Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] blätter wie Bocksbart-kraut/ außgenom-
men/ daß sie kürtzer/ zwey- oder dreymal di-
cker/ und aschen-farb sind. Jhre stengel
wachsen rund/ elen-lang/ zu zeiten länger/
und mit vielen gläichen abgetheilet. Brin-
gen erstlich lange knöpffe/ darauß schlieffen
die schönen/ lieblichen und holdseligen blu-
men vieler farben/ nemlich weiß/ roth/ weiß-
gesprengt/ mit rothen/ als Bluts-tröpfflein/
und dergleichen seltzam durcheinander/ ge-
füllt und ungefüllt/ riechen lieblich als die
rechten Nägelein/ daher sie auch den Na-
men bekommen. So man diese blumen nicht
abbricht/ bringen sie schwartzen samen wie
Zwiebel-samen/ in den langen knöpflein
verschlossen. Die Wurtzel ist roth-weiß/
eintzig/ und riechet wol.

Das wilde Geschlecht ist zweyerley.

Das erste nennt man Donner-nägelein
und Bluts-tröpflein/ wächßt auff heissen
ungebawten und sandichten orten. Jst ein
mager/ dürres kräutlein/ bringt zu oberst
etliche liechte oder satt-rothe blümlein. Jst
das kleinste unter allen Nägelein-blumen/
einfach mit fünff oder sechs blättlein/ und
gibt fast keinen geruch.

Das ander wilde Geschlecht/ nennt man
Hochmuth und Muthwillen. Jst eben sol-
cher Art/ hat leib-farbe/ weisse/ wolriechen-
de blumen/ daran sind alle blättlein gesie-
dert und zerspalten/ wächßt in gärten und
äckern. Sonsten sind diese zwey wilde Ge-
schlecht den zahmen ähnlich/ mit wurtzeln/
blättern/ stengeln und knöpflein.

Andere Geschlecht der Nägelein-blumen/
welche in Franckreich/ Jtalien und Hispa-
nien gefunden werden/ hat Casparus Bauhi-
nus in Prodromo Theatri Botanici Lib. 6. cap.
5.
vor anderen beschrieben/ allda er auch nach-
folgende drey schöne Geschlecht an das tag-
licht gegeben.

Das erste Geschlecht der Näglein-blu-
men/ Caryophyllus arborescens Creticus, be-
komt auß seiner dicken/ weissen/ harten und
holtzichten wurtzel/ weisse/ runde/ glatte/ kno-
dichte/ holtzichte/ gleich als in flügel oder ne-
ben-zweiglein außgetheilte stengel/ die sind
höher als ein ele: bey der wurtzel hat es viel
lange/ enge/ bleich-grüne und scharff außge-
spitzte blätter/ aber an dem stengel sind gar
wenig: auß den grünen/ mit kleinen spitzigen
blättlein umbgebenen kelchlein/ erscheinen
die blümlein mit fünff blättern/ die artlich/
aber nicht tieff zerschnitten und röthlicht
sind: auß der mitte der blumen gehen her-
für viel kurtze und kleine fädemlein. Der
sprewer-ähnliche samen wird in den kelchlein
auffgehalten. Es ist in dem Fürstlichen
Mümpelgardischen Lust-garten auß dem
Candischen oder Cretischen samen wie ein
Bäumlein gewachsen/ daher es Caryophyl-
lus arborescens Creticus,
Candische baumich-
te Näglein-blum genennt worden. Auff
gleiche weiß beschreibet es auch Johannes
Bauhinus Tom. 3. Hist. Plant. univers. lib. 29.
cap.
1. berichtet zugleich/ daß Josephus Casa-
bona,
des Groß-Hertzogen von Florentz
Gärtner/ den samen nach Stuttgard ge-
schickt/ auß welchem dieses Gewächs auch
herfür kommen ist/ und viel Jahr gut ge-
than hat. Es blühet im Heu- und Augst-
[Spaltenumbruch] monat: muß aber Winters-zeit in einem
warmen gemach verwahret werden.

