Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677.

Bild:
<< vorherige Seite

Christliche Leich-Predigt.
Wildpret zu; und nun kommt er heim/ noch naß und treufflend vom
Schweiß/ doch er versichert sich des erfolgenden Segens/ als hätte
er umm denselben schon auff den Knien gelegen. Er denckt: was acht
ichs daß ich meine Erst-Geburt verlohren/ nu ich den Vorzug dup-
pelt erlange durch einen Väterlichen Segen. Was ich verkaufft
habe im Hunger/ das wil ich wieder kauffen durch Wohl-Lust. Jch
habs verschenckt für ein Linsen-Gerichte/ ich solls wieder haben für
ein Wildpret. Aber was bringt jhm alle diese sorg-lose Sicherheit?
Sein Vater sagt nicht mehr/ als/ Wer bist du? Esau sucht Se-
gen/ und findet ein leeres Gefäß. O wie manchem gehts so/ der
sich feste einbildet/ Er sey bey GOtt in Gnaden/ Er habe sein Er-
be im Himmel. Wenn Er kommen wird/ dasselbe einzunehmen/
Job 8, 13, 14.wird man jhm sagen: Wer bist du? Die Hoffnung des Heuch-
lers wird verlohren seyn. Denn seine Zuversicht vergehet/ und
seine Hoffnung ist eine Spinn-webe. Alleine die/ welche der Va-
ter seinem Sohne gegeben hat/
finden zuletzt den Trost/ dessen
sie sich kaum versehen. Die Frembden/ die zu ihrem Erbtheil und
Segen nicht gehören/ betrügen sich mit falschem Wahn/ und wer-
den abgewiesen mit einem leeren Gefäß. Esau kommt mit voller
Hoffnung nach dem Segen/ Jacob gehet davon voller Freude/
mit dem Segen. Da Joseph seine zween Söhne zu Jacob brach-
te daß Er sie segnen solte/ stellet Er den ältisten zu des Vaters
Gen. 48.Rechten/ den Jüngsten zu seiner Lincken. Aber Israel strecket
seine rechte Hand auß/ und legt sie auff des Jüngsten Haupt/ und
seine Lincke auff Manasses Haupt/ und that wissende also. Ge-
liebte in dem HErren/ die Gottlosen dringen sich zu Gottes Rech-
ten/ aber wie Jacob seine Hände Creutzweiß legte/ so trägt GOtt
mißfallen an der Einbildnng der Welt-Kinder/ und segnet die
Demüthigen.

Occ. 3. Mich deucht aber ich höre einen stillen und stachlichten
Einwurff/ eines frechen/ Welt-gesinnten/ GOtt und seine Gnade

verach-

Chriſtliche Leich-Predigt.
Wildpret zu; und nun kom̃t er heim/ noch naß und treufflend vom
Schweiß/ doch er verſichert ſich des erfolgenden Segens/ als haͤtte
er um̃ denſelben ſchon auff den Knien gelegen. Er denckt: was acht
ichs daß ich meine Erſt-Geburt verlohren/ nu ich den Vorzug dup-
pelt erlange durch einen Vaͤterlichen Segen. Was ich verkaufft
habe im Hunger/ das wil ich wieder kauffen durch Wohl-Luſt. Jch
habs verſchenckt für ein Linſen-Gerichte/ ich ſolls wieder haben fuͤr
ein Wildpret. Aber was bringt jhm alle dieſe ſorg-loſe Sicherheit?
Sein Vater ſagt nicht mehr/ als/ Wer biſt du? Eſau ſucht Se-
gen/ und findet ein leeres Gefaͤß. O wie manchem gehts ſo/ der
ſich feſte einbildet/ Er ſey bey GOtt in Gnaden/ Er habe ſein Er-
be im Himmel. Wenn Er kommen wird/ daſſelbe einzunehmen/
Job 8, 13, 14.wird man jhm ſagen: Wer biſt du? Die Hoffnung des Heuch-
lers wird verlohren ſeyn. Denn ſeine Zuverſicht vergehet/ und
ſeine Hoffnung iſt eine Spiñ-webe. Alleine die/ welche der Va-
ter ſeinem Sohne gegeben hat/
finden zuletzt den Troſt/ deſſen
ſie ſich kaum verſehen. Die Frembden/ die zu ihrem Erbtheil und
Segen nicht gehoͤren/ betruͤgen ſich mit falſchem Wahn/ und wer-
den abgewieſen mit einem leeren Gefaͤß. Eſau kom̃t mit voller
Hoffnung nach dem Segen/ Jacob gehet davon voller Freude/
mit dem Segen. Da Joſeph ſeine zween Soͤhne zu Jacob brach-
te daß Er ſie ſegnen ſolte/ ſtellet Er den aͤltiſten zu des Vaters
Gen. 48.Rechten/ den Juͤngſten zu ſeiner Lincken. Aber Iſrael ſtrecket
ſeine rechte Hand auß/ und legt ſie auff des Juͤngſten Haupt/ und
ſeine Lincke auff Manaſſes Haupt/ und that wiſſende alſo. Ge-
liebte in dem HErren/ die Gottloſen dringen ſich zu Gottes Rech-
ten/ aber wie Jacob ſeine Haͤnde Creutzweiß legte/ ſo traͤgt GOtt
mißfallen an der Einbildnng der Welt-Kinder/ und ſegnet die
Demuͤthigen.

