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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] Verlohrne
monat-
blum/ saur
unrein ge-
blüt.
natliche Weiber-reinigung wider zu brin-
gen/ und das unreine/ dicke/ saure Geblüt/
zu versüssen und zu reinigen.

Wenn man sonsten Branntenwein/ oder
den eigenen Melissen-geist über die frisch zer-
Melissen-
Essentz.
hackte Melissen schüttet/ und über acht oder
mehr tag in warmem sande wol vermacht
stehen/ hernach filtriert/ oder durch gro-
bes tuch lauffen läßt/ oder allein den ge-
färbten Branntenwein abschüttet/ so hat
man die Melissen-Essentz/ welche in allen ob-
er zehlten kranckheiten dienstlich ist/ 15. biß
20. tropffen offt davon gebraucht.

Die wahre
Essentz auß
Melissen
nach Para-
celso.

Paracelsus hat das Erste und Beste Wesen/
welche gleiche oder bessere Würckungen als
die vorigen hat/ auß diesem Kraut/ wie auch
auß dem Schellkraut auff folgende weise ge-
zogen. Man samlet das Kraut kurtz vor
der Sonnen auffgang/ da der Thau noch
darauff ligt/ nimt dessen so viel man genug
hat/ stosset es in einem marmorsteinernen
Mörsel/ so viel möglich/ zu einer gantz rei-
nen Massa, thut solches hernäch in ein grosses
Phiol-glaß mit einem langen halse/ schließt
dieses hierauff mit dem Hermetischen Sie-
gel wol zu/ und digerirt also die Massam einen
gantzen Philosophischen Monat/ das ist 40.
tag lang/ also daß die Phiol mit Sege-spä-
nen/ oder klein geschnittenem Stroh/ oder
Heckerling wol umbgeben/ und also in Pferd-
mist gesetzet seye. Wenn bemeldte zeit ver-
flossen/ muß man das Gefässe auff/ und die
materi/ so zu einem Liquore oder Wasser wor-
den/ herauß thun/ dieselbe außpressen/ und
das reine vom unreinen/ in der digestion im
Marien-bad bey einer gelinden wärme ab-
sondern/ damit die gröbsten theile sich zu
boden setzen/ hernach gießt man den Liquo-
rem
durch neigung auff die seite ab/ oder/
welches besser ist/ so filtriert man solchen ü-
berzwerch durch Baumwollen in einem
gläsernen trichter. Diesen also purificierten
Liquorem muß man in eine Phiol thun/ umb
das Sal fixum, so man auß der außgepreßten
Massa des Krauts/ oder auß dem getrockne-
ten Kraut/ selbsten außgezogen hat/ damit
zu vereinigen/ welches seine tugenden daur-
haffter machet.

Kalte Ge-
bresten des
Haupts/
Hertzens/
Magens/
und der
Mutter/
Mutter-
weh/ schlag
fallende
Sucht/
schwindel/
krafftlose
Kindbette-
rinnen die
sich nicht
gnug reini-
gen.

Die Melissen ist dienlich zu den kalten
Gebresten des Haupts/ Hertzens/ Magens
und der Mutter. So die Weiber nur an
dieses Kraut riechen/ stillet es das Mutter-
weh. Sie wird nutzlich gebraucht zu dem
Schlag/ der fallenden Sucht und dem
Schwindel/ so man ein handvoll Melissen
in ein maß weissen Wein legt/ und darab
trincket. Es pflegen an etlichen orten die
Weiber küchlein von Melissen zu bachen für
die Kindbetterinnen/ welche krafftloß sind/
und sich nicht genug reinigen/ sie nehmen
die zarten jungen schößlein/ zerstossen sie/
und bachen sie mit Eyern und Zucker.

So man in trüben und abgefallenen
Trüber ab-
gefallener
Wein.
Wein ein büschelein Melissen hencket/ wird
er widerumb lauter davon.

Melissen und Chamillen-blumen in ein lei-
Unrühige
Mutter.
nen säcklein gethan/ in Wein gesotten/ zwi-
schen zweyen tellern außgetruckt/ und warm
über die unrühige Mutter gelegt/ stillet die-
selbige.

D. Simon Pauli erzehlet in Quadripart. Bot.
[Spaltenumbruch] class. III. p. m.
393. er habe etliche Weiber ge-Versteckte
monatli-
che reini-
gung.

kennt/ welche ihre monatliche Reinigung
befürderet/ wenn sie frische Melissen nur in
die strümpff gelegt/ und darauff gegangen
sind.

