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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch] lust/ ja Fürstlichen und Gräfflichen Persoh-
nen kein schand damit zu kurtzweilen. Die
Marter aber des Flachs ist unzehlbar/ erst-
lich mit ropffen und reffen/ alsdenn schwer-
lich ertränckt/ darnach auff der Heyden ge-
dörrt/ von neuem gedroschen und geschla-
gen werden: über das muß er sich lassen zer-
brechen und schwingen; nach dieser Marter
wird er durch die stachel-spieß der Jgeln o-
der Hecheln geschleifft. Auff diese plag ver-
bindet man ihne eine weil/ thut ihne wider
auff/ zieht ihn von einander/ henget ihne
an den galgen des rockens/ da wird er ge-
küßt/ geleckt und durch die finger gezogen/
wider auffgewickelt/ schnaps abgehaspelt/
darnach von neuem mit sieden und braten ge-
martert/ auß dem kalten bad ins warm ge-
führt/ widerumb gehengt/ gedörrt und mit
kolben geplaut/ über den stock geleget/ mit
umbtreiben auff runde kugeln gewunden/ ab-
gespult/ außgestreckt/ alsdenn durch die en-
gen strassen der Weber-geschirr geführt/ in
ein verbündnuß verknüpfft/ mit fluchen und
schelten durch einander geweben. Annoch ist
er allem unglück nicht entrunnen/ sondern
muß allererst von den Schneidern und Nä-
herinnen zerschnitten und zerstochen wer-
den. Komt er denn nach der marter zu den
ehren/ eilends beklagen sich die krancken/ die
wollen allesamt seiner nicht entbären/ und so
jederman vermeint/ es seye gar mit ihm auß/
komt er doch nach aller unehr widerum her-
für/ doch nicht ohne plag der Wasser-müh-
len/ in denselbigen wird er zerschnitten/ ge-
tretten/ gestampfft und ertränckt. Jederman
begehrt alsdenn seiner von neuem. Er wird
gehorsam dem Käyser und dem Hirten/ zu
Land und auff dem wasser/ zu nutz und scha-
den/ nach dem man ihn brauchen wil. Der
tod widerfährt ihm von dem fewr und den
mäusen/ die fressen ihn gar auff.

Zeitige ge-
schwär.

Flachsblätter auf zeitige geschwär gelegt/
machen gleich ein loch darein/ also daß man
sie nicht darff öffnen.

Auß Leinsamen wird ein öl gepreßt/ wel-
ches nicht allein die Aertzte/ sondern auch die
Mahler und andere Handwercker gebrau-
chen: man brennets auch in Ampeln/ weilen
es länger als Baumöl währet. Es dienet
Krampff/
starrende
glieder/
geschwulst
der gulden-
ader/ feig-
blattern/
brand vom
fewr/ seiten-
geschwär/
schwerer
athem.
wider den krampff/ starrende glieder/ die ge-
schwulst der Gulden-adern/ Feigblattern/
erweicht die Mutter: mit Rosen-oder See-
blumen-wasser/ oder vielmehr mit dem weis-
sen von Eyern vermischt und offt angestri-
chen/ heilet es den brand des fewrs. Fer-
ners ist das Leinöl ein gute Artzney wider
das Seitenstechen/ Geschwär und den schwe-
ren Athem/ so man ein paar loth warmlicht
trincket/ es lindert wol/ aber es muß frisch
seyn/ denn das alte hat ein rauche schärffe/
wärmet zu sehr/ und neiget den Magen zum
Unwillen.

Conradus Gesnerus kan dieses öl in dem
Seitenstich/ wie auch in dem Husten und
Seiten-
stich/ husten/
engbrü-
stigkeit.
der Engbrüstigkeit nicht genugsam loben/
er gibt auff einmahl 6. loth ein/ es ist zwar
wegen seines unlieblichen geruchs den kran-
cken etwas zu wider/ aber die darauff fol-
gende köstliche würckung und nutzbarkeit ist
desto grösser. Petrus Matthiolus gebrauchet
Grimmenes auch inwendig wider das Grimmen und
[Spaltenumbruch] das Grieß. So man den Flachs-samen inGrieß.
Rosen-oder Seeblumen-wasser einweichet/
gibt er einen schleim von sich/ welcher widerBrand/ hi-
tzige ge-
schwulst
an heimli-
chen orten
bey mann
und weib.

den Brand dienlich/ und die hitzige Ge-
schwulst an heimlichen orten bey Mann und
Weib niderleget.

