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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Von den Kräuteren.
[Spaltenumbruch] kraut ist/ als werden auch seine blätter fleis-
sig zu den meisten Wund-tränckern ge-
braucht/ da man neben dem Singrün auch
andere heilsame Kräuter in halb wasser und
weissen Wein/ Bier/ oder auch in Wasser
allein siedet/ und offt davon trincket.

Wallwurtz/ Singrün/ spitzen Wegerich/
und Wullkraut-blumen in Gerstenwasser
gesotten/ hernach das gelbe von einem Ey/
samt ein paar loth Rosen-öl under solch
wasser gemischt/ ein Clystier darauß ge-
Rothe
Ruhr.
macht/ und in rechter wärme dem Men-
schen beygebracht/ heilet die rothe Ruhr son-
derlich.

Milch-
mangel der
säugenden.

Frische Singrün-blätter auff heisser herd-
statt ein wenig gedemt/ hernach auff die
Brüste gelegt/ vermehret den Säugenden
die Milch.

Wenn man solche blätter im Wasser wol
Halßwehe
Zäpflein-
und Man
deln-ge
schwulst/
Kehlsucht/
Bräune.
siedet/ und damit offt warm den Halß gur-
gelet/ ziehet es allen Schleim von Mandeln
und Zäpfflein auß/ stillet hiemit das Halß-
wehe/ erweckt bessern und leichtern Athem/
und zertheilet die Kehlsucht/ Bräune und
Entzündung des Rächens. Es muß das
Kraut zu solchem end erst im Herbstmonat
eingesamlet werden.

Starcker
Weiber-
fluß.

Welchen Weibern ihre monatliche Rei-
nigung zu starck fliesset/ die sollen ein hand-
voll Singrün mit einem loth Tormentill-
Fluß der
Gulden-
ader.
wurtz in einer maß rothen Wein sieden/ und
davon nach belieben trincken. Dieses Kraut
dienet auch wider den starcken fluß der Gul-
den-ader.

Matthiolus schreibet/ daß die Weiber so
Starcker
Weiber-
fluß/ unzei-
tige geburt
ihre monatliche Reinigung zu starck haben/
frischen Singrün oben an beyde Schenckel
binden sollen. Er lasse auch also getragen/ die
schwangeren Weiber in kein unzeitige Ge-
burt gerathen.

Wider das Nasen-bluten soll man das
Nasen-
bluten.
grüne Kraut zerstossen/ und auff die Schei-
tel des Haupts legen. Auch ist es gut/ daß
man die blätter im Mund halte/ davon sich
auch das Nasen-bluten stillet/ wie solches Jo-
hannes Costaeus Lib. I. de univers. stirp. natur.
cap.
24 anzeiget.

Es wird dieses Kraut sehr gerühmet von
Trüber
abgefalle-
ner Wein.
den Weinhändlern/ die trüben abgefallene
Wein in kurtzer zeit widerumb lauter damit
zu machen: man muß den Wein in ein an-
der Faß ablassen/ Singrün darein legen/
und es widerumb zuschlagen.

Durch-
bruch.

Das destillierte Singrün-wasser ist dien-
lich denjenigen welche mit dem stetigen
Durchbruch behafftet sind/ so man nach be-
lieben darvon ein paar loth trincket.



CAPUT LXXIX.
Leinen oder Waldreben. Clematis.
Namen.

LEinen oder Waldreben heißt Grie-
chisch/ [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]. Lateinisch/ Cle-
matitis, Clematis altera.
Jtaliänisch/
la Clematide. Frantzösisch/ l'Herbe aux Ge-
neux.
Englisch/ Climber/ or Travel-
lers-jop.

Geschlecht und Gestalt.

1. Die Leinen oder Waldreben mit weissen
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Leinen oder Waldreben mit weissen
Blumen.
Clematis flore albo.

Blumen/ Clematitis sylvestris latifolia, C. B.
latifolia sive Atragene quibusdam, J. B.
Jst
fast allenthalben gemein/ wächßt gern in
trockenen Gräben an den Zäunen und Mau-
ren: in etlichen büschen und hecken sihet man
dieses gewächs die bäum hinauff kriechen.
Jhre blätter vergleichen sich dem Ephew-
laub/ haben am umbkreiß kleine spalten/
und wachsen gemeiniglich fünff scharff-
schmäckende/ mit etzendem Safft begabte
blätter an einem stiel/ anzusehen wie das
Kraut an den welschen Bonen. Der stamm
ist den jungen Weinreben ähnlich/ gantz
schwanck/ zähe/ und zu binden fast dien-
lich/ darzu sie auch am meisten gebraucht
wird. Jm Hewmonat bringt sie schnee-
weisse/ vier-blättige/ wolriechende/ und
bißweilen gefüllte blumen/ der Linden-blüth
gleich/ denen gefiderte und wollichte köpff-
lein wie ein grauer Bart/ nachfolgen/ das
ist der samen/ so ein hitzigen/ scharffen ge-
schmack wie der Hanensuß/ von sich gibet.
Die Natur spielet wunderlich mit den Spal-
ten dieser blättern/ und wird ihr Rebholtz
bißweilen Arms-dick.

