Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde
Feuersbrunst, sich in mir durch sich selbst mehrte,
zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und
immer mehr Gold, und streute es auf den Estrich,
und schritt darüber hin, und ließ es klirren, und
warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem
Klange weidend, immer des Metalles mehr zu
dem Metalle, bis ich ermüdet selbst auf das rei-
che Lager sank und schwelgend darin wühlte, mich
darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend,
ich schloß meine Thür' nicht auf, die Nacht fand
mich liegend auf dem Golde, und darauf über-
mannte mich der Schlaf.

Da träumt' es mir von Dir, es ward mir,
als stünde ich hinter der Glasthüre Deines kleinen
Zimmers, und sähe Dich von da an Deinem Ar-
beitstische zwischen einem Skelet und einem Bun-
de getrockneter Pflanzen sitzen, vor Dir waren
Haller, Humbold und Linne aufgeschlagen, auf
Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der
Zauberring, ich betrachtete Dich lange und je-
des Ding in Deiner Stube, und dann Dich
wieder, Du rührtest Dich aber nicht, Du holtest
auch nicht Athem, du warst todt.

mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde
Feuersbrunſt, ſich in mir durch ſich ſelbſt mehrte,
zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und
immer mehr Gold, und ſtreute es auf den Eſtrich,
und ſchritt darüber hin, und ließ es klirren, und
warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem
Klange weidend, immer des Metalles mehr zu
dem Metalle, bis ich ermüdet ſelbſt auf das rei-
che Lager ſank und ſchwelgend darin wühlte, mich
darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend,
ich ſchloß meine Thür’ nicht auf, die Nacht fand
mich liegend auf dem Golde, und darauf über-
mannte mich der Schlaf.

Da träumt’ es mir von Dir, es ward mir,
als ſtünde ich hinter der Glasthüre Deines kleinen
Zimmers, und ſähe Dich von da an Deinem Ar-
beitstiſche zwiſchen einem Skelet und einem Bun-
de getrockneter Pflanzen ſitzen, vor Dir waren
Haller, Humbold und Linne aufgeſchlagen, auf
Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der
Zauberring, ich betrachtete Dich lange und je-
des Ding in Deiner Stube, und dann Dich
wieder, Du rührteſt Dich aber nicht, Du holteſt
auch nicht Athem, du warſt todt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="18"/>
mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde<lb/>
Feuersbrun&#x017F;t, &#x017F;ich in mir durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t mehrte,<lb/>
zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und<lb/>
immer mehr Gold, und &#x017F;treute es auf den E&#x017F;trich,<lb/>
und &#x017F;chritt darüber hin, und ließ es klirren, und<lb/>
warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem<lb/>
Klange weidend, immer des Metalles mehr zu<lb/>
dem Metalle, bis ich ermüdet &#x017F;elb&#x017F;t auf das rei-<lb/>
che Lager &#x017F;ank und &#x017F;chwelgend darin wühlte, mich<lb/>
darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend,<lb/>
ich &#x017F;chloß meine Thür&#x2019; nicht auf, die Nacht fand<lb/>
mich liegend auf dem Golde, und darauf über-<lb/>
mannte mich der Schlaf.</p><lb/>
        <p>Da träumt&#x2019; es mir von Dir, es ward mir,<lb/>
als &#x017F;tünde ich hinter der Glasthüre Deines kleinen<lb/>
Zimmers, und &#x017F;ähe Dich von da an Deinem Ar-<lb/>
beitsti&#x017F;che zwi&#x017F;chen einem Skelet und einem Bun-<lb/>
de getrockneter Pflanzen &#x017F;itzen, vor Dir waren<lb/>
Haller, Humbold und Linne aufge&#x017F;chlagen, auf<lb/>
Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der<lb/>
Zauberring, ich betrachtete Dich lange und je-<lb/>
des Ding in Deiner Stube, und dann Dich<lb/>
wieder, Du rührte&#x017F;t Dich aber nicht, Du holte&#x017F;t<lb/>
auch nicht Athem, du war&#x017F;t todt.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0042] mit einer Art Wuth, die, wie eine flackernde Feuersbrunſt, ſich in mir durch ſich ſelbſt mehrte, zog ich Gold daraus, und Gold, und Gold, und immer mehr Gold, und ſtreute es auf den Eſtrich, und ſchritt darüber hin, und ließ es klirren, und warf, mein armes Herz an dem Glanze, an dem Klange weidend, immer des Metalles mehr zu dem Metalle, bis ich ermüdet ſelbſt auf das rei- che Lager ſank und ſchwelgend darin wühlte, mich darüber wälzte. So verging der Tag, der Abend, ich ſchloß meine Thür’ nicht auf, die Nacht fand mich liegend auf dem Golde, und darauf über- mannte mich der Schlaf. Da träumt’ es mir von Dir, es ward mir, als ſtünde ich hinter der Glasthüre Deines kleinen Zimmers, und ſähe Dich von da an Deinem Ar- beitstiſche zwiſchen einem Skelet und einem Bun- de getrockneter Pflanzen ſitzen, vor Dir waren Haller, Humbold und Linne aufgeſchlagen, auf Deinem Sopha lagen ein Band Göthe und der Zauberring, ich betrachtete Dich lange und je- des Ding in Deiner Stube, und dann Dich wieder, Du rührteſt Dich aber nicht, Du holteſt auch nicht Athem, du warſt todt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/42
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/42>, abgerufen am 24.11.2024.