David Herlicius in lib. de curatione Gravi-
darum cap.
11. schreibet von dem Leinsamen/
daß ihme nichts zu vergleichen seye in auß-Todte lei-
bes-frucht.

treibung der todten Leibsfrucht/ man trincke
das gesottene wasser darvon/ oder man setze
die Mutter in ein Lenden-bad von Flachs-
samen gesotten/ so wird die Frucht fort
müssen.

Ein trefflich pflaster/ welches allen schmer-
tzen lindert/ die Geschwär erweicht und zurGeschwär.
zeitigung bringet: Nim Leinsamen/ Bocks-
horn-und Eybischwurtzel-mehl jedes zwey
loth/ siede es in Milch zur dicke eines pfla-
sters/ und thue zu letzt darzu Camillen-
und Dillen-öl jedes ein halb loth: streiche es
zwischen zweyen Tüchern/ wärme es auff
einem heissen teller/ und legs über das Ge-
schwär.

Ein wunderbarliches und behendes mit-Böse/ grin-
dige/ und
greuliche
flecken.

tel/ damit man alle böse/ grindige und
greuliche flecken am Leib in wenig tagen
außtilgen kan/ thut es dem sonsten wider
solche flecken berühmten Weinstein-öl weit
vor/ wie solches Matthiolus offt wargenom-
men hat. Nim ein trocken leinen tüchlein/
fasse es auff ein messerspitz/ und zünd es über
einem messinen becken an/ so es nun brennet/
laß es säuberlich sincken auff den boden des
beckens; wenn die flamme über das gantze
tüchlein gefahren ist/ und das gebrennte tüch-
lein auff dem becken ligt/ heb es mit dem mes-
ser wider auff/ so findestu auff des beckens
boden ein fette feuchtigkeit gleich wie öl kle-
ben/ mit diesem öl bestreiche die flecken/ es
beißt erstlich/ aber nicht lang/ solches thu et-
liche tag nach einander/ jedes tags einmahl/
denn man kan das öl/ so offt man wil/ auffs
neue machen: von diesem öl werden die fle-
cken gantz gelb/ verdorren und fallen ab in
kurtzen tagen.

Wider das Reissen und Grimmen im leib:Reissen
und grim-
men im
leib.

Nim rohes Strelgarn/ sied es in wasser mit
aschen/ darnach truck das garn auß/ und leg
es warm auff. Dieses garn also warm/ be-
komt wol den Weibern bald nach dem gebä-
ren/ so man es auff die solen der füß leget/
denn es befürderet die Nachgeburt/ und lin-Nachge-
burt/ nach-
wehe.

deret die Nachwehe.

Wilder Flachs. Linum sylvestre.
Geschlecht und Gestalt.

1. Das erste Geschlecht des wilden Flachs/
als der gelbe Meer-Flachs/ Linum sylvestre
flore luteo marinum. Linum maritimum lu-
teum, C. B. luteum Narbonense, J. B.
Bekomt
auß einer wurtzel/ viel dünne/ runde/ gerade/
und weiche stengel/ und auff denselbigen auch
sondere zweiglein/ die sich den Flachs-sten-
geln vergleichen/ jedoch etwas kürtzer und
steiffer sind. Es hat kleine gelbe blumen/
den Flachs-blumen schier ähnlich/ läßt sich
auch wie der gemeine Flachs außfasen/ und
gleichsam zu spinn-flachs bereiten. Wächßt
von sich selbst auff dem Feld und an unge-
bauten orten.