Melissen in der Laugen gebeitzt/ und da-Das Haar
bey seiner
farb zu be-
halten.

mit gezwagen/ behält das haar bey seiner
farbe/ daß es nicht so bald grau wird.

So man die Bienen-stöck mit diesem
Kraut reibt/ fliegen die Bienen nicht hinweg.

Das destillierte Melissen-wasser stärcketKaltes
schwaches
Haupt/
schwindel/
Schlag/
ohnmach-
ten/ grim-
men/ erkal-
tete mutter
melancho-
ley.

das kalte schwache Haupt/ dienet wider den
Schwindel und Schlag/ wehret den Ohn-
machten/ stillet das Grimmen/ und ist nutz-
lich der erkalteten Mutter/ so man offt ein
paar löffel voll darvon nimt. Ja es dienet
auch wider die Melancholey.

Das destillierte Wasser von Melissen/
nach dem dieselbe zuvor etliche nächt in weis-
sem Wein gebeitzt worden/ ist insonderheitBärmut-
ter/ star-
ckes Leib-
weh von
kalte/
fchwache
gedächtnuß
Melancho-
ley/ schwa-
ches Hertz/
Bauch-
grimmen/
erkaltetes
Haupt/
Magen und
Mutter.

dienlich wider die Bärmutter und starckes
Leib-grimmen von kälte/ zwey oder drey löf-
fel voll davon genommen/ dienet auch zu
stärckung der schwachen Gedächtnuß.

Die Conserva Melissae, oder der Melissen-
zucker/ ist den melancholischen Leuthen dien-
lich/ vertreibt schwermüthige Gedancken/
stärcket das schwache Hertz/ stillet das Bauch-
grimmen/ ist gut dem erkalteten Haupt/
Magen und Mutter/ so man nach belieben
davon einer Muscatnuß groß nimt. Er wird
wie der Rosen-zucker gemacht/ davon an sei-
nem ort.

Ein trefflich mittel wider die Melancho-
ley oder Schwermuth. Nim Melissen-zu-Schwer-
muth.

cker zwey loth/ Buretsch- und Ochsenzun-
genblümlein-zucker jedes ein loth/ Alkermes-
Latwerg ohne Bisam ein halb loth. Stosse
es mit Granaten-syrup in einem sauberen
Mörsel durch einander/ davon kan man nach
belieben einer Muscatnuß groß nehmen.



CAPUT XXXVI.
Riechender Andorn. Stachys.
Namen.

RIechender Andorn heißt Griechisch/
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]. Lateinisch/ Stachys, Marru-
bium agreste.
Jtaliänisch/ Stachi, Sal-
via montana.
Frantzösisch/ Sauge molle. En-
glisch/ Base Horehound.

Geschlecht und Gestalt.

1. Der Teutsche grosse Feld-Andorn/
Stachys major Germanica, C. B. Stachys Fuch-
sii, J. B.
hat ein zaßlichte Wurtzel/ die fast
fingers-dick wird. Seine wolriechende blät-
ter vergleichen sich dem gemeinen Andorn/
allein sind sie länger und gantz wollicht. Er
bekomt einen viereckichten/ rauchen und wol-
lichten stengel/ auß dessen gewerben gemei-
niglich purpurfarbe/ selten aber weisse blu-
men herfür kommen/ so gleichsam als ein
ähre oben auß stehen. Der same ist rund
wie der Cappes-same und schwartzlicht/ das
gantze Kraut riecht starck.

2. Der Jtaliänische kleine Feld-Andorn/
Stachys minor Italica, C. B. bringt einen vier-
eckichten stengel herfür. Die blätter sind
weiß/ wollicht/ und wie die grosse Salbey

gestaltet/

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] Verlohrne
monat-
blum/ ſaur
unrein ge-
bluͤt.
natliche Weiber-reinigung wider zu brin-
gen/ und das unreine/ dicke/ ſaure Gebluͤt/
zu verſuͤſſen und zu reinigen.