Das ander Geschlecht/ Caryophyllus Ho-
losteus alpinus latifolius,
bringet neben der
dünnen/ weissen/ zaselichten und kriechenden
wurtzel/ etliche stengel/ die sich auff die er-
den neigen/ sind drey oder vier zoll hoch/ mit
kleinen/ rundlichten/ breiten/ haarichten und
dicken blättern umbgeben. Zwischen densel-
ben entspringen neben-zweiglein mit stielen/
deren jegliches erstlich eine blum in einem
grünen kelchlein eingeschlossen/ hernach ein
grosses weisses fünff-blatt trägt. Dieses
wird auff den Veltlinischen Alp-gebürgen/
an dem ort die Gemme genannt/ und bey
dem Pfeffers-bad gefunden.

[Abbildung] Kleinste Feld-Nägelein. Caryophyllus
arvensis glaber minimus.

Das dritte Geschlecht/ Caryophyllus ar-
vensis glaber minimus,
bringt auß seiner röth-
lichten und haarigen wurtzel/ einen oder den
andern dünnen/ gläichichten und eines
schuhs hohen stengel/ an dem gipffel hat er
viel neben-zweiglein/ die dünner als ein haar
sind: ein jegliches zweiglein trägt weisse
blümlein mit zweyen spitzlein. Es hat we-
nig lange und enge blätter/ an der grösse ist
es ungleich/ denn bißweilen wird es nur ei-
ner halben spannen hoch/ mit wenig haari-
gen und kurtzen blättlein. Das erste wird
auff den Euganeischen Büheln umb Pa-
dua/ das ander aber in Franckreich bey
Montpelier gefunden/ noch ein kleiners
wächßt in den Wäldern bey dem Weißbad
under Mäintz.

Beyderley Geschlecht zahm und wild/ fin-
det man zu Sommers-zeiten. Die zahmen
Näglein-blumen währen biß in den Winter

hinein/
G g g g

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] blaͤtter wie Bocksbart-kraut/ außgenom-
men/ daß ſie kuͤrtzer/ zwey- oder dreymal di-
cker/ und aſchen-farb ſind. Jhre ſtengel
wachſen rund/ elen-lang/ zu zeiten laͤnger/
und mit vielen glaͤichen abgetheilet. Brin-
gen erſtlich lange knoͤpffe/ darauß ſchlieffen
die ſchoͤnen/ lieblichen und holdſeligen blu-
men vieler farben/ nemlich weiß/ roth/ weiß-
geſprengt/ mit rothen/ als Bluts-troͤpfflein/
und dergleichen ſeltzam durcheinander/ ge-
fuͤllt und ungefuͤllt/ riechen lieblich als die
rechten Naͤgelein/ daher ſie auch den Na-
men bekommen. So man dieſe blumen nicht
abbricht/ bringen ſie ſchwartzen ſamen wie
Zwiebel-ſamen/ in den langen knoͤpflein
verſchloſſen. Die Wurtzel iſt roth-weiß/
eintzig/ und riechet wol.

Das wilde Geſchlecht iſt zweyerley.

Das erſte nennt man Donner-naͤgelein
und Bluts-troͤpflein/ waͤchßt auff heiſſen
ungebawten und ſandichten orten. Jſt ein
mager/ duͤrꝛes kraͤutlein/ bringt zu oberſt
etliche liechte oder ſatt-rothe bluͤmlein. Jſt
das kleinſte unter allen Naͤgelein-blumen/
einfach mit fuͤnff oder ſechs blaͤttlein/ und
gibt faſt keinen geruch.

Das ander wilde Geſchlecht/ nennt man
Hochmuth und Muthwillen. Jſt eben ſol-
cher Art/ hat leib-farbe/ weiſſe/ wolriechen-
de blumen/ daran ſind alle blaͤttlein geſie-
dert und zerſpalten/ waͤchßt in gaͤrten und
aͤckern. Sonſten ſind dieſe zwey wilde Ge-
ſchlecht den zahmen aͤhnlich/ mit wurtzeln/
blaͤttern/ ſtengeln und knoͤpflein.

Andere Geſchlecht der Naͤgelein-blumen/
welche in Franckreich/ Jtalien und Hiſpa-
nien gefunden werden/ hat Caſparus Bauhi-
nus in Prodromo Theatri Botanici Lib. 6. cap.
5.
vor anderen beſchrieben/ allda er auch nach-
folgende drey ſchoͤne Geſchlecht an das tag-
licht gegeben.

