Spener, Philipp Jakob: Leichenpredigt auf den kurfürstlich-brandenburgischen Kammergerichtsadvokaten und Berliner Bürgermeister Martin Friedrich Elerdt (1644–1693). Frankfurt (Main), 1696.
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dir also gefallen wird. Sie erschrecken nicht fuͤr dem tode/ wie
die gottlose thun/ welche zittern/ und in greuliche angst kom-
men/ wann sie sterben sollen. Abermahl f. 800. b.Die seelen der
heiligen ruhen/und dasselbe noch viel stiller und friedsamer/
als die da schlaffen dieselbige ruhen zwar auch und um der ru-
he willen leben die menschen nimmermehr als wenn sie schlaf-
fen denn das leben der jenigen/ die da wachen/ ist voller sorge/
jammer/ truͤbsal bekuͤmmerniß muͤhe/ der leibliche schlaff aber
aͤndert und uͤberwindet die kranckheit/ gleich wie die Juͤnger
sagen/ Joh. 11/ 12. von Lazaro : Herr/ schlaͤfft er/ so wirds besser
mit ihm. Derhalben sagen wir recht/ daß wir denn am aller-
meisten leben/ wenn wir schlaffen und sterben/ denn der leben-
dige odem ist denn am meisten kraͤfftig/ eben aber auff solche
weise schlaffen die seelen auch : wie es aber zugehet/verstehen
wir nicht. Und das ist nicht wunder/ dieweil wir andere din-
ge auch nicht verstehen/ die uns doch mehr bekant seyn solten/
darinnen wir gebohren und aufferzogen sind. Denn siehe dei-
ne kindheit an/ ob du dich dessen auch weissest zu erinnern/ daß
du in deiner mutter leib gewest seyest/ daß du in der wiege gele-
gen/ darzu deiner mutter bruͤste gesogen/ geschryen/ und brey
gessen habest/ und wie du gewachsen seyest : Nun leben wir
warlich auch im ersten jahr/ da die frucht in mutter leibe ge-
tragen wird/ wie wir aber gelebt haben/ davon wissen wir gar
nichts. m. f. w. Ferner : Dieweil wir aber dieß mit unsern ge-
dancken nicht erreichen koͤnnen/ so werden wir viel weniger das
begreiffen/ wie es um das leben gelegen seye/ nach dem tode/
und ist doch gleichwol gewiß/ daß wir leben/ darum soll man
das forschen unterwegen lassen/ und soll es Gott befehlen;
Gleich wie man den articul der Dreyfaltigkeit auch nicht soll
nachforschen/nemlich/ wie Gott zugleich einig/ und nach den
personen dreyfaltig seyn moͤge.Thue ihm aber also/ hoͤre das
wort/ dasselbe laß dich fuͤhren und regiren/ du aber thue die au-
gen zu/ und folge immer dem worte nach/ alsdann wirst du fin-
den/ wie Gott einig und dreyfaltig seye. Auff solche weise hoͤ-
re ich hier auch/ daß im tod und nach dem tod das leben seye/
wie aber dasselbe werde zugehen/ darum bekuͤmmere du dich
nicht/ dieweil du nicht weissest/ daß du lebest/ wann du schlaͤf-
fest und lebest dannoch gleichwol/ also hast du auch gelebt in
mutter leibe/ und da du ein klein unmuͤndig kind warest/ daß
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