß Samen gezielet/ der von gantz
weissen Blumen in jedwederem Geschlechte
abgenommen worden. Und obwol die ande-
ren Zwibel-gewächse durch Samen weni-
ger/ als die Tulipan sich veränderen/ so ist doch
auch darinnen ein mercklicher underscheid
zu spüren. Also pfleget das an sich rothe
Martagon Pomponii, auß dem Samen gelbe/
ziegelfarbe/ und zinnoberrothe Blumen zu
geben. Iris bulbosa aber schneeweisse/ gantz
gelbe/ blau und gelbe/ weiß und blaw/ blaw
gelbe und weisse/ wie auch mit purpurfarb
vermengete. Gladiolus Italicus, leibsarbene
und weisse fürzubringen. Die Hyacinthen
ins gemein veränderen sich sehr: insonderheit
Hyacinthus moschatus gibet auß einerley Sa-
men weisst/ gelbe/ purpur- und silberfarbe-
ne Blumen. Nareissen geben auch verände-
rungen/ aber nicht so sehr. Der gelbe Cro-
cus vernus
bringet goldgelbe/ gelbe mit brau-
nen striemen; der schneeweisse aber bringet
violbraune/ blawe und gestriemte Blumen.
Auß weiß Frittillarien-samen wachsen meh-
rentheils weisse/ aber auch gelbe/ roth-purpur-
braune mit weissen puncten/ und rauchfar-
be: auß anderen dunckel-purpuren/ liecht-
purpur/ und viel Blumen auff einem sten-
gel.

Bey der vermehrung durch die wurtzel ist
1. nöthig/ daß zum wenigsten alle drey Jahr/
oder ein Jahr umbs ander/ oder wenn man
viel junge zu haben begehrt/ alle Jahr die
kiel oder wurtzeln auß der Erden gehoben/
und von ihrer ubrigen feuchtigkeit etwas
getrucknet werden. 2. Solche außhebung
kan umb Jacobi verrichtet werden/ da nicht
nur jhre Blumen längst vergangen/ sondern
auch der Same gantz reiff/ und die blätter
auff der Erden schon weggefaulet. Alßdenn
an einem schönen tag/ da das Erdreich wol
trucken/ grabet die Zwibeln behutsam auß/
traget sie auff eine truckne/ lufftige/ und von
Mäusen befreyete Kammer/ die einen sau-
beren Fußboden mit bretteren beleget habe;
breitet sie daselbst behend/ und ohn werffen
dünn von einander/ und zwar an eine solche
seite/ da die Sonnen-stralen nicht hintreffen
können. Nach acht tagen/ wenn sie ein we-
nig getrucknet/ säuberet sie von der anhan-
genden Erde/ von den unnützen äussersten
schelffen/ und von andern unsauberkeiten. Jn-
gleichem sönderet davon die jungen setzlin-
ge/ und lasset sie also vermischet/ noch sechs
oder sieben wochen/ nemlich biß auff den
halben Herbstmonat/ auch wol biß Michae-
lis/ oder noch später/ wofern das wetter
nur offen bleibet/ ligen. 3. Demnach im wach-
senden Mond erwehlet zur widereinsetzung
einen tag/ da kein hefftiger Ost- oder Nord-
wind bläset/ sondern ein gut still wetter ist.
Setzet auff den zubereiteten Betthen die
alten Zwibeln erstlich nach der reihe hin/
zwey zoll tieff in die Erde/ also daß die spi-
tze oder das auge oben komme/ und sie auf-
recht stehen bleiben/ daran nicht wenig gele-
gen/ sonderlich bey den Frittillarien. Thut
darnach dergleichen mit den jungen setzlin-
gen auff ein besonder Betth/ so werdet jhr

befin-

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] oder Duͤng dienet ihnen nicht/ ſondern ma-
chet ſie gern faulen; es ſeye denn/ daß man
gar ſchlechten grund vor ſich habe; welchen
man auff folgende weiſe verbeſſeren kan.