Das erſte Geſchlecht der Naͤglein-blu-
men/ Caryophyllus arboreſcens Creticus, be-
komt auß ſeiner dicken/ weiſſen/ harten und
holtzichten wurtzel/ weiſſe/ runde/ glatte/ kno-
dichte/ holtzichte/ gleich als in fluͤgel oder ne-
ben-zweiglein außgetheilte ſtengel/ die ſind
hoͤher als ein ele: bey der wurtzel hat es viel
lange/ enge/ bleich-gruͤne und ſcharff außge-
ſpitzte blaͤtter/ aber an dem ſtengel ſind gar
wenig: auß den gruͤnen/ mit kleinen ſpitzigen
blaͤttlein umbgebenen kelchlein/ erſcheinen
die bluͤmlein mit fuͤnff blaͤttern/ die artlich/
aber nicht tieff zerſchnitten und roͤthlicht
ſind: auß der mitte der blumen gehen her-
fuͤr viel kurtze und kleine faͤdemlein. Der
ſprewer-aͤhnliche ſamen wird in den kelchlein
auffgehalten. Es iſt in dem Fuͤrſtlichen
Muͤmpelgardiſchen Luſt-garten auß dem
Candiſchen oder Cretiſchen ſamen wie ein
Baͤumlein gewachſen/ daher es Caryophyl-
lus arboreſcens Creticus,
Candiſche baumich-
te Naͤglein-blum genennt worden. Auff
gleiche weiß beſchreibet es auch Johannes
Bauhinus Tom. 3. Hiſt. Plant. univerſ. lib. 29.
cap.
1. berichtet zugleich/ daß Joſephus Caſa-
bona,
des Groß-Hertzogen von Florentz
Gaͤrtner/ den ſamen nach Stuttgard ge-
ſchickt/ auß welchem dieſes Gewaͤchs auch
herfuͤr kommen iſt/ und viel Jahr gut ge-
than hat. Es bluͤhet im Heu- und Augſt-
[Spaltenumbruch] monat: muß aber Winters-zeit in einem
warmen gemach verwahret werden.

Das ander Geſchlecht/ Caryophyllus Ho-
loſteus alpinus latifolius,
bringet neben der
duͤnnen/ weiſſen/ zaſelichten und kriechenden
wurtzel/ etliche ſtengel/ die ſich auff die er-
den neigen/ ſind drey oder vier zoll hoch/ mit
kleinen/ rundlichten/ breiten/ haarichten und
dicken blaͤttern umbgeben. Zwiſchen denſel-
ben entſpringen neben-zweiglein mit ſtielen/
deren jegliches erſtlich eine blum in einem
gruͤnen kelchlein eingeſchloſſen/ hernach ein
groſſes weiſſes fuͤnff-blatt traͤgt. Dieſes
wird auff den Veltliniſchen Alp-gebuͤrgen/
an dem ort die Gemme genannt/ und bey
dem Pfeffers-bad gefunden.

[Abbildung] Kleinſte Feld-Naͤgelein. Caryophyllus
arvenſis glaber minimus.

Das dritte Geſchlecht/ Caryophyllus ar-
venſis glaber minimus,
bringt auß ſeiner roͤth-
lichten und haarigen wurtzel/ einen oder den
andern duͤnnen/ glaͤichichten und eines
ſchuhs hohen ſtengel/ an dem gipffel hat er
viel neben-zweiglein/ die duͤnner als ein haar
ſind: ein jegliches zweiglein traͤgt weiſſe
bluͤmlein mit zweyen ſpitzlein. Es hat we-
nig lange und enge blaͤtter/ an der groͤſſe iſt
es ungleich/ denn bißweilen wird es nur ei-
ner halben ſpannen hoch/ mit wenig haari-
gen und kurtzen blaͤttlein. Das erſte wird
auff den Euganeiſchen Buͤheln umb Pa-
dua/ das ander aber in Franckreich bey
Montpelier gefunden/ noch ein kleiners
waͤchßt in den Waͤldern bey dem Weißbad
under Maͤintz.