Wenn man ſonſten Branntenwein/ oder
den eigenen Meliſſen-geiſt uͤber die friſch zer-
Meliſſen-
Eſſentz.
hackte Meliſſen ſchuͤttet/ und uͤber acht oder
mehr tag in warmem ſande wol vermacht
ſtehen/ hernach filtriert/ oder durch gro-
bes tuch lauffen laͤßt/ oder allein den ge-
faͤrbten Branntenwein abſchuͤttet/ ſo hat
man die Meliſſen-Eſſentz/ welche in allen ob-
er zehlten kranckheiten dienſtlich iſt/ 15. biß
20. tropffen offt davon gebraucht.

Die wahre
Eſſentz auß
Meliſſen
nach Para-
celſo.

Paracelſus hat das Erſte und Beſte Weſen/
welche gleiche oder beſſere Wuͤrckungen als
die vorigen hat/ auß dieſem Kraut/ wie auch
auß dem Schellkraut auff folgende weiſe ge-
zogen. Man ſamlet das Kraut kurtz vor
der Sonnen auffgang/ da der Thau noch
darauff ligt/ nimt deſſen ſo viel man genug
hat/ ſtoſſet es in einem marmorſteinernen
Moͤrſel/ ſo viel moͤglich/ zu einer gantz rei-
nen Maſſa, thut ſolches hernaͤch in ein groſſes
Phiol-glaß mit einem langen halſe/ ſchließt
dieſes hierauff mit dem Hermetiſchen Sie-
gel wol zu/ und digerirt alſo die Maſſam einen
gantzen Philoſophiſchen Monat/ das iſt 40.
tag lang/ alſo daß die Phiol mit Sege-ſpaͤ-
nen/ oder klein geſchnittenem Stroh/ oder
Heckerling wol umbgeben/ und alſo in Pferd-
miſt geſetzet ſeye. Wenn bemeldte zeit ver-
floſſen/ muß man das Gefaͤſſe auff/ und die
materi/ ſo zu einem Liquore oder Waſſer wor-
den/ herauß thun/ dieſelbe außpreſſen/ und
das reine vom unreinen/ in der digeſtion im
Marien-bad bey einer gelinden waͤrme ab-
ſondern/ damit die groͤbſten theile ſich zu
boden ſetzen/ hernach gießt man den Liquo-
rem
durch neigung auff die ſeite ab/ oder/
welches beſſer iſt/ ſo filtriert man ſolchen uͤ-
berzwerch durch Baumwollen in einem
glaͤſernen trichter. Dieſen alſo purificierten
Liquorem muß man in eine Phiol thun/ umb
das Sal fixum, ſo man auß der außgepreßten
Maſſa des Krauts/ oder auß dem getrockne-
ten Kraut/ ſelbſten außgezogen hat/ damit
zu vereinigen/ welches ſeine tugenden daur-
haffter machet.

Kalte Ge-
breſten des
Haupts/
Hertzens/
Magens/
und der
Mutter/
Mutter-
weh/ ſchlag
fallende
Sucht/
ſchwindel/
krafftloſe
Kindbette-
rinnen die
ſich nicht
gnug reini-
gen.

Die Meliſſen iſt dienlich zu den kalten
Gebreſten des Haupts/ Hertzens/ Magens
und der Mutter. So die Weiber nur an
dieſes Kraut riechen/ ſtillet es das Mutter-
weh. Sie wird nutzlich gebraucht zu dem
Schlag/ der fallenden Sucht und dem
Schwindel/ ſo man ein handvoll Meliſſen
in ein maß weiſſen Wein legt/ und darab
trincket. Es pflegen an etlichen orten die
Weiber kuͤchlein von Meliſſen zu bachen fuͤr
die Kindbetterinnen/ welche krafftloß ſind/
und ſich nicht genug reinigen/ ſie nehmen
die zarten jungen ſchoͤßlein/ zerſtoſſen ſie/
und bachen ſie mit Eyern und Zucker.

So man in truͤben und abgefallenen
Truͤber ab-
gefallener
Wein.
Wein ein buͤſchelein Meliſſen hencket/ wird
er widerumb lauter davon.

Meliſſen und Chamillen-blumen in ein lei-
Unruͤhige
Mutter.
nen ſaͤcklein gethan/ in Wein geſotten/ zwi-
ſchen zweyen tellern außgetruckt/ und warm
uͤber die unruͤhige Mutter gelegt/ ſtillet die-
ſelbige.