Vermiſchet den ſchlechten Grund mit ver-
faultem kurtzen Kuͤhe-miſt/ und laſſet ihn
alſo zwey jahr ohne gebrauch ligen/ oder
brauchet ihn anfaͤnglich zu Zaſer-gewaͤchs/
und Kuͤchen-werck/ ſo wird der miſt in waͤh-
render zeit ſich zertheilet/ und in ſolch erd-
reich veraͤnderet haben/ welches zum Zwi-
bel-werck ohne gefahr zu gebrauchen. 3. Jſt
zu verbeſſerung ſolches geringen bodens nutz-
lich/ daß man auff einen hauffen zuſam̃en-
fuͤhren laſſe etliche Kaͤrꝛen voll abgeſtoche-
ne Waſen/ welche alſo innerhalb zwey jah-
ren in ſich vermodern/ und in ein hier zu ſehr
tauglich erdreich verwandelt werden. Noch
dienlicher iſt es/ wenn das erdreich mit dem
Gemuͤll von verfaulten Weiden oder Ei-
chen gemiſchet wird. 4. Wegen obgedach-
ten ſchadens/ welcher dem Zwibel-werck vom
miſt zuſtoſſen kan/ muß man bey außthei-
lung der Garten-felder oder Betthen eine
gewiſſe ordnung halten/ alſo daß andere ge-
waͤchſe/ ſo der miſtung bedoͤrffen/ ihre eigne:
die Zwibeln aber auch ihre ſonderbare ſtelle
uͤberkommen/ damit durch ihre vermiſchung/
eines dem andern nicht ſchaͤdlich oder hinder-
lich ſeyn koͤnne. Derowegen/ weil auff ei-
ner groſſen Parterre, groſſe und kleine Felder
durch einander ſind/ kan man dieſe oder je-
ne ihnen zueignen: jedoch im nothfall laͤſſet
ſichs auch thun/ daß man die Zwibel am
rande herumb ſetze/ und vergoͤnne den Mit-
telplatz der Betther den zaßrichten Wurtzeln
und Samen-werck/ damit man dieſen mit
der Duͤngung beſonders zu hůlff kommt.

Belangend die vermehrung des Zwibeln-
wercks durch den Samen; ſo iſt zu beobach-
ten/ daß was ſich ſelbſt beſamet/ zwar viel
geſchwinder Blumen gebe/ aber es ſpielet
nicht ſo ſchoͤn an farben. Wenn denn der
Same der Zwibeln reiff/ ſo nehmet ihn auß/
reiniget ihne wol/ und hebet ihne biß in den
Herbſtmonat auff: richtet indeſſen ein oder
mehr lange Betthe von gutem erdreich zu/
(dem einige auch wol ein wenig Duͤngung
im nothfall zuſetzen) ſaͤet darauff im zuneh-
menden Mond/ zu end des Augſt- oder an-
fang des Herbſt-monats/ nur einen zoll
tieff ewere Samen/ und laſſet ſie alſo auff
derſelben ſtelle drey jahr unverꝛuckt auff-
wachſen/ jedoch daß man ſie hernach ſau-
ber von allem Unkraut erhalte. Nach der
zeit klaubet die jungen Zwibeln behend auß
der erden/ richtet die Betthe von neuem zu/
pflantzet ſie wider hinein/ jede art beſon-
ders/ und laſſet ſie noch andere drey jahr
auff derſelben ſtelle fortwachſen; ſo werden
ohne zweiffel einige arten davon im ſechsten
jahr gut Bluͤthe bringen/ andere aber nach-
gehends. Alſo bluͤhen die geſaͤeten Tulipa-
nen zum erſten mahl im ſechsten oder ſiben-
den/ die Keyſerkronen und Tuͤrckiſche Bund
allererſt im achten jahr/ und auch ſpaͤter.
