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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] vum, J. B. Hat eine lange bittere Wurtzel/
mit etlichen zaselen behenckt/ darauß wach-
sen erstlich lange schwartzgrüne blätter/ tieff
zerspalten/ und rings herum zerkerbt/ die
sind den blätteren des Pfaffenröhrlein-
krauts so ähnlich/ daß man sie anfänglich
kümmerlich von einander unterscheiden
kan/ werden aber doch von farben grauer/
raucher und kleiner zerschnitten. Die blät-
ter ligen erstlich auff der erden/ aber bald
hernach stossen sie fast lange runde und glat-
te stengel herfür/ die sind inwendig hol/ und
zinckicht/ mit vielen gabelen und neben-
zweiglein/ von unden an durch gewisse un-
derscheid/ mit kleinen blättlein umgeben/
welche dem stengel mit zweyen öhrlein fast
nahe angehenckt sind. An den zincken ge-
winnet es viel grüner knöpfflein/ von un-
ten an biß oben hinauß/ welche hernach in
himmelblaue blumen außschlieffen/ die sind
fast nahe ohn einige stielein an die neben-
zweiglein gehefftet. Die blätter am stengel
sind den understen nicht ähnlich/ sonder
spitziger/ und auch nicht also sehr zerkerbt.
Nach dem die blumen abfallen und verge-
hen/ wächßt der samen in einem runden
grünen sternlein und vergleicht sich dem
Endivien-samen. Dieses Gewächs blühet
den gantzen Sommer/ biß in Herbst hin-
auß/ also daß es allwegen mit frischen und
unverwelckten blumen und anderen jungen
knöpfflein gefunden wird. Diese blumen
kehren sich allezeit der Sonnen nach: denn
des morgens/ so bald die Sonne auffgehet/
thun sich die blumen auch allgemächlich ge-
gen der Sonnen gekehret/ auff/ also daß sie
um den mittag gar auff sind/ und übersich
gegen der Sonnen auffrecht stehen: nach-
mittag/ wenn die Sonne sich gegen nider-
gang nahet/ kehren sie sich auch derselben
nach/ und wenn sie bald undergehen will/
fangen die blumen sich auch allgemächlich
an zu schliessen: endlich so bald die Sonne
undergangen/ so sind die blumen auch wi-
der zugeschlossen/ und bleiben also zugethan
biß morgens/ da die Sonne wider auffge-
het; ja wenn gleich der Himmel trüb/ und
mit Wolcken überzogen ist/ kan man doch
an diesen blumen die Zeit des tages erken-
nen/ denn so lang die Sonne vom auff-
gang an biß zum nidergang/ am Himmel
über den Wolcken bedeckt stehet/ so halten
die gemelte blumen/ wie erzehlet/ ihre ord-
nung einen weg wie den anderen/ welches
ein sonderlich Wunderwerck der Natur ist.
Dieses Gewächs ist fast gemein an allen
orten Teutsch- und Welschlands/ wächßt
gemeiniglich auff den wegen und landstras-
sen/ fürnemlich aber auff denen/ so durch
die fruchtfelder gehen. Man findet es biß-
weilen mit gantzen blätteren/ so zween zoll
breit sind/ auch wird der stengel zu zeiten
vier finger breit. Mit schneeweissen blumen
wächßt es in der Pfaltz/ mit leibfarben
aber kommet es im Elsaß zwischen Ober-
nehem und Schlettstadt herfür.

Die gemeine gelbe Wegwart/ Cichorium
vulgare luteum,
bekomt ein lange/ dicke und
zaßlichte Wurtzel. Die blätter sind eckicht/
gekerbt/ lang/ darneben grauer und rau-
cher als die vorigen. Die haarigen und
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Gemeine gelbe Wegwart. Cichorium
vulgare luteum.

braunfarben stengel wachsen elenhoch und
auch höher/ haben obenher und in der mit-
te etliche nebenzweiglein/ darauff schöne
gefüllte gelbe blumen erscheinen. Sie gibt
einen bitteren geschmack von sich/ und wird
an den dürren rechen der felderen und wein-
bergen gefunden. Dieser wird noch ein an-
dere art mit breiteren blätteren und grösse-
ren blumen an grassichten bergen in der
Pfaltz bey Cronweissenburg in zimlicher
anzahl gefunden. An etlichen orten auff den
feuchten graßichten rechen/ gründen und
wiesen kommet sie auch mit glatten blät-
teren herfür/ dahero man sie Cichorium
luteum laevius,
glatten gelben Wegwart
nennet.