Beyderley Geſchlecht zahm und wild/ fin-
det man zu Sommers-zeiten. Die zahmen
Naͤglein-blumen waͤhren biß in den Winter

hinein/
G g g g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0617" n="601"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Kra&#x0364;uteren.</hi></fw><lb/><cb/>
bla&#x0364;tter wie Bocksbart-kraut/ außgenom-<lb/>
men/ daß &#x017F;ie ku&#x0364;rtzer/ zwey- oder dreymal di-<lb/>
cker/ und a&#x017F;chen-farb &#x017F;ind. Jhre &#x017F;tengel<lb/>
wach&#x017F;en rund/ elen-lang/ zu zeiten la&#x0364;nger/<lb/>
und mit vielen gla&#x0364;ichen abgetheilet. Brin-<lb/>
gen er&#x017F;tlich lange kno&#x0364;pffe/ darauß &#x017F;chlieffen<lb/>
die &#x017F;cho&#x0364;nen/ lieblichen und hold&#x017F;eligen blu-<lb/>
men vieler farben/ nemlich weiß/ roth/ weiß-<lb/>
ge&#x017F;prengt/ mit rothen/ als Bluts-tro&#x0364;pfflein/<lb/>
und dergleichen &#x017F;eltzam durcheinander/ ge-<lb/>
fu&#x0364;llt und ungefu&#x0364;llt/ riechen lieblich als die<lb/>
rechten Na&#x0364;gelein/ daher &#x017F;ie auch den Na-<lb/>
men bekommen. So man die&#x017F;e blumen nicht<lb/>
abbricht/ bringen &#x017F;ie &#x017F;chwartzen &#x017F;amen wie<lb/>
Zwiebel-&#x017F;amen/ in den langen kno&#x0364;pflein<lb/>
ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Die Wurtzel i&#x017F;t roth-weiß/<lb/>
eintzig/ und riechet wol.</p><lb/>
            <p>Das wilde Ge&#x017F;chlecht i&#x017F;t zweyerley.</p><lb/>
            <p>Das er&#x017F;te nennt man Donner-na&#x0364;gelein<lb/>
und Bluts-tro&#x0364;pflein/ wa&#x0364;chßt auff hei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ungebawten und &#x017F;andichten orten. J&#x017F;t ein<lb/>
mager/ du&#x0364;r&#xA75B;es kra&#x0364;utlein/ bringt zu ober&#x017F;t<lb/>
etliche liechte oder &#x017F;att-rothe blu&#x0364;mlein. J&#x017F;t<lb/>
das klein&#x017F;te unter allen Na&#x0364;gelein-blumen/<lb/>
einfach mit fu&#x0364;nff oder &#x017F;echs bla&#x0364;ttlein/ und<lb/>
gibt fa&#x017F;t keinen geruch.</p><lb/>
            <p>Das ander wilde Ge&#x017F;chlecht/ nennt man<lb/>
Hochmuth und Muthwillen. J&#x017F;t eben &#x017F;ol-<lb/>
cher Art/ hat leib-farbe/ wei&#x017F;&#x017F;e/ wolriechen-<lb/>
de blumen/ daran &#x017F;ind alle bla&#x0364;ttlein ge&#x017F;ie-<lb/>
dert und zer&#x017F;palten/ wa&#x0364;chßt in ga&#x0364;rten und<lb/>
a&#x0364;ckern. Son&#x017F;ten &#x017F;ind die&#x017F;e zwey wilde Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht den zahmen a&#x0364;hnlich/ mit wurtzeln/<lb/>
bla&#x0364;ttern/ &#x017F;tengeln und kno&#x0364;pflein.</p><lb/>
            <p>Andere Ge&#x017F;chlecht der Na&#x0364;gelein-blumen/<lb/>
welche in Franckreich/ Jtalien und Hi&#x017F;pa-<lb/>
nien gefunden werden/ hat <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;parus Bauhi-<lb/>
nus in Prodromo Theatri Botanici Lib. 6. cap.</hi> 5.<lb/>
vor anderen be&#x017F;chrieben/ allda er auch nach-<lb/>
folgende drey &#x017F;cho&#x0364;ne Ge&#x017F;chlecht an das tag-<lb/>
licht gegeben.</p><lb/>
            <p>Das er&#x017F;te Ge&#x017F;chlecht der Na&#x0364;glein-blu-<lb/>
men/ <hi rendition="#aq">Caryophyllus arbore&#x017F;cens Creticus,</hi> be-<lb/>