Man

Das Dritte Buch/
[Spaltenumbruch] luſt/ ja Fuͤrſtlichen und Graͤfflichen Perſoh-
nen kein ſchand damit zu kurtzweilen. Die
Marter aber des Flachs iſt unzehlbar/ erſt-
lich mit ropffen und reffen/ alsdenn ſchwer-
lich ertraͤnckt/ darnach auff der Heyden ge-
doͤrꝛt/ von neuem gedroſchen und geſchla-
gen werden: uͤber das muß er ſich laſſen zer-
brechen und ſchwingen; nach dieſer Marter
wird er durch die ſtachel-ſpieß der Jgeln o-
der Hecheln geſchleifft. Auff dieſe plag ver-
bindet man ihne eine weil/ thut ihne wider
auff/ zieht ihn von einander/ henget ihne
an den galgen des rockens/ da wird er ge-
kuͤßt/ geleckt und durch die finger gezogen/
wider auffgewickelt/ ſchnaps abgehaſpelt/
darnach von neuem mit ſieden und braten ge-
martert/ auß dem kalten bad ins warm ge-
fuͤhrt/ widerumb gehengt/ gedoͤrꝛt und mit
kolben geplaut/ uͤber den ſtock geleget/ mit
umbtreiben auff runde kugeln gewunden/ ab-
geſpult/ außgeſtreckt/ alsdenn durch die en-
gen ſtraſſen der Weber-geſchirꝛ gefuͤhrt/ in
ein verbuͤndnuß verknuͤpfft/ mit fluchen und
ſchelten durch einander geweben. Annoch iſt
er allem ungluͤck nicht entrunnen/ ſondern
muß allererſt von den Schneidern und Naͤ-
herinnen zerſchnitten und zerſtochen wer-
den. Komt er denn nach der marter zu den
ehren/ eilends beklagen ſich die krancken/ die
wollen alleſamt ſeiner nicht entbaͤren/ und ſo
jederman vermeint/ es ſeye gar mit ihm auß/
komt er doch nach aller unehr widerum her-
fuͤr/ doch nicht ohne plag der Waſſer-muͤh-
len/ in denſelbigen wird er zerſchnitten/ ge-
tretten/ geſtampfft und ertraͤnckt. Jederman
begehrt alsdenn ſeiner von neuem. Er wird
gehorſam dem Kaͤyſer und dem Hirten/ zu
Land und auff dem waſſer/ zu nutz und ſcha-
den/ nach dem man ihn brauchen wil. Der
tod widerfaͤhrt ihm von dem fewr und den
maͤuſen/ die freſſen ihn gar auff.

Zeitige ge-
ſchwaͤr.

Flachsblaͤtter auf zeitige geſchwaͤr gelegt/
machen gleich ein loch darein/ alſo daß man
ſie nicht darff oͤffnen.

Auß Leinſamen wird ein oͤl gepreßt/ wel-
ches nicht allein die Aertzte/ ſondern auch die
Mahler und andere Handwercker gebrau-
chen: man brennets auch in Ampeln/ weilen
es laͤnger als Baumoͤl waͤhret. Es dienet
Krampff/
ſtarꝛende
glieder/
geſchwulſt
der guldẽ-
ader/ feig-
blattern/
brand vom
fewr/ ſeitẽ-
geſchwaͤr/
ſchwerer
athem.
wider den krampff/ ſtarꝛende glieder/ die ge-
ſchwulſt der Gulden-adern/ Feigblattern/
erweicht die Mutter: mit Roſen-oder See-
blumen-waſſer/ oder vielmehr mit dem weiſ-
ſen von Eyern vermiſcht und offt angeſtri-
chen/ heilet es den brand des fewrs. Fer-
ners iſt das Leinoͤl ein gute Artzney wider
das Seitenſtechen/ Geſchwaͤr und den ſchwe-
ren Athem/ ſo man ein paar loth warmlicht
trincket/ es lindert wol/ aber es muß friſch
ſeyn/ denn das alte hat ein rauche ſchaͤrffe/
waͤrmet zu ſehr/ und neiget den Magen zum
Unwillen.

Conradus Geſnerus kan dieſes oͤl in dem
Seitenſtich/ wie auch in dem Huſten und
Seiten-
ſtich/ huſtẽ/
engbruͤ-
ſtigkeit.
der Engbruͤſtigkeit nicht genugſam loben/
er gibt auff einmahl 6. loth ein/ es iſt zwar
wegen ſeines unlieblichen geruchs den kran-
cken etwas zu wider/ aber die darauff fol-
gende koͤſtliche wuͤrckung und nutzbarkeit iſt
deſto groͤſſer. Petrus Matthiolus gebrauchet
Grimmenes auch inwendig wider das Grimmen und
[Spaltenumbruch] das Grieß. So man den Flachs-ſamen inGrieß.
Roſen-oder Seeblumen-waſſer einweichet/
gibt er einen ſchleim von ſich/ welcher widerBrand/ hi-
tzige ge-
ſchwulſt
an heimli-
chen orten
bey mann
und weib.

den Brand dienlich/ und die hitzige Ge-
ſchwulſt an heimlichen orten bey Mann und
Weib niderleget.

