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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

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IX.

Ich saß da ohne Schatten und ohne Geld; aber ein schwe-
res Gewicht war von meiner Brust genommen, ich war
heiter. Hätte ich nicht auch meine Liebe verloren, oder
hätt' ich mich nur bei deren Verlust vorwurfsfrei gefühlt,
ich glaube, ich hätte glücklich sein können -- ich wußte
aber nicht, was ich anfangen sollte. Ich durchsuchte meine
Taschen und fand noch einige Goldstücke darin; ich zählte
sie und lachte. -- Ich hatte meine Pferde unten im
Wirthshause, ich schämte mich, dahin zurückzukehren, ich
mußte wenigstens den Untergang der Sonne erwarten;
sie stand noch hoch am Himmel. Ich legte mich in den
Schatten der nächsten Bäume und schlief ruhig ein.

Anmuthige Bilder verwoben sich mir im luftigen Tanze
zu einem gefälligen Traum. Mina, einen Blumenkranz
in den Haaren, schwebte an mir vorüber, und lächelte
mich freundlich an. Auch der ehrliche Bendel war mit
Blumen bekränzt, und eilte mit freundlichem Gruße vor-
über. Viele sah ich noch, und wie mich dünkt, auch Dich,
Chamisso, im fernen Gewühl; ein helles Licht schien,
es hatte aber Keiner einen Schatten, und was seltsamer
ist, es sah nicht übel aus, -- Blumen und Lieder, Liebe

IX.

Ich ſaß da ohne Schatten und ohne Geld; aber ein ſchwe-
res Gewicht war von meiner Bruſt genommen, ich war
heiter. Haͤtte ich nicht auch meine Liebe verloren, oder
haͤtt’ ich mich nur bei deren Verluſt vorwurfsfrei gefuͤhlt,
ich glaube, ich haͤtte gluͤcklich ſein koͤnnen — ich wußte
aber nicht, was ich anfangen ſollte. Ich durchſuchte meine
Taſchen und fand noch einige Goldſtuͤcke darin; ich zaͤhlte
ſie und lachte. — Ich hatte meine Pferde unten im
Wirthshauſe, ich ſchaͤmte mich, dahin zuruͤckzukehren, ich
mußte wenigſtens den Untergang der Sonne erwarten;
ſie ſtand noch hoch am Himmel. Ich legte mich in den
Schatten der naͤchſten Baͤume und ſchlief ruhig ein.

Anmuthige Bilder verwoben ſich mir im luftigen Tanze
zu einem gefaͤlligen Traum. Mina, einen Blumenkranz
in den Haaren, ſchwebte an mir voruͤber, und laͤchelte
mich freundlich an. Auch der ehrliche Bendel war mit
Blumen bekraͤnzt, und eilte mit freundlichem Gruße vor-
uͤber. Viele ſah ich noch, und wie mich duͤnkt, auch Dich,
Chamiſſo, im fernen Gewuͤhl; ein helles Licht ſchien,
es hatte aber Keiner einen Schatten, und was ſeltſamer
iſt, es ſah nicht uͤbel aus, — Blumen und Lieder, Liebe

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[0097] IX. Ich ſaß da ohne Schatten und ohne Geld; aber ein ſchwe- res Gewicht war von meiner Bruſt genommen, ich war heiter. Haͤtte ich nicht auch meine Liebe verloren, oder haͤtt’ ich mich nur bei deren Verluſt vorwurfsfrei gefuͤhlt, ich glaube, ich haͤtte gluͤcklich ſein koͤnnen — ich wußte aber nicht, was ich anfangen ſollte. Ich durchſuchte meine Taſchen und fand noch einige Goldſtuͤcke darin; ich zaͤhlte ſie und lachte. — Ich hatte meine Pferde unten im Wirthshauſe, ich ſchaͤmte mich, dahin zuruͤckzukehren, ich mußte wenigſtens den Untergang der Sonne erwarten; ſie ſtand noch hoch am Himmel. Ich legte mich in den Schatten der naͤchſten Baͤume und ſchlief ruhig ein. Anmuthige Bilder verwoben ſich mir im luftigen Tanze zu einem gefaͤlligen Traum. Mina, einen Blumenkranz in den Haaren, ſchwebte an mir voruͤber, und laͤchelte mich freundlich an. Auch der ehrliche Bendel war mit Blumen bekraͤnzt, und eilte mit freundlichem Gruße vor- uͤber. Viele ſah ich noch, und wie mich duͤnkt, auch Dich, Chamiſſo, im fernen Gewuͤhl; ein helles Licht ſchien, es hatte aber Keiner einen Schatten, und was ſeltſamer iſt, es ſah nicht uͤbel aus, — Blumen und Lieder, Liebe

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/97>, abgerufen am 23.11.2024.