komt auß &#x017F;einer dicken/ wei&#x017F;&#x017F;en/ harten und<lb/>
holtzichten wurtzel/ wei&#x017F;&#x017F;e/ runde/ glatte/ kno-<lb/>
dichte/ holtzichte/ gleich als in flu&#x0364;gel oder ne-<lb/>
ben-zweiglein außgetheilte &#x017F;tengel/ die &#x017F;ind<lb/>
ho&#x0364;her als ein ele: bey der wurtzel hat es viel<lb/>
lange/ enge/ bleich-gru&#x0364;ne und &#x017F;charff außge-<lb/>
&#x017F;pitzte bla&#x0364;tter/ aber an dem &#x017F;tengel &#x017F;ind gar<lb/>
wenig: auß den gru&#x0364;nen/ mit kleinen &#x017F;pitzigen<lb/>
bla&#x0364;ttlein umbgebenen kelchlein/ er&#x017F;cheinen<lb/>
die blu&#x0364;mlein mit fu&#x0364;nff bla&#x0364;ttern/ die artlich/<lb/>
aber nicht tieff zer&#x017F;chnitten und ro&#x0364;thlicht<lb/>
&#x017F;ind: auß der mitte der blumen gehen her-<lb/>
fu&#x0364;r viel kurtze und kleine fa&#x0364;demlein. Der<lb/>
&#x017F;prewer-a&#x0364;hnliche &#x017F;amen wird in den kelchlein<lb/>
auffgehalten. Es i&#x017F;t in dem Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen<lb/>
Mu&#x0364;mpelgardi&#x017F;chen Lu&#x017F;t-garten auß dem<lb/>
Candi&#x017F;chen oder Creti&#x017F;chen &#x017F;amen wie ein<lb/>
Ba&#x0364;umlein gewach&#x017F;en/ daher es <hi rendition="#aq">Caryophyl-<lb/>
lus arbore&#x017F;cens Creticus,</hi> Candi&#x017F;che baumich-<lb/>
te Na&#x0364;glein-blum genennt worden. Auff<lb/>
gleiche weiß be&#x017F;chreibet es auch <hi rendition="#aq">Johannes<lb/>
Bauhinus Tom. 3. Hi&#x017F;t. Plant. univer&#x017F;. lib. 29.<lb/>
cap.</hi> 1. berichtet zugleich/ daß <hi rendition="#aq">Jo&#x017F;ephus Ca&#x017F;a-<lb/>
bona,</hi> des Groß-Hertzogen von Florentz<lb/>
Ga&#x0364;rtner/ den &#x017F;amen nach Stuttgard ge-<lb/>
&#x017F;chickt/ auß welchem die&#x017F;es Gewa&#x0364;chs auch<lb/>
herfu&#x0364;r kommen i&#x017F;t/ und viel Jahr gut ge-<lb/>
than hat. Es blu&#x0364;het im Heu- und Aug&#x017F;t-<lb/><cb/>
monat: muß aber Winters-zeit in einem<lb/>
warmen gemach verwahret werden.</p><lb/>
            <p>Das ander Ge&#x017F;chlecht/ <hi rendition="#aq">Caryophyllus Ho-<lb/>
lo&#x017F;teus alpinus latifolius,</hi> bringet neben der<lb/>
du&#x0364;nnen/ wei&#x017F;&#x017F;en/ za&#x017F;elichten und kriechenden<lb/>
wurtzel/ etliche &#x017F;tengel/ die &#x017F;ich auff die er-<lb/>
den neigen/ &#x017F;ind drey oder vier zoll hoch/ mit<lb/>
kleinen/ rundlichten/ breiten/ haarichten und<lb/>
dicken bla&#x0364;ttern umbgeben. Zwi&#x017F;chen den&#x017F;el-<lb/>
ben ent&#x017F;pringen neben-zweiglein mit &#x017F;tielen/<lb/>
deren jegliches er&#x017F;tlich eine blum in einem<lb/>
gru&#x0364;nen kelchlein einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ hernach ein<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;es wei&#x017F;&#x017F;es fu&#x0364;nff-blatt tra&#x0364;gt. Die&#x017F;es<lb/>
wird auff den Veltlini&#x017F;chen Alp-gebu&#x0364;rgen/<lb/>
an dem ort die Gemme genannt/ und bey<lb/>
dem Pfeffers-bad gefunden.</p><lb/>
            <figure>
              <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Klein&#x017F;te Feld-Na&#x0364;gelein.</hi> <hi rendition="#aq">Caryophyllus<lb/>