David Herlicius in lib. de curatione Gravi-
darum cap.
11. ſchreibet von dem Leinſamen/
daß ihme nichts zu vergleichen ſeye in auß-Todte lei-
bes-frucht.

treibung der todten Leibsfrucht/ man trincke
das geſottene waſſer darvon/ oder man ſetze
die Mutter in ein Lenden-bad von Flachs-
ſamen geſotten/ ſo wird die Frucht fort
muͤſſen.

Ein trefflich pflaſter/ welches allen ſchmer-
tzen lindert/ die Geſchwaͤr erweicht und zurGeſchwaͤr.
zeitigung bringet: Nim Leinſamen/ Bocks-
horn-und Eybiſchwurtzel-mehl jedes zwey
loth/ ſiede es in Milch zur dicke eines pfla-
ſters/ und thue zu letzt darzu Camillen-
und Dillen-oͤl jedes ein halb loth: ſtreiche es
zwiſchen zweyen Tuͤchern/ waͤrme es auff
einem heiſſen teller/ und legs uͤber das Ge-
ſchwaͤr.

Ein wunderbarliches und behendes mit-Boͤſe/ grin-
dige/ und
greuliche
flecken.

tel/ damit man alle boͤſe/ grindige und
greuliche flecken am Leib in wenig tagen
außtilgen kan/ thut es dem ſonſten wider
ſolche flecken beruͤhmten Weinſtein-oͤl weit
vor/ wie ſolches Matthiolus offt wargenom-
men hat. Nim ein trocken leinen tuͤchlein/
faſſe es auff ein meſſerſpitz/ und zuͤnd es uͤber
einem meſſinen becken an/ ſo es nun brennet/
laß es ſaͤuberlich ſincken auff den boden des
beckens; wenn die flamme uͤber das gantze
tuͤchlein gefahren iſt/ und das gebrennte tuͤch-
lein auff dem becken ligt/ heb es mit dem meſ-
ſer wider auff/ ſo findeſtu auff des beckens
boden ein fette feuchtigkeit gleich wie oͤl kle-
ben/ mit dieſem oͤl beſtreiche die flecken/ es
beißt erſtlich/ aber nicht lang/ ſolches thu et-
liche tag nach einander/ jedes tags einmahl/
denn man kan das oͤl/ ſo offt man wil/ auffs
neue machen: von dieſem oͤl werden die fle-
cken gantz gelb/ verdorꝛen und fallen ab in
kurtzen tagen.

Wider das Reiſſen und Grimmen im leib:Reiſſen
und grim-
men im
leib.

Nim rohes Strelgarn/ ſied es in waſſer mit
aſchen/ darnach truck das garn auß/ und leg
es warm auff. Dieſes garn alſo warm/ be-
komt wol den Weibern bald nach dem gebaͤ-
ren/ ſo man es auff die ſolen der fuͤß leget/
denn es befuͤrderet die Nachgeburt/ und lin-Nachge-
burt/ nach-
wehe.

deret die Nachwehe.

Wilder Flachs. Linum ſylveſtre.
Geſchlecht und Geſtalt.

1. Das erſte Geſchlecht des wilden Flachs/
als der gelbe Meer-Flachs/ Linum ſylveſtre
flore luteo marinum. Linum maritimum lu-
teum, C. B. luteum Narbonenſe, J. B.
Bekomt
auß einer wurtzel/ viel duͤnne/ runde/ gerade/
und weiche ſtengel/ und auff denſelbigen auch
ſondere zweiglein/ die ſich den Flachs-ſten-
geln vergleichen/ jedoch etwas kuͤrtzer und
ſteiffer ſind. Es hat kleine gelbe blumen/
den Flachs-blumen ſchier aͤhnlich/ laͤßt ſich
auch wie der gemeine Flachs außfaſen/ und
gleichſam zu ſpinn-flachs bereiten. Waͤchßt
von ſich ſelbſt auff dem Feld und an unge-
bauten orten.