D. Simon Pauli erzehlet in Quadripart. Bot.
[Spaltenumbruch] claſſ. III. p. m.
393. er habe etliche Weiber ge-Verſteckte
monatli-
che reini-
gung.

kennt/ welche ihre monatliche Reinigung
befuͤrderet/ wenn ſie friſche Meliſſen nur in
die ſtruͤmpff gelegt/ und darauff gegangen
ſind.

Meliſſen in der Laugen gebeitzt/ und da-Das Haar
bey ſeiner
farb zu be-
halten.

mit gezwagen/ behaͤlt das haar bey ſeiner
farbe/ daß es nicht ſo bald grau wird.

So man die Bienen-ſtoͤck mit dieſem
Kraut reibt/ fliegen die Bienen nicht hinweg.

Das deſtillierte Meliſſen-waſſer ſtaͤrcketKaltes
ſchwaches
Haupt/
ſchwindel/
Schlag/
ohnmach-
ten/ grim-
men/ erkal-
tete mutteꝛ
melancho-
ley.

das kalte ſchwache Haupt/ dienet wider den
Schwindel und Schlag/ wehret den Ohn-
machten/ ſtillet das Grimmen/ und iſt nutz-
lich der erkalteten Mutter/ ſo man offt ein
paar loͤffel voll darvon nimt. Ja es dienet
auch wider die Melancholey.

Das deſtillierte Waſſer von Meliſſen/
nach dem dieſelbe zuvor etliche naͤcht in weiſ-
ſem Wein gebeitzt worden/ iſt inſonderheitBaͤrmut-
ter/ ſtar-
ckes Leib-
weh von
kalte/
fchwache
gedaͤchtnuß
Melancho-
ley/ ſchwa-
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Bauch-
grimmen/
erkaltetes
Haupt/
Magen uñ
Mutter.

dienlich wider die Baͤrmutter und ſtarckes
Leib-grimmen von kaͤlte/ zwey oder drey loͤf-
fel voll davon genommen/ dienet auch zu
ſtaͤrckung der ſchwachen Gedaͤchtnuß.

Die Conſerva Meliſſæ, oder der Meliſſen-
zucker/ iſt den melancholiſchen Leuthen dien-
lich/ vertreibt ſchwermuͤthige Gedancken/
ſtaͤrcket das ſchwache Hertz/ ſtillet das Bauch-
grimmen/ iſt gut dem erkalteten Haupt/
Magen und Mutter/ ſo man nach belieben
davon einer Muſcatnuß groß nimt. Er wird
wie der Roſen-zucker gemacht/ davon an ſei-
nem ort.

Ein trefflich mittel wider die Melancho-
ley oder Schwermuth. Nim Meliſſen-zu-Schwer-
muth.

cker zwey loth/ Buretſch- und Ochſenzun-
genbluͤmlein-zucker jedes ein loth/ Alkermes-
Latwerg ohne Biſam ein halb loth. Stoſſe
es mit Granaten-ſyrup in einem ſauberen
Moͤrſel durch einander/ davon kan man nach
belieben einer Muſcatnuß groß nehmen.



CAPUT XXXVI.
Riechender Andorn. Stachys.
Namen.

RIechender Andorn heißt Griechiſch/
[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Lateiniſch/ Stachys, Marru-
bium agreſte.
Jtaliaͤniſch/ Stachi, Sal-
via montana.
Frantzoͤſiſch/ Sauge molle. En-
gliſch/ Baſe Horehound.

Geſchlecht und Geſtalt.

1. Der Teutſche groſſe Feld-Andorn/
Stachys major Germanica, C. B. Stachys Fuch-
ſii, J. B.
hat ein zaßlichte Wurtzel/ die faſt
fingers-dick wird. Seine wolriechende blaͤt-
ter vergleichen ſich dem gemeinen Andorn/
allein ſind ſie laͤnger und gantz wollicht. Er
bekomt einen viereckichten/ rauchen und wol-
lichten ſtengel/ auß deſſen gewerben gemei-
niglich purpurfarbe/ ſelten aber weiſſe blu-
men herfuͤr kommen/ ſo gleichſam als ein
aͤhre oben auß ſtehen. Der ſame iſt rund
wie der Cappes-ſame und ſchwartzlicht/ das
gantze Kraut riecht ſtarck.