2. Die Leinen oder Waldreben mit brau-
nen Blumen/ Clematis coerulea vel purpu-
rea repens, C. B. Clematis s. Flammula flore
coeruleo & purpureo scandens, J. B.
Uberkomt
ein gar zasichte und bey dem stengel dicke
wurtzel/ welche lange/ runde/ zähe/ schwan-
cke und röthlichte stengel mit Neben-zweig-
lein herfürstosset/ so sich an die zäun und
bäume wie der Hopff oder Weide hänget.
An den Stengeln oder Reben gewinnt sie
lange stiel/ an welchen länglichte und brei-
te blätter mit zween oder drey spalten wach-
sen. Oben trägt sie braune blumen von 4.

blätt-
K k k k k 2

Von den Kraͤuteren.
[Spaltenumbruch] kraut iſt/ als werden auch ſeine blaͤtter fleiſ-
ſig zu den meiſten Wund-traͤnckern ge-
braucht/ da man neben dem Singruͤn auch
andere heilſame Kraͤuter in halb waſſer und
weiſſen Wein/ Bier/ oder auch in Waſſer
allein ſiedet/ und offt davon trincket.

Wallwurtz/ Singruͤn/ ſpitzen Wegerich/
und Wullkraut-blumen in Gerſtenwaſſer
geſotten/ hernach das gelbe von einem Ey/
ſamt ein paar loth Roſen-oͤl under ſolch
waſſer gemiſcht/ ein Clyſtier darauß ge-
Rothe
Ruhr.
macht/ und in rechter waͤrme dem Men-
ſchen beygebracht/ heilet die rothe Ruhr ſon-
derlich.

Milch-
mangel der
ſaͤugenden.

Friſche Singruͤn-blaͤtter auff heiſſer herd-
ſtatt ein wenig gedemt/ hernach auff die
Bruͤſte gelegt/ vermehret den Saͤugenden
die Milch.

Wenn man ſolche blaͤtter im Waſſer wol
Halßwehe
Zaͤpflein-
und Man
deln-ge
ſchwulſt/
Kehlſucht/
Braͤune.
ſiedet/ und damit offt warm den Halß gur-
gelet/ ziehet es allen Schleim von Mandeln
und Zaͤpfflein auß/ ſtillet hiemit das Halß-
wehe/ erweckt beſſern und leichtern Athem/
und zertheilet die Kehlſucht/ Braͤune und
Entzuͤndung des Raͤchens. Es muß das
Kraut zu ſolchem end erſt im Herbſtmonat
eingeſamlet werden.

Starcker
Weiber-
fluß.

Welchen Weibern ihre monatliche Rei-
nigung zu ſtarck flieſſet/ die ſollen ein hand-
voll Singruͤn mit einem loth Tormentill-
Fluß der
Gulden-
ader.
wurtz in einer maß rothen Wein ſieden/ und
davon nach belieben trincken. Dieſes Kraut
dienet auch wider den ſtarcken fluß der Gul-
den-ader.

Matthiolus ſchreibet/ daß die Weiber ſo
Starcker
Weiber-
fluß/ unzei-
tige geburt
ihre monatliche Reinigung zu ſtarck haben/
friſchen Singruͤn oben an beyde Schenckel
binden ſollen. Er laſſe auch alſo getragen/ die
ſchwangeren Weiber in kein unzeitige Ge-
burt gerathen.

Wider das Naſen-bluten ſoll man das
Naſen-
bluten.
gruͤne Kraut zerſtoſſen/ und auff die Schei-
tel des Haupts legen. Auch iſt es gut/ daß
man die blaͤtter im Mund halte/ davon ſich
auch das Naſen-bluten ſtillet/ wie ſolches Jo-
hannes Coſtæus Lib. I. de univerſ. ſtirp. natur.
cap.
24 anzeiget.

Es wird dieſes Kraut ſehr geruͤhmet von
Truͤber
abgefalle-
ner Wein.
den Weinhaͤndlern/ die truͤben abgefallene
Wein in kurtzer zeit widerumb lauter damit
zu machen: man muß den Wein in ein an-
der Faß ablaſſen/ Singruͤn darein legen/
und es widerumb zuſchlagen.

Durch-
bruch.

Das deſtillierte Singruͤn-waſſer iſt dien-
lich denjenigen welche mit dem ſtetigen
Durchbruch behafftet ſind/ ſo man nach be-
lieben darvon ein paar loth trincket.