Man
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[534/0550] Das Dritte Buch/ luſt/ ja Fuͤrſtlichen und Graͤfflichen Perſoh- nen kein ſchand damit zu kurtzweilen. Die Marter aber des Flachs iſt unzehlbar/ erſt- lich mit ropffen und reffen/ alsdenn ſchwer- lich ertraͤnckt/ darnach auff der Heyden ge- doͤrꝛt/ von neuem gedroſchen und geſchla- gen werden: uͤber das muß er ſich laſſen zer- brechen und ſchwingen; nach dieſer Marter wird er durch die ſtachel-ſpieß der Jgeln o- der Hecheln geſchleifft. Auff dieſe plag ver- bindet man ihne eine weil/ thut ihne wider auff/ zieht ihn von einander/ henget ihne an den galgen des rockens/ da wird er ge- kuͤßt/ geleckt und durch die finger gezogen/ wider auffgewickelt/ ſchnaps abgehaſpelt/ darnach von neuem mit ſieden und braten ge- martert/ auß dem kalten bad ins warm ge- fuͤhrt/ widerumb gehengt/ gedoͤrꝛt und mit kolben geplaut/ uͤber den ſtock geleget/ mit umbtreiben auff runde kugeln gewunden/ ab- geſpult/ außgeſtreckt/ alsdenn durch die en- gen ſtraſſen der Weber-geſchirꝛ gefuͤhrt/ in ein verbuͤndnuß verknuͤpfft/ mit fluchen und ſchelten durch einander geweben. Annoch iſt er allem ungluͤck nicht entrunnen/ ſondern muß allererſt von den Schneidern und Naͤ- herinnen zerſchnitten und zerſtochen wer- den. Komt er denn nach der marter zu den ehren/ eilends beklagen ſich die krancken/ die wollen alleſamt ſeiner nicht entbaͤren/ und ſo jederman vermeint/ es ſeye gar mit ihm auß/ komt er doch nach aller unehr widerum her- fuͤr/ doch nicht ohne plag der Waſſer-muͤh- len/ in denſelbigen wird er zerſchnitten/ ge- tretten/ geſtampfft und ertraͤnckt. Jederman begehrt alsdenn ſeiner von neuem. Er wird gehorſam dem Kaͤyſer und dem Hirten/ zu Land und auff dem waſſer/ zu nutz und ſcha- den/ nach dem man ihn brauchen wil. Der tod widerfaͤhrt ihm von dem fewr und den maͤuſen/ die freſſen ihn gar auff. Flachsblaͤtter auf zeitige geſchwaͤr gelegt/ machen gleich ein loch darein/ alſo daß man ſie nicht darff oͤffnen. Auß Leinſamen wird ein oͤl gepreßt/ wel- ches nicht allein die Aertzte/ ſondern auch die Mahler und andere Handwercker gebrau- chen: man brennets auch in Ampeln/ weilen es laͤnger als Baumoͤl waͤhret. Es dienet wider den krampff/ ſtarꝛende glieder/ die ge- ſchwulſt der Gulden-adern/ Feigblattern/ erweicht die Mutter: mit Roſen-oder See- blumen-waſſer/ oder vielmehr mit dem weiſ- ſen von Eyern vermiſcht und offt angeſtri- chen/ heilet es den brand des fewrs. Fer- ners iſt das Leinoͤl ein gute Artzney wider das Seitenſtechen/ Geſchwaͤr und den ſchwe- ren Athem/ ſo man ein paar loth warmlicht trincket/ es lindert wol/ aber es muß friſch ſeyn/ denn das alte hat ein rauche ſchaͤrffe/ waͤrmet zu ſehr/ und neiget den Magen zum Unwillen. Krampff/ ſtarꝛende glieder/ geſchwulſt der guldẽ- ader/ feig- blattern/ brand vom fewr/ ſeitẽ- geſchwaͤr/ ſchwerer athem. Conradus Geſnerus kan dieſes oͤl in dem Seitenſtich/ wie auch in dem Huſten und der Engbruͤſtigkeit nicht genugſam loben/ er gibt auff einmahl 6. loth ein/ es iſt zwar wegen ſeines unlieblichen geruchs den kran- cken etwas zu wider/ aber die darauff fol- gende koͤſtliche wuͤrckung und nutzbarkeit iſt deſto groͤſſer. Petrus Matthiolus gebrauchet es auch inwendig wider das