Ob nun gleich dieſe vermehrung ſehr lang-
ſam/ und eben nur von den Gaͤrtneren/ die
darauff warten koͤnnen/ allein beſchihet/ ſo
erlanget man doch dadurch uͤber die maſſen
ſchoͤne Blumen/ welche die farben ſo man-
[Spaltenumbruch] cherley veraͤnderen/ daß offt gantz neue gat-
tungen ſich dadurch erzeigen. Sonderlich
ſpielen die am meiſten in der veraͤnderung/
welche auß Samen gezielet/ der von gantz
weiſſen Blumen in jedwederem Geſchlechte
abgenommen worden. Und obwol die ande-
ren Zwibel-gewaͤchſe durch Samen weni-
ger/ als die Tulipan ſich veraͤnderẽ/ ſo iſt doch
auch darinnen ein mercklicher underſcheid
zu ſpuͤren. Alſo pfleget das an ſich rothe
Martagon Pomponii, auß dem Samen gelbe/
ziegelfarbe/ und ziñoberꝛothe Blumen zu
geben. Iris bulboſa aber ſchneeweiſſe/ gantz
gelbe/ blau und gelbe/ weiß und blaw/ blaw
gelbe und weiſſe/ wie auch mit purpurfarb
vermengete. Gladiolus Italicus, leibſarbene
und weiſſe fuͤrzubringen. Die Hyacinthen
ins gemein veraͤnderen ſich ſehr: inſonderheit
Hyacinthus moſchatus gibet auß einerley Sa-
men weiſſt/ gelbe/ purpur- und ſilberfarbe-
ne Blumen. Nareiſſen geben auch veraͤnde-
rungen/ aber nicht ſo ſehr. Der gelbe Cro-
cus vernus
bringet goldgelbe/ gelbe mit brau-
nen ſtriemen; der ſchneeweiſſe aber bringet
violbraune/ blawe und geſtriemte Blumen.
Auß weiß Frittillarien-ſamen wachſen meh-
rentheils weiſſe/ aber auch gelbe/ roth-purpur-
braune mit weiſſen puncten/ und rauchfar-
be: auß anderen dunckel-purpuren/ liecht-
purpur/ und viel Blumen auff einem ſten-
gel.

Bey der vermehrung durch die wurtzel iſt
1. noͤthig/ daß zum wenigſten alle drey Jahr/
oder ein Jahr umbs ander/ oder wenn man
viel junge zu haben begehrt/ alle Jahr die
kiel oder wurtzeln auß der Erden gehoben/
und von ihrer ůbrigen feuchtigkeit etwas
getrucknet werden. 2. Solche außhebung
kan umb Jacobi verꝛichtet werden/ da nicht
nur jhre Blumen laͤngſt vergangen/ ſondern
auch der Same gantz reiff/ und die blaͤtter
auff der Erden ſchon weggefaulet. Alßdenn
an einem ſchoͤnen tag/ da das Erdreich wol
trucken/ grabet die Zwibeln behutſam auß/
traget ſie auff eine truckne/ lufftige/ und von
Maͤuſen befreyete Kammer/ die einen ſau-
beren Fußboden mit bretteren beleget habe;
breitet ſie daſelbſt behend/ und ohn werffen
duͤnn von einander/ und zwar an eine ſolche
ſeite/ da die Sonnen-ſtralen nicht hintreffen
koͤnnen. Nach acht tagen/ wenn ſie ein we-
nig getrucknet/ ſaͤuberet ſie von der anhan-
genden Erde/ von den unnuͤtzen aͤuſſerſten
ſchelffen/ uñ von andern unſauberkeiten. Jn-
gleichem ſoͤnderet davon die jungen ſetzlin-
ge/ und laſſet ſie alſo vermiſchet/ noch ſechs
oder ſieben wochen/ nemlich biß auff den
halben Herbſtmonat/ auch wol biß Michae-
lis/ oder noch ſpaͤter/ wofern das wetter
nur offen bleibet/ ligen. 3. Demnach im wach-
ſenden Mond erwehlet zur widereinſetzung
einen tag/ da kein hefftiger Oſt- oder Nord-
wind blaͤſet/ ſondern ein gut ſtill wetter iſt.