arven&#x017F;is glaber minimus.</hi> </hi> </head><lb/>
            </figure>
            <p>Das dritte Ge&#x017F;chlecht/ <hi rendition="#aq">Caryophyllus ar-<lb/>
ven&#x017F;is glaber minimus,</hi> bringt auß &#x017F;einer ro&#x0364;th-<lb/>
lichten und haarigen wurtzel/ einen oder den<lb/>
andern du&#x0364;nnen/ gla&#x0364;ichichten und eines<lb/>
&#x017F;chuhs hohen &#x017F;tengel/ an dem gipffel hat er<lb/>
viel neben-zweiglein/ die du&#x0364;nner als ein haar<lb/>
&#x017F;ind: ein jegliches zweiglein tra&#x0364;gt wei&#x017F;&#x017F;e<lb/>
blu&#x0364;mlein mit zweyen &#x017F;pitzlein. Es hat we-<lb/>
nig lange und enge bla&#x0364;tter/ an der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t<lb/>
es ungleich/ denn bißweilen wird es nur ei-<lb/>
ner halben &#x017F;pannen hoch/ mit wenig haari-<lb/>
gen und kurtzen bla&#x0364;ttlein. Das er&#x017F;te wird<lb/>
auff den Euganei&#x017F;chen Bu&#x0364;heln umb Pa-<lb/>
dua/ das ander aber in Franckreich bey<lb/>
Montpelier gefunden/ noch ein kleiners<lb/>
wa&#x0364;chßt in den Wa&#x0364;ldern bey dem Weißbad<lb/>
under Ma&#x0364;intz.</p><lb/>
            <p>Beyderley Ge&#x017F;chlecht zahm und wild/ fin-<lb/>
det man zu Sommers-zeiten. Die zahmen<lb/>
Na&#x0364;glein-blumen wa&#x0364;hren biß in den Winter<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g g g</fw><fw place="bottom" type="catch">hinein/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[601/0617] Von den Kraͤuteren. blaͤtter wie Bocksbart-kraut/ außgenom- men/ daß ſie kuͤrtzer/ zwey- oder dreymal di- cker/ und aſchen-farb ſind. Jhre ſtengel wachſen rund/ elen-lang/ zu zeiten laͤnger/ und mit vielen glaͤichen abgetheilet. Brin- gen erſtlich lange knoͤpffe/ darauß ſchlieffen die ſchoͤnen/ lieblichen und holdſeligen blu- men vieler farben/ nemlich weiß/ roth/ weiß- geſprengt/ mit rothen/ als Bluts-troͤpfflein/ und dergleichen ſeltzam durcheinander/ ge- fuͤllt und ungefuͤllt/ riechen lieblich als die rechten Naͤgelein/ daher ſie auch den Na- men bekommen. So man dieſe blumen nicht abbricht/ bringen ſie ſchwartzen ſamen wie Zwiebel-ſamen/ in den langen knoͤpflein verſchloſſen. Die Wurtzel iſt roth-weiß/ eintzig/ und riechet wol. Das wilde Geſchlecht iſt zweyerley. Das erſte nennt man Donner-naͤgelein und Bluts-troͤpflein/ waͤchßt auff heiſſen ungebawten und ſandichten orten. Jſt ein mager/ duͤrꝛes kraͤutlein/ bringt zu oberſt etliche liechte oder ſatt-rothe bluͤmlein. Jſt das kleinſte unter allen Naͤgelein-blumen/ einfach mit fuͤnff oder ſechs blaͤttlein/ und gibt faſt keinen geruch. Das ander wilde Geſchlecht/ nennt man Hochmuth und Muthwillen. Jſt eben ſol- cher Art/ hat leib-farbe/ weiſſe/ wolriechen- de blumen/ daran ſind alle blaͤttlein geſie- dert und zerſpalten/ waͤchßt in gaͤrten und aͤckern. Sonſten ſind dieſe zwey wilde Ge- ſchlecht den zahmen aͤhnlich/ mit wurtzeln/ blaͤttern/ ſtengeln und knoͤpflein. Andere Geſchlecht der Naͤgelein-blumen/ welche in Franckreich/ Jtalien und Hiſpa- nien gefunden werden/ hat Caſparus Bauhi- nus in Prodromo Theatri Botanici Lib. 6. cap. 5. vor anderen beſchrieben/ allda