Grimmen und das Grieß. So man den Flachs-ſamen in Roſen-oder Seeblumen-waſſer einweichet/ gibt er einen ſchleim von ſich/ welcher wider den Brand dienlich/ und die hitzige Ge- ſchwulſt an heimlichen orten bey Mann und Weib niderleget. Seiten- ſtich/ huſtẽ/ engbruͤ- ſtigkeit. Grimmen Grieß. Brand/ hi- tzige ge- ſchwulſt an heimli- chen orten bey mann und weib. David Herlicius in lib. de curatione Gravi- darum cap. 11. ſchreibet von dem Leinſamen/ daß ihme nichts zu vergleichen ſeye in auß- treibung der todten Leibsfrucht/ man trincke das geſottene waſſer darvon/ oder man ſetze die Mutter in ein Lenden-bad von Flachs- ſamen geſotten/ ſo wird die Frucht fort muͤſſen. Todte lei- bes-frucht. Ein trefflich pflaſter/ welches allen ſchmer- tzen lindert/ die Geſchwaͤr erweicht und zur zeitigung bringet: Nim Leinſamen/ Bocks- horn-und Eybiſchwurtzel-mehl jedes zwey loth/ ſiede es in Milch zur dicke eines pfla- ſters/ und thue zu letzt darzu Camillen- und Dillen-oͤl jedes ein halb loth: ſtreiche es zwiſchen zweyen Tuͤchern/ waͤrme es auff einem heiſſen teller/ und legs uͤber das Ge- ſchwaͤr. Geſchwaͤr. Ein wunderbarliches und behendes mit- tel/ damit man alle boͤſe/ grindige und greuliche flecken am Leib in wenig tagen außtilgen kan/ thut es dem ſonſten wider ſolche flecken beruͤhmten Weinſtein-oͤl weit vor/ wie ſolches Matthiolus offt wargenom- men hat. Nim ein trocken leinen tuͤchlein/ faſſe es auff ein meſſerſpitz/ und zuͤnd es uͤber einem meſſinen becken an/ ſo es nun brennet/ laß es ſaͤuberlich ſincken auff den boden des beckens; wenn die flamme uͤber das gantze tuͤchlein gefahren iſt/ und das gebrennte tuͤch- lein auff dem becken ligt/ heb es mit dem meſ- ſer wider auff/ ſo findeſtu auff des beckens boden ein fette feuchtigkeit gleich wie oͤl kle- ben/ mit dieſem oͤl beſtreiche die flecken/ es beißt erſtlich/ aber nicht lang/ ſolches thu et- liche tag nach einander/ jedes tags einmahl/ denn man kan das oͤl/ ſo offt man wil/ auffs neue machen: von dieſem oͤl werden die fle- cken gantz gelb/ verdorꝛen und fallen ab in kurtzen tagen. Boͤſe/ grin- dige/ und greuliche flecken. Wider das Reiſſen und Grimmen im leib: Nim rohes Strelgarn/ ſied es in waſſer mit aſchen/ darnach truck das garn auß/ und leg es warm auff. Dieſes garn alſo warm/ be- komt wol den Weibern bald nach dem gebaͤ- ren/ ſo man es auff die ſolen der fuͤß leget/ denn es befuͤrderet die Nachgeburt/ und lin- deret die Nachwehe. Reiſſen und grim- men im leib. Nachge- burt/ nach- wehe. Wilder Flachs. Linum ſylveſtre. Geſchlecht und Geſtalt. 1. Das erſte Geſchlecht des wilden Flachs/ als der gelbe Meer-Flachs/ Linum ſylveſtre flore luteo marinum. Linum maritimum lu- teum, C. B. luteum Narbonenſe, J. B. Bekomt auß einer wurtzel/ viel duͤnne/ runde/ gerade/ und weiche ſtengel/ und auff denſelbigen auch ſondere zweiglein/ die ſich den Flachs-ſten- geln vergleichen/ jedoch etwas kuͤrtzer und ſteiffer ſind. Es hat kleine gelbe blumen/ den Flachs-blumen ſchier aͤhnlich/ laͤßt ſich auch wie der gemeine Flachs außfaſen/ und gleichſam zu ſpinn-flachs bereiten. Waͤchßt von ſich ſelbſt auff dem Feld und an unge- bauten orten. Man

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/550>, abgerufen am 22.11.2024.