Die Hindleufft oder Garten-wegwart/
Cichorium sativum, Jst der Wurtzel nach/
dem gemeinen oder Feld-wegwart gleich/
aber am geschmack milder und weniger bit-
ter. Die blätter sind etwas stumpffer/ und
nicht so viel und tieff zerspalten. Sonsten
ist dieses geschlecht/ mit den himmelblauen
blumen und samen/ dem vorgemelten al-
lerdings ähnlich/ allein daß es durch die
Pflantzung vollkomlicher/ und auch
zur speiß lieblicher wird/ darzu man es denn
mit sonderem fleiß pflantzet/ wie solches
Theodorus Tabernaemontanus in dem ersten
Buch der fünfften Section im 22. Capit.
berichtet. Man sindet sie auch mit weissen
Blumen.

Der Candische stachelichte Wegwart/
Cichorium spinosum, C. B. J. B. spinosum Cre-
ticum, Park.
Hat ein ablange/ dicklichte
Wurtzel/ mit wenig zaseln begabt/ und
mit einer dicken/ weißlichten rinden bedeckt.

Der

Das Andere Buch/
[Spaltenumbruch] vum, J. B. Hat eine lange bittere Wurtzel/
mit etlichen zaſelen behenckt/ darauß wach-
ſen erſtlich lange ſchwartzgruͤne blaͤtter/ tieff
zerſpalten/ und rings herum zerkerbt/ die
ſind den blaͤtteren des Pfaffenroͤhrlein-
krauts ſo aͤhnlich/ daß man ſie anfaͤnglich
kuͤmmerlich von einander unterſcheiden
kan/ werden aber doch von farben grauer/
raucher und kleiner zerſchnitten. Die blaͤt-
ter ligen erſtlich auff der erden/ aber bald
hernach ſtoſſen ſie faſt lange runde und glat-
te ſtengel herfuͤr/ die ſind inwendig hol/ und
zinckicht/ mit vielen gabelen und neben-
zweiglein/ von unden an durch gewiſſe un-
derſcheid/ mit kleinen blaͤttlein umgeben/
welche dem ſtengel mit zweyen oͤhrlein faſt
nahe angehenckt ſind. An den zincken ge-
winnet es viel gruͤner knoͤpfflein/ von un-
ten an biß oben hinauß/ welche hernach in
himmelblaue blumen außſchlieffen/ die ſind
faſt nahe ohn einige ſtielein an die neben-
zweiglein gehefftet. Die blaͤtter am ſtengel
ſind den underſten nicht aͤhnlich/ ſonder
ſpitziger/ und auch nicht alſo ſehr zerkerbt.
Nach dem die blumen abfallen und verge-
hen/ waͤchßt der ſamen in einem runden
gruͤnen ſternlein und vergleicht ſich dem
Endivien-ſamen. Dieſes Gewaͤchs bluͤhet
den gantzen Sommer/ biß in Herbſt hin-
auß/ alſo daß es allwegen mit friſchen und
unverwelckten blumen und anderen jungen
knoͤpfflein gefunden wird. Dieſe blumen
kehren ſich allezeit der Sonnen nach: denn
des morgens/ ſo bald die Sonne auffgehet/
thun ſich die blumen auch allgemaͤchlich ge-
gen der Sonnen gekehret/ auff/ alſo daß ſie
um den mittag gar auff ſind/ und uͤberſich
gegen der Sonnen auffrecht ſtehen: nach-
mittag/ wenn die Sonne ſich gegen nider-
gang nahet/ kehren ſie ſich auch derſelben
nach/ und wenn ſie bald undergehen will/
fangen die blumen ſich auch allgemaͤchlich
an zu ſchlieſſen: endlich ſo bald die Sonne
undergangen/ ſo ſind die blumen auch wi-
der zugeſchloſſen/ und bleiben alſo zugethan
biß morgens/ da die Sonne wider auffge-
het; ja wenn gleich der Himmel truͤb/ und
mit Wolcken uͤberzogen iſt/ kan man doch
an dieſen blumen die Zeit des tages erken-
nen/ denn ſo lang die Sonne vom auff-
gang an biß zum nidergang/ am Himmel
uͤber den Wolcken bedeckt ſtehet/ ſo halten
die gemelte blumen/ wie erzehlet/ ihre ord-
nung einen weg wie den anderen/ welches
ein ſonderlich Wunderwerck der Natur iſt.
Dieſes Gewaͤchs iſt faſt gemein an allen
orten Teutſch- und Welſchlands/ waͤchßt
gemeiniglich auff den wegen und landſtraſ-
ſen/ fuͤrnemlich aber auff denen/ ſo durch
die fruchtfelder gehen. Man findet es biß-
weilen mit gantzen blaͤtteren/ ſo zween zoll
breit ſind/ auch wird der ſtengel zu zeiten
vier finger breit. Mit ſchneeweiſſen blumen
waͤchßt es in der Pfaltz/ mit leibfarben
aber kommet es im Elſaß zwiſchen Ober-
nehem und Schlettſtadt herfuͤr.