CAPUT LXXIX.
Leinen oder Waldreben. Clematis.
Namen.

LEinen oder Waldreben heißt Grie-
chiſch/ [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]. Lateiniſch/ Cle-
matitis, Clematis altera.
Jtaliaͤniſch/
la Clematide. Frantzoͤſiſch/ l’Herbe aux Ge-
neux.
Engliſch/ Climber/ or Travel-
lers-jop.

Geſchlecht und Geſtalt.

1. Die Leinen oder Waldreben mit weiſſen
[Spaltenumbruch] [Abbildung] Leinen oder Waldreben mit weiſſen
Blumen.
Clematis flore albo.

Blumen/ Clematitis ſylveſtris latifolia, C. B.
latifolia ſive Atragene quibusdam, J. B.
Jſt
faſt allenthalben gemein/ waͤchßt gern in
trockenen Graͤben an den Zaͤunen und Mau-
ren: in etlichen buͤſchen und hecken ſihet man
dieſes gewaͤchs die baͤum hinauff kriechen.
Jhre blaͤtter vergleichen ſich dem Ephew-
laub/ haben am umbkreiß kleine ſpalten/
und wachſen gemeiniglich fuͤnff ſcharff-
ſchmaͤckende/ mit etzendem Safft begabte
blaͤtter an einem ſtiel/ anzuſehen wie das
Kraut an den welſchen Bonen. Der ſtamm
iſt den jungen Weinreben aͤhnlich/ gantz
ſchwanck/ zaͤhe/ und zu binden faſt dien-
lich/ darzu ſie auch am meiſten gebraucht
wird. Jm Hewmonat bringt ſie ſchnee-
weiſſe/ vier-blaͤttige/ wolriechende/ und
bißweilen gefuͤllte blumen/ der Linden-bluͤth
gleich/ denen gefiderte und wollichte koͤpff-
lein wie ein grauer Bart/ nachfolgen/ das
iſt der ſamen/ ſo ein hitzigen/ ſcharffen ge-
ſchmack wie der Hanenſuß/ von ſich gibet.
Die Natur ſpielet wunderlich mit den Spal-
ten dieſer blaͤttern/ und wird ihr Rebholtz
bißweilen Arms-dick.

2. Die Leinen oder Waldreben mit brau-
nen Blumen/ Clematis cœrulea vel purpu-
rea repens, C. B. Clematis ſ. Flammula flore
cœruleo & purpureo ſcandens, J. B.
Uberkomt
ein gar zaſichte und bey dem ſtengel dicke
wurtzel/ welche lange/ runde/ zaͤhe/ ſchwan-
cke und roͤthlichte ſtengel mit Neben-zweig-
lein herfuͤrſtoſſet/ ſo ſich an die zaͤun und
baͤume wie der Hopff oder Weide haͤnget.
An den Stengeln oder Reben gewinnt ſie
lange ſtiel/ an welchen laͤnglichte und brei-
te blaͤtter mit zween oder drey ſpalten wach-
ſen. Oben traͤgt ſie braune blumen von 4.