Setzet auff den zubereiteten Betthen die
alten Zwibeln erſtlich nach der reihe hin/
zwey zoll tieff in die Erde/ alſo daß die ſpi-
tze oder das auge oben komme/ und ſie auf-
recht ſtehen bleiben/ daran nicht wenig gele-
gen/ ſonderlich bey den Frittillarien. Thut
darnach dergleichen mit den jungen ſetzlin-
gen auff ein beſonder Betth/ ſo werdet jhr

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[335/0351] Von den Kraͤuteren. oder Duͤng dienet ihnen nicht/ ſondern ma- chet ſie gern faulen; es ſeye denn/ daß man gar ſchlechten grund vor ſich habe; welchen man auff folgende weiſe verbeſſeren kan. Vermiſchet den ſchlechten Grund mit ver- faultem kurtzen Kuͤhe-miſt/ und laſſet ihn alſo zwey jahr ohne gebrauch ligen/ oder brauchet ihn anfaͤnglich zu Zaſer-gewaͤchs/ und Kuͤchen-werck/ ſo wird der miſt in waͤh- render zeit ſich zertheilet/ und in ſolch erd- reich veraͤnderet haben/ welches zum Zwi- bel-werck ohne gefahr zu gebrauchen. 3. Jſt zu verbeſſerung ſolches geringen bodens nutz- lich/ daß man auff einen hauffen zuſam̃en- fuͤhren laſſe etliche Kaͤrꝛen voll abgeſtoche- ne Waſen/ welche alſo innerhalb zwey jah- ren in ſich vermodern/ und in ein hier zu ſehr tauglich erdreich verwandelt werden. Noch dienlicher iſt es/ wenn das erdreich mit dem Gemuͤll von verfaulten Weiden oder Ei- chen gemiſchet wird. 4. Wegen obgedach- ten ſchadens/ welcher dem Zwibel-werck vom miſt zuſtoſſen kan/ muß man bey außthei- lung der Garten-felder oder Betthen eine gewiſſe ordnung halten/ alſo daß andere ge- waͤchſe/ ſo der miſtung bedoͤrffen/ ihre eigne: die Zwibeln aber auch ihre ſonderbare ſtelle uͤberkommen/ damit durch ihre vermiſchung/ eines dem andern nicht ſchaͤdlich oder hinder- lich ſeyn koͤnne. Derowegen/ weil auff ei- ner groſſen Parterre, groſſe und kleine Felder durch einander ſind/ kan man dieſe oder je- ne ihnen zueignen: jedoch im nothfall laͤſſet ſichs auch thun/ daß man die Zwibel am rande herumb ſetze/ und vergoͤnne den Mit- telplatz der Betther den zaßrichten Wurtzeln und Samen-werck/ damit man dieſen mit der Duͤngung beſonders zu hůlff kommt. Belangend die vermehrung des Zwibeln- wercks durch den Samen; ſo iſt zu beobach- ten/ daß was ſich ſelbſt beſamet/ zwar viel geſchwinder Blumen gebe/ aber es ſpielet nicht ſo ſchoͤn an farben. Wenn denn der Same der Zwibeln reiff/ ſo nehmet ihn auß/ reiniget ihne wol/ und hebet ihne biß in den Herbſtmonat auff: richtet indeſſen ein oder mehr lange Betthe von gutem erdreich zu/ (dem einige auch wol ein wenig Duͤngung im nothfall zuſetzen) ſaͤet darauff im zuneh- menden Mond/ zu end des Augſt- oder an- fang des Herbſt-monats/ nur einen zoll tieff ewere Samen/ und laſſet ſie alſo auff derſelben ſtelle drey jahr unverꝛuckt auff- wachſen/ jedoch daß man ſie hernach ſau- ber von allem Unkraut erhalte. Nach der zeit klaubet die jungen Zwibeln behend auß der erden/ richtet die Betthe von neuem zu/ pflantzet ſie wider hinein/ jede art beſon- ders/ und laſſet ſie noch andere drey jahr auff derſelben ſtelle fortwachſen; ſo werden ohne zweiffel einige arten davon im ſechsten jahr gut Bluͤthe bringen/ andere aber nach- gehends. Alſo bluͤhen die geſaͤeten Tulipa- nen zum erſten mahl im ſechsten oder ſiben- den/ die Keyſerkronen und Tuͤrckiſche Bund allererſt im achten jahr/ und auch ſpaͤter. Ob nun gleich dieſe vermehrung