2. Der Jtaliaͤniſche kleine Feld-Andorn/
Stachys minor Italica, C. B. bringt einen vier-
eckichten ſtengel herfuͤr. Die blaͤtter ſind
weiß/ wollicht/ und wie die groſſe Salbey

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[743/0759] Von den Kraͤuteren. natliche Weiber-reinigung wider zu brin- gen/ und das unreine/ dicke/ ſaure Gebluͤt/ zu verſuͤſſen und zu reinigen. Verlohrne monat- blum/ ſaur unrein ge- bluͤt. Wenn man ſonſten Branntenwein/ oder den eigenen Meliſſen-geiſt uͤber die friſch zer- hackte Meliſſen ſchuͤttet/ und uͤber acht oder mehr tag in warmem ſande wol vermacht ſtehen/ hernach filtriert/ oder durch gro- bes tuch lauffen laͤßt/ oder allein den ge- faͤrbten Branntenwein abſchuͤttet/ ſo hat man die Meliſſen-Eſſentz/ welche in allen ob- er zehlten kranckheiten dienſtlich iſt/ 15. biß 20. tropffen offt davon gebraucht. Meliſſen- Eſſentz. Paracelſus hat das Erſte und Beſte Weſen/ welche gleiche oder beſſere Wuͤrckungen als die vorigen hat/ auß dieſem Kraut/ wie auch auß dem Schellkraut auff folgende weiſe ge- zogen. Man ſamlet das Kraut kurtz vor der Sonnen auffgang/ da der Thau noch darauff ligt/ nimt deſſen ſo viel man genug hat/ ſtoſſet es in einem marmorſteinernen Moͤrſel/ ſo viel moͤglich/ zu einer gantz rei- nen Maſſa, thut ſolches hernaͤch in ein groſſes Phiol-glaß mit einem langen halſe/ ſchließt dieſes hierauff mit dem Hermetiſchen Sie- gel wol zu/ und digerirt alſo die Maſſam einen gantzen Philoſophiſchen Monat/ das iſt 40. tag lang/ alſo daß die Phiol mit Sege-ſpaͤ- nen/ oder klein geſchnittenem Stroh/ oder Heckerling wol umbgeben/ und alſo in Pferd- miſt geſetzet ſeye. Wenn bemeldte zeit ver- floſſen/ muß man das Gefaͤſſe auff/ und die materi/ ſo zu einem Liquore oder Waſſer wor- den/ herauß thun/ dieſelbe außpreſſen/ und das reine vom unreinen/ in der digeſtion im Marien-bad bey einer gelinden waͤrme ab- ſondern/ damit die groͤbſten theile ſich zu boden ſetzen/ hernach gießt man den Liquo- rem durch neigung auff die ſeite ab/ oder/ welches beſſer iſt/ ſo filtriert man ſolchen uͤ- berzwerch durch Baumwollen in einem glaͤſernen trichter. Dieſen alſo purificierten Liquorem muß man in eine Phiol thun/ umb das Sal fixum, ſo man auß der außgepreßten Maſſa des Krauts/ oder auß dem getrockne- ten Kraut/ ſelbſten außgezogen hat/ damit zu vereinigen/ welches ſeine tugenden daur- haffter machet. Die Meliſſen iſt dienlich zu den kalten Gebreſten des Haupts/ Hertzens/ Magens und der Mutter. So die Weiber nur an dieſes Kraut riechen/ ſtillet es das Mutter- weh. Sie wird nutzlich gebraucht zu dem Schlag/ der fallenden Sucht und dem Schwindel/ ſo man ein handvoll Meliſſen in ein maß weiſſen Wein legt/ und darab trincket. Es pflegen an etlichen orten die Weiber kuͤchlein von Meliſſen zu bachen fuͤr die Kindbetterinnen/ welche krafftloß ſind/ und ſich nicht genug reinigen/ ſie nehmen die zarten jungen ſchoͤßlein/ zerſtoſſen ſie/ und bachen ſie mit Eyern und Zucker. So man in truͤben und abgefallenen Wein ein buͤſchelein Meliſſen hencket/ wird er widerumb lauter davon. Truͤber ab- gefallener Wein. Meliſſen und Chamillen-blumen in ein lei- nen ſaͤcklein gethan/ in Wein geſotten/ zwi- ſchen zweyen tellern außgetruckt/ und warm uͤber die unruͤhige Mutter gelegt/ ſtillet die- ſelbige. Unruͤhige Mutter. D. Simon Pauli erzehlet in Quadripart. Bot. claſſ. III. p. m. 393. er habe etliche Weiber ge- kennt/ welche ihre monatliche Reinigung befuͤrderet/ wenn ſie friſche Meliſſen nur in die ſtruͤmpff gelegt/ und darauff gegangen ſind. Verſteckte monatli- che reini- gung. Meliſſen in der Laugen gebeitzt/ und da- mit gezwagen/ behaͤlt das haar bey ſeiner farbe/ daß es nicht ſo bald grau wird. Das Haar bey ſeiner farb zu be- halten. So man die Bienen-ſtoͤck mit dieſem Kraut reibt/ fliegen die Bienen nicht hinweg. Das deſtillierte Meliſſen-waſſer ſtaͤrcket das kalte ſchwache Haupt/ dienet wider den Schwindel und Schlag/ wehret den Ohn- machten/ ſtillet das Grimmen/ und iſt nutz- lich der erkalteten Mutter/ ſo man offt ein paar loͤffel voll darvon nimt. Ja es dienet auch wider die Melancholey. Kaltes ſchwaches Haupt/ ſchwindel/ Schlag/ ohnmach- ten/ grim- men/ erkal- tete mutteꝛ melancho- ley. Das deſtillierte Waſſer von Meliſſen/ nach dem dieſelbe zuvor etliche naͤcht in weiſ- ſem Wein gebeitzt worden/ iſt inſonderheit dienlich wider die Baͤrmutter und ſtarckes Leib-grimmen von kaͤlte/ zwey oder drey loͤf- fel voll davon genommen/ dienet auch zu ſtaͤrckung der ſchwachen Gedaͤchtnuß. Baͤrmut- ter/ ſtar- ckes Leib- weh von kalte/ fchwache gedaͤchtnuß Melancho- ley/ ſchwa- ches Hertz/ Bauch- grimmen/ erkaltetes Haupt/ Magen uñ Mutter. Die Conſerva Meliſſæ, oder der Meliſſen- zucker/ iſt den melancholiſchen Leuthen dien- lich/ vertreibt ſchwermuͤthige Gedancken/ ſtaͤrcket das ſchwache Hertz/ ſtillet das Bauch- grimmen/ iſt gut dem erkalteten Haupt/ Magen und Mutter/ ſo man nach belieben davon einer Muſcatnuß groß nimt. Er wird wie der Roſen-zucker gemacht/ davon an ſei- nem ort. Ein trefflich mittel wider die Melancho- ley oder Schwermuth. Nim Meliſſen-zu- cker zwey loth/ Buretſch- und Ochſenzun- genbluͤmlein-zucker jedes ein loth/ Alkermes- Latwerg ohne Biſam ein halb loth. Stoſſe es mit Granaten-ſyrup in einem ſauberen Moͤrſel durch einander/ davon kan man nach belieben einer Muſcatnuß groß nehmen. Schwer- muth. CAPUT XXXVI. Riechender Andorn. Stachys. Namen. RIechender Andorn heißt Griechiſch/ _. Lateiniſch/ Stachys, Marru- bium agreſte. Jtaliaͤniſch/ Stachi, Sal- via montana. Frantzoͤſiſch/ Sauge molle. En- gliſch/ Baſe Horehound. Geſchlecht und Geſtalt. 1. Der Teutſche groſſe Feld-Andorn/ Stachys major Germanica, C. B. Stachys Fuch- ſii, J. B. hat ein zaßlichte Wurtzel/ die faſt fingers-dick wird. Seine wolriechende blaͤt- ter vergleichen ſich dem gemeinen Andorn/ allein ſind ſie laͤnger und gantz wollicht. Er bekomt einen viereckichten/ rauchen und wol- lichten ſtengel/ auß deſſen gewerben gemei- niglich purpurfarbe/ ſelten aber weiſſe blu- men herfuͤr kommen/ ſo gleichſam als ein aͤhre oben auß ſtehen. Der ſame iſt rund wie der Cappes-ſame und ſchwartzlicht/ das gantze Kraut riecht ſtarck. 2. Der Jtaliaͤniſche kleine Feld-Andorn/ Stachys minor Italica, C. B. bringt einen vier- eckichten ſtengel herfuͤr. Die blaͤtter ſind weiß/ wollicht/ und wie die groſſe Salbey geſtaltet/

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/759>, abgerufen am 22.11.2024.