blaͤtt-
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[811/0827] Von den Kraͤuteren. kraut iſt/ als werden auch ſeine blaͤtter fleiſ- ſig zu den meiſten Wund-traͤnckern ge- braucht/ da man neben dem Singruͤn auch andere heilſame Kraͤuter in halb waſſer und weiſſen Wein/ Bier/ oder auch in Waſſer allein ſiedet/ und offt davon trincket. Wallwurtz/ Singruͤn/ ſpitzen Wegerich/ und Wullkraut-blumen in Gerſtenwaſſer geſotten/ hernach das gelbe von einem Ey/ ſamt ein paar loth Roſen-oͤl under ſolch waſſer gemiſcht/ ein Clyſtier darauß ge- macht/ und in rechter waͤrme dem Men- ſchen beygebracht/ heilet die rothe Ruhr ſon- derlich. Rothe Ruhr. Friſche Singruͤn-blaͤtter auff heiſſer herd- ſtatt ein wenig gedemt/ hernach auff die Bruͤſte gelegt/ vermehret den Saͤugenden die Milch. Wenn man ſolche blaͤtter im Waſſer wol ſiedet/ und damit offt warm den Halß gur- gelet/ ziehet es allen Schleim von Mandeln und Zaͤpfflein auß/ ſtillet hiemit das Halß- wehe/ erweckt beſſern und leichtern Athem/ und zertheilet die Kehlſucht/ Braͤune und Entzuͤndung des Raͤchens. Es muß das Kraut zu ſolchem end erſt im Herbſtmonat eingeſamlet werden. Halßwehe Zaͤpflein- und Man deln-ge ſchwulſt/ Kehlſucht/ Braͤune. Welchen Weibern ihre monatliche Rei- nigung zu ſtarck flieſſet/ die ſollen ein hand- voll Singruͤn mit einem loth Tormentill- wurtz in einer maß rothen Wein ſieden/ und davon nach belieben trincken. Dieſes Kraut dienet auch wider den ſtarcken fluß der Gul- den-ader. Fluß der Gulden- ader. Matthiolus ſchreibet/ daß die Weiber ſo ihre monatliche Reinigung zu ſtarck haben/ friſchen Singruͤn oben an beyde Schenckel binden ſollen. Er laſſe auch alſo getragen/ die ſchwangeren Weiber in kein unzeitige Ge- burt gerathen. Starcker Weiber- fluß/ unzei- tige geburt Wider das Naſen-bluten ſoll man das gruͤne Kraut zerſtoſſen/ und auff die Schei- tel des Haupts legen. Auch iſt es gut/ daß man die blaͤtter im Mund halte/ davon ſich auch das Naſen-bluten ſtillet/ wie ſolches Jo- hannes Coſtæus Lib. I. de univerſ. ſtirp. natur. cap. 24 anzeiget. Naſen- bluten. Es wird dieſes Kraut ſehr geruͤhmet von den Weinhaͤndlern/ die truͤben abgefallene Wein in kurtzer zeit widerumb lauter damit zu machen: man muß den Wein in ein an- der Faß ablaſſen/ Singruͤn darein legen/ und es widerumb zuſchlagen. Truͤber abgefalle- ner Wein. Das deſtillierte Singruͤn-waſſer iſt dien- lich denjenigen welche mit dem ſtetigen Durchbruch behafftet ſind/ ſo man nach be- lieben darvon ein paar loth trincket. CAPUT LXXIX. Leinen oder Waldreben. Clematis. Namen. LEinen oder Waldreben heißt Grie- chiſch/ _. Lateiniſch/ Cle- matitis, Clematis altera. Jtaliaͤniſch/ la Clematide. Frantzoͤſiſch/ l’Herbe aux Ge- neux. Engliſch/ Climber/ or Travel- lers-jop. Geſchlecht und Geſtalt. 1. Die Leinen oder Waldreben mit weiſſen [Abbildung Leinen oder Waldreben mit weiſſen Blumen. Clematis flore albo. ] Blumen/ Clematitis ſylveſtris latifolia, C. B. latifolia ſive Atragene quibusdam, J. B. Jſt faſt allenthalben gemein/ waͤchßt gern in trockenen Graͤben an den Zaͤunen und Mau- ren: in etlichen buͤſchen und hecken ſihet man dieſes gewaͤchs die baͤum hinauff kriechen. Jhre blaͤtter vergleichen ſich dem Ephew- laub/ haben am umbkreiß kleine ſpalten/ und wachſen gemeiniglich fuͤnff ſcharff- ſchmaͤckende/ mit etzendem Safft begabte blaͤtter an einem ſtiel/ anzuſehen wie das Kraut an den welſchen Bonen. Der ſtamm iſt den jungen Weinreben aͤhnlich/ gantz ſchwanck/ zaͤhe/ und zu binden faſt dien- lich/ darzu ſie auch am meiſten gebraucht wird. Jm Hewmonat bringt ſie ſchnee- weiſſe/ vier-blaͤttige/ wolriechende/ und bißweilen gefuͤllte blumen/ der Linden-bluͤth gleich/ denen gefiderte und wollichte koͤpff- lein wie ein grauer Bart/ nachfolgen/ das iſt der ſamen/ ſo ein hitzigen/ ſcharffen ge- ſchmack wie der Hanenſuß/ von ſich gibet. Die Natur ſpielet wunderlich mit den Spal- ten dieſer blaͤttern/ und wird ihr Rebholtz bißweilen Arms-dick. 2. Die Leinen oder Waldreben mit brau- nen Blumen/ Clematis cœrulea vel purpu- rea repens, C. B. Clematis ſ. Flammula flore cœruleo & purpureo ſcandens, J. B. Uberkomt ein gar zaſichte und bey dem ſtengel dicke wurtzel/ welche lange/ runde/ zaͤhe/ ſchwan- cke und roͤthlichte ſtengel mit Neben-zweig- lein herfuͤrſtoſſet/ ſo ſich an die zaͤun und baͤume wie der Hopff oder Weide haͤnget. An den Stengeln oder Reben gewinnt ſie lange ſtiel/ an welchen laͤnglichte und brei- te blaͤtter mit zween oder drey ſpalten wach- ſen. Oben traͤgt ſie braune blumen von 4. blaͤtt- K k k k k 2

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 811. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/827>, abgerufen am 22.11.2024.