ſehr lang- ſam/ und eben nur von den Gaͤrtneren/ die darauff warten koͤnnen/ allein beſchihet/ ſo erlanget man doch dadurch uͤber die maſſen ſchoͤne Blumen/ welche die farben ſo man- cherley veraͤnderen/ daß offt gantz neue gat- tungen ſich dadurch erzeigen. Sonderlich ſpielen die am meiſten in der veraͤnderung/ welche auß Samen gezielet/ der von gantz weiſſen Blumen in jedwederem Geſchlechte abgenommen worden. Und obwol die ande- ren Zwibel-gewaͤchſe durch Samen weni- ger/ als die Tulipan ſich veraͤnderẽ/ ſo iſt doch auch darinnen ein mercklicher underſcheid zu ſpuͤren. Alſo pfleget das an ſich rothe Martagon Pomponii, auß dem Samen gelbe/ ziegelfarbe/ und ziñoberꝛothe Blumen zu geben. Iris bulboſa aber ſchneeweiſſe/ gantz gelbe/ blau und gelbe/ weiß und blaw/ blaw gelbe und weiſſe/ wie auch mit purpurfarb vermengete. Gladiolus Italicus, leibſarbene und weiſſe fuͤrzubringen. Die Hyacinthen ins gemein veraͤnderen ſich ſehr: inſonderheit Hyacinthus moſchatus gibet auß einerley Sa- men weiſſt/ gelbe/ purpur- und ſilberfarbe- ne Blumen. Nareiſſen geben auch veraͤnde- rungen/ aber nicht ſo ſehr. Der gelbe Cro- cus vernus bringet goldgelbe/ gelbe mit brau- nen ſtriemen; der ſchneeweiſſe aber bringet violbraune/ blawe und geſtriemte Blumen. Auß weiß Frittillarien-ſamen wachſen meh- rentheils weiſſe/ aber auch gelbe/ roth-purpur- braune mit weiſſen puncten/ und rauchfar- be: auß anderen dunckel-purpuren/ liecht- purpur/ und viel Blumen auff einem ſten- gel. Bey der vermehrung durch die wurtzel iſt 1. noͤthig/ daß zum wenigſten alle drey Jahr/ oder ein Jahr umbs ander/ oder wenn man viel junge zu haben begehrt/ alle Jahr die kiel oder wurtzeln auß der Erden gehoben/ und von ihrer ůbrigen feuchtigkeit etwas getrucknet werden. 2. Solche außhebung kan umb Jacobi verꝛichtet werden/ da nicht nur jhre Blumen laͤngſt vergangen/ ſondern auch der Same gantz reiff/ und die blaͤtter auff der Erden ſchon weggefaulet. Alßdenn an einem ſchoͤnen tag/ da das Erdreich wol trucken/ grabet die Zwibeln behutſam auß/ traget ſie auff eine truckne/ lufftige/ und von Maͤuſen befreyete Kammer/ die einen ſau- beren Fußboden mit bretteren beleget habe; breitet ſie daſelbſt behend/ und ohn werffen duͤnn von einander/ und zwar an eine ſolche ſeite/ da die Sonnen-ſtralen nicht hintreffen koͤnnen. Nach acht tagen/ wenn ſie ein we- nig getrucknet/ ſaͤuberet ſie von der anhan- genden Erde/ von den unnuͤtzen aͤuſſerſten ſchelffen/ uñ von andern unſauberkeiten. Jn- gleichem ſoͤnderet davon die jungen ſetzlin- ge/ und laſſet ſie alſo vermiſchet/ noch ſechs oder ſieben wochen/ nemlich biß auff den halben Herbſtmonat/ auch wol biß Michae- lis/ oder noch ſpaͤter/ wofern das wetter nur offen bleibet/ ligen. 3. Demnach im wach- ſenden Mond erwehlet zur widereinſetzung einen tag/ da kein hefftiger Oſt- oder Nord- wind blaͤſet/ ſondern ein gut ſtill wetter iſt. Setzet auff den zubereiteten Betthen die alten Zwibeln erſtlich nach der reihe hin/ zwey zoll tieff in die Erde/ alſo daß die ſpi- tze oder das auge oben komme/ und ſie auf- recht ſtehen bleiben/ daran nicht wenig gele- gen/ ſonderlich bey den Frittillarien. Thut darnach dergleichen mit den jungen ſetzlin- gen auff ein beſonder Betth/ ſo werdet jhr befin-

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/351>, abgerufen am 22.11.2024.