Die gemeine gelbe Wegwart/ Cichorium
vulgare luteum,
bekomt ein lange/ dicke und
zaßlichte Wurtzel. Die blaͤtter ſind eckicht/
gekerbt/ lang/ darneben grauer und rau-
cher als die vorigen. Die haarigen und
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Gemeine gelbe Wegwart. Cichorium
vulgare luteum.

braunfarben ſtengel wachſen elenhoch und
auch hoͤher/ haben obenher und in der mit-
te etliche nebenzweiglein/ darauff ſchoͤne
gefuͤllte gelbe blumen erſcheinen. Sie gibt
einen bitteren geſchmack von ſich/ und wird
an den duͤrꝛen rechen der felderen und wein-
bergen gefunden. Dieſer wird noch ein an-
dere art mit breiteren blaͤtteren und groͤſſe-
ren blumen an graſſichten bergen in der
Pfaltz bey Cronweiſſenburg in zimlicher
anzahl gefunden. An etlichen orten auff den
feuchten graßichten rechen/ gruͤnden und
wieſen kommet ſie auch mit glatten blaͤt-
teren herfuͤr/ dahero man ſie Cichorium
luteum lævius,
glatten gelben Wegwart
nennet.

Die Hindleufft oder Garten-wegwart/
Cichorium ſativum, Jſt der Wurtzel nach/
dem gemeinen oder Feld-wegwart gleich/
aber am geſchmack milder und weniger bit-
ter. Die blaͤtter ſind etwas ſtumpffer/ und
nicht ſo viel und tieff zerſpalten. Sonſten
iſt dieſes geſchlecht/ mit den himmelblauen
blumen und ſamen/ dem vorgemelten al-
lerdings aͤhnlich/ allein daß es durch die
Pflantzung vollkomlicher/ und auch
zur ſpeiß lieblicher wird/ darzu man es denn
mit ſonderem fleiß pflantzet/ wie ſolches
Theodorus Tabernæmontanus in dem erſten
Buch der fuͤnfften Section im 22. Capit.
berichtet. Man ſindet ſie auch mit weiſſen
Blumen.

Der Candiſche ſtachelichte Wegwart/
Cichorium ſpinoſum, C. B. J. B. ſpinoſum Cre-
ticum, Park.
Hat ein ablange/ dicklichte
Wurtzel/ mit wenig zaſeln begabt/ und
mit einer dicken/ weißlichten rinden bedeckt.