er auch nach- folgende drey ſchoͤne Geſchlecht an das tag- licht gegeben. Das erſte Geſchlecht der Naͤglein-blu- men/ Caryophyllus arboreſcens Creticus, be- komt auß ſeiner dicken/ weiſſen/ harten und holtzichten wurtzel/ weiſſe/ runde/ glatte/ kno- dichte/ holtzichte/ gleich als in fluͤgel oder ne- ben-zweiglein außgetheilte ſtengel/ die ſind hoͤher als ein ele: bey der wurtzel hat es viel lange/ enge/ bleich-gruͤne und ſcharff außge- ſpitzte blaͤtter/ aber an dem ſtengel ſind gar wenig: auß den gruͤnen/ mit kleinen ſpitzigen blaͤttlein umbgebenen kelchlein/ erſcheinen die bluͤmlein mit fuͤnff blaͤttern/ die artlich/ aber nicht tieff zerſchnitten und roͤthlicht ſind: auß der mitte der blumen gehen her- fuͤr viel kurtze und kleine faͤdemlein. Der ſprewer-aͤhnliche ſamen wird in den kelchlein auffgehalten. Es iſt in dem Fuͤrſtlichen Muͤmpelgardiſchen Luſt-garten auß dem Candiſchen oder Cretiſchen ſamen wie ein Baͤumlein gewachſen/ daher es Caryophyl- lus arboreſcens Creticus, Candiſche baumich- te Naͤglein-blum genennt worden. Auff gleiche weiß beſchreibet es auch Johannes Bauhinus Tom. 3. Hiſt. Plant. univerſ. lib. 29. cap. 1. berichtet zugleich/ daß Joſephus Caſa- bona, des Groß-Hertzogen von Florentz Gaͤrtner/ den ſamen nach Stuttgard ge- ſchickt/ auß welchem dieſes Gewaͤchs auch herfuͤr kommen iſt/ und viel Jahr gut ge- than hat. Es bluͤhet im Heu- und Augſt- monat: muß aber Winters-zeit in einem warmen gemach verwahret werden. Das ander Geſchlecht/ Caryophyllus Ho- loſteus alpinus latifolius, bringet neben der duͤnnen/ weiſſen/ zaſelichten und kriechenden wurtzel/ etliche ſtengel/ die ſich auff die er- den neigen/ ſind drey oder vier zoll hoch/ mit kleinen/ rundlichten/ breiten/ haarichten und dicken blaͤttern umbgeben. Zwiſchen denſel- ben entſpringen neben-zweiglein mit ſtielen/ deren jegliches erſtlich eine blum in einem gruͤnen kelchlein eingeſchloſſen/ hernach ein groſſes weiſſes fuͤnff-blatt traͤgt. Dieſes wird auff den Veltliniſchen Alp-gebuͤrgen/ an dem ort die Gemme genannt/ und bey dem Pfeffers-bad gefunden. [Abbildung Kleinſte Feld-Naͤgelein. Caryophyllus arvenſis glaber minimus. ] Das dritte Geſchlecht/ Caryophyllus ar- venſis glaber minimus, bringt auß ſeiner roͤth- lichten und haarigen wurtzel/ einen oder den andern duͤnnen/ glaͤichichten und eines ſchuhs hohen ſtengel/ an dem gipffel hat er viel neben-zweiglein/ die duͤnner als ein haar ſind: ein jegliches zweiglein traͤgt weiſſe bluͤmlein mit zweyen ſpitzlein. Es hat we- nig lange und enge blaͤtter/ an der groͤſſe iſt es ungleich/ denn bißweilen wird es nur ei- ner halben ſpannen hoch/ mit wenig haari- gen und kurtzen blaͤttlein. Das erſte wird auff den Euganeiſchen Buͤheln umb Pa- dua/ das ander aber in Franckreich bey Montpelier gefunden/ noch ein kleiners waͤchßt in den Waͤldern bey dem Weißbad under Maͤintz. Beyderley Geſchlecht zahm und wild/ fin- det man zu Sommers-zeiten. Die zahmen Naͤglein-blumen waͤhren biß in den Winter hinein/ G g g g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/617
Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/617>, abgerufen am 22.11.2024.