Der
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[484/0500] Das Andere Buch/ vum, J. B. Hat eine lange bittere Wurtzel/ mit etlichen zaſelen behenckt/ darauß wach- ſen erſtlich lange ſchwartzgruͤne blaͤtter/ tieff zerſpalten/ und rings herum zerkerbt/ die ſind den blaͤtteren des Pfaffenroͤhrlein- krauts ſo aͤhnlich/ daß man ſie anfaͤnglich kuͤmmerlich von einander unterſcheiden kan/ werden aber doch von farben grauer/ raucher und kleiner zerſchnitten. Die blaͤt- ter ligen erſtlich auff der erden/ aber bald hernach ſtoſſen ſie faſt lange runde und glat- te ſtengel herfuͤr/ die ſind inwendig hol/ und zinckicht/ mit vielen gabelen und neben- zweiglein/ von unden an durch gewiſſe un- derſcheid/ mit kleinen blaͤttlein umgeben/ welche dem ſtengel mit zweyen oͤhrlein faſt nahe angehenckt ſind. An den zincken ge- winnet es viel gruͤner knoͤpfflein/ von un- ten an biß oben hinauß/ welche hernach in himmelblaue blumen außſchlieffen/ die ſind faſt nahe ohn einige ſtielein an die neben- zweiglein gehefftet. Die blaͤtter am ſtengel ſind den underſten nicht aͤhnlich/ ſonder ſpitziger/ und auch nicht alſo ſehr zerkerbt. Nach dem die blumen abfallen und verge- hen/ waͤchßt der ſamen in einem runden gruͤnen ſternlein und vergleicht ſich dem Endivien-ſamen. Dieſes Gewaͤchs bluͤhet den gantzen Sommer/ biß in Herbſt hin- auß/ alſo daß es allwegen mit friſchen und unverwelckten blumen und anderen jungen knoͤpfflein gefunden wird. Dieſe blumen kehren ſich allezeit der Sonnen nach: denn des morgens/ ſo bald die Sonne auffgehet/ thun ſich die blumen auch allgemaͤchlich ge- gen der Sonnen gekehret/ auff/ alſo daß ſie um den mittag gar auff ſind/ und uͤberſich gegen der Sonnen auffrecht ſtehen: nach- mittag/ wenn die Sonne ſich gegen nider- gang nahet/ kehren ſie ſich auch derſelben nach/ und wenn ſie bald undergehen will/ fangen die blumen ſich auch allgemaͤchlich an zu ſchlieſſen: endlich ſo bald die Sonne undergangen/ ſo ſind die blumen auch wi- der zugeſchloſſen/ und bleiben alſo zugethan biß morgens/ da die Sonne wider auffge- het; ja wenn gleich der Himmel truͤb/ und mit Wolcken uͤberzogen iſt/ kan man doch an dieſen blumen die Zeit des tages erken- nen/ denn ſo lang die Sonne vom auff- gang an biß zum nidergang/ am Himmel uͤber den Wolcken bedeckt ſtehet/ ſo halten die gemelte blumen/ wie erzehlet/ ihre ord- nung einen weg wie den anderen/ welches ein ſonderlich Wunderwerck der Natur iſt. Dieſes Gewaͤchs iſt faſt gemein an allen orten Teutſch- und Welſchlands/ waͤchßt gemeiniglich auff den wegen und landſtraſ- ſen/ fuͤrnemlich aber auff denen/ ſo durch die fruchtfelder gehen. Man findet es biß- weilen mit gantzen blaͤtteren/ ſo zween zoll breit ſind/ auch wird der ſtengel zu zeiten vier finger breit. Mit ſchneeweiſſen blumen waͤchßt es in der Pfaltz/ mit leibfarben aber kommet es im Elſaß zwiſchen Ober- nehem und Schlettſtadt herfuͤr. Die gemeine gelbe Wegwart/ Cichorium vulgare luteum, bekomt ein lange/ dicke und zaßlichte Wurtzel. Die blaͤtter ſind eckicht/ gekerbt/ lang/ darneben grauer und rau- cher als die vorigen. Die haarigen und [Abbildung Gemeine gelbe Wegwart. Cichorium vulgare luteum. ] braunfarben ſtengel wachſen elenhoch und auch hoͤher/ haben obenher und in der mit- te etliche nebenzweiglein/ darauff ſchoͤne gefuͤllte gelbe blumen erſcheinen. Sie gibt einen bitteren geſchmack von ſich/ und wird an den duͤrꝛen rechen der felderen und wein- bergen gefunden. Dieſer wird noch ein an- dere art mit breiteren blaͤtteren und groͤſſe- ren blumen an graſſichten bergen in der Pfaltz bey Cronweiſſenburg in zimlicher anzahl gefunden. An etlichen orten auff den feuchten graßichten rechen/ gruͤnden und wieſen kommet ſie auch mit glatten blaͤt- teren herfuͤr/ dahero man ſie Cichorium luteum lævius, glatten gelben Wegwart nennet. Die Hindleufft oder Garten-wegwart/ Cichorium ſativum, Jſt der Wurtzel nach/ dem gemeinen oder Feld-wegwart gleich/ aber am geſchmack milder und weniger bit- ter. Die blaͤtter ſind etwas ſtumpffer/ und nicht ſo viel und tieff zerſpalten. Sonſten iſt dieſes geſchlecht/ mit den himmelblauen blumen und ſamen/ dem vorgemelten al- lerdings aͤhnlich/ allein daß es durch die Pflantzung vollkomlicher/ und auch zur ſpeiß lieblicher wird/ darzu man es denn mit ſonderem fleiß pflantzet/ wie ſolches Theodorus Tabernæmontanus in dem erſten Buch der fuͤnfften Section im 22. Capit. berichtet. Man ſindet ſie auch mit weiſſen Blumen. Der Candiſche ſtachelichte Wegwart/ Cichorium ſpinoſum, C. B. J. B. ſpinoſum Cre- ticum, Park. Hat ein ablange/ dicklichte Wurtzel/ mit wenig zaſeln begabt/ und mit einer dicken/ weißlichten rinden bedeckt. Der

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/500>, abgerufen am 22.11.2024.