Occ. 3. Mich deucht aber ich hoͤre einen ſtillen und ſtachlichten
Einwurff/ eines frechen/ Welt-geſinnten/ GOtt und ſeine Gnade

verach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0030" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Chri&#x017F;tliche Leich-Predigt.</hi></fw><lb/>
Wildpret zu; und nun kom&#x0303;t er heim/ noch naß und treufflend vom<lb/>
Schweiß/ doch er ver&#x017F;ichert &#x017F;ich des erfolgenden Segens/ als ha&#x0364;tte<lb/>
er um&#x0303; den&#x017F;elben &#x017F;chon auff den Knien gelegen. Er denckt: was acht<lb/>
ichs daß ich meine Er&#x017F;t-Geburt verlohren/ nu ich den Vorzug dup-<lb/>
pelt erlange durch einen Va&#x0364;terlichen Segen. Was ich verkaufft<lb/>
habe im Hunger/ das wil ich wieder kauffen durch Wohl-Lu&#x017F;t. Jch<lb/>
habs ver&#x017F;chenckt für ein Lin&#x017F;en-Gerichte/ ich &#x017F;olls wieder haben fu&#x0364;r<lb/>
ein Wildpret. Aber was bringt jhm alle die&#x017F;e &#x017F;org-lo&#x017F;e Sicherheit?<lb/>
Sein Vater &#x017F;agt nicht mehr/ als/ <hi rendition="#fr">Wer bi&#x017F;t du?</hi> E&#x017F;au &#x017F;ucht Se-<lb/>
gen/ und findet ein leeres Gefa&#x0364;ß. O wie manchem gehts &#x017F;o/ der<lb/>
&#x017F;ich fe&#x017F;te einbildet/ Er &#x017F;ey bey GOtt in Gnaden/ Er habe &#x017F;ein Er-<lb/>
be im Himmel. Wenn Er kommen wird/ da&#x017F;&#x017F;elbe einzunehmen/<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Job</hi> 8, 13, 14.</note>wird man jhm &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Wer bi&#x017F;t du?</hi> Die Hoffnung des Heuch-<lb/>
lers wird verlohren &#x017F;eyn. Denn &#x017F;eine Zuver&#x017F;icht vergehet/ und<lb/>
&#x017F;eine Hoffnung i&#x017F;t eine Spin&#x0303;-webe. Alleine die/ <hi rendition="#fr">welche der Va-<lb/>
ter &#x017F;einem Sohne gegeben hat/</hi> finden zuletzt den Tro&#x017F;t/ de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich kaum ver&#x017F;ehen. Die Frembden/ die zu ihrem Erbtheil und<lb/>
Segen nicht geho&#x0364;ren/ betru&#x0364;gen &#x017F;ich mit fal&#x017F;chem Wahn/ und wer-<lb/>
den abgewie&#x017F;en mit einem leeren Gefa&#x0364;ß. <hi rendition="#aq">E&#x017F;au</hi> kom&#x0303;t mit voller<lb/>
Hoffnung nach dem Segen/ <hi rendition="#aq">Jacob</hi> gehet davon voller Freude/<lb/>
mit dem Segen. Da <hi rendition="#aq">Jo&#x017F;eph</hi> &#x017F;eine zween So&#x0364;hne zu <hi rendition="#aq">Jacob</hi> brach-<lb/>
te daß Er &#x017F;ie &#x017F;egnen &#x017F;olte/ &#x017F;tellet Er den a&#x0364;lti&#x017F;ten zu des Vaters<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 48.</note>Rechten/ den Ju&#x0364;ng&#x017F;ten zu &#x017F;einer Lincken. Aber <hi rendition="#aq">I&#x017F;rael</hi> &#x017F;trecket<lb/>
&#x017F;eine rechte Hand auß/ und legt &#x017F;ie auff des Ju&#x0364;ng&#x017F;ten Haupt/ und<lb/>
&#x017F;eine Lincke auff <hi rendition="#aq">Mana&#x017F;&#x017F;es</hi> Haupt/ und that wi&#x017F;&#x017F;ende al&#x017F;o. Ge-<lb/>
liebte in dem HErren/ die Gottlo&#x017F;en dringen &#x017F;ich zu Gottes Rech-<lb/>
ten/ aber wie <hi rendition="#aq">Jacob</hi> &#x017F;eine Ha&#x0364;nde Creutzweiß legte/ &#x017F;o tra&#x0364;gt GOtt<lb/>
mißfallen an der Einbildnng der Welt-Kinder/ und &#x017F;egnet die<lb/>
Demu&#x0364;thigen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Occ.</hi> 3. Mich deucht aber ich ho&#x0364;re einen &#x017F;tillen und &#x017F;tachlichten<lb/>
Einwurff/ eines frechen/ Welt-ge&#x017F;innten/ GOtt und &#x017F;eine Gnade<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">verach-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0030] Chriſtliche Leich-Predigt. Wildpret zu; und nun kom̃t er heim/ noch naß und treufflend vom Schweiß/ doch er verſichert ſich des erfolgenden Segens/ als haͤtte er um̃ denſelben ſchon auff den Knien gelegen. Er denckt: was acht ichs daß ich meine Erſt-Geburt verlohren/ nu ich den Vorzug dup- pelt erlange durch einen Vaͤterlichen Segen. Was ich verkaufft habe im Hunger/ das wil ich wieder kauffen durch Wohl-Luſt. Jch habs verſchenckt für ein Linſen-Gerichte/ ich ſolls wieder haben fuͤr ein Wildpret. Aber was bringt jhm alle dieſe ſorg-loſe Sicherheit? Sein Vater ſagt nicht mehr/ als/ Wer biſt du? Eſau ſucht Se- gen/ und findet ein leeres Gefaͤß. O wie manchem gehts ſo/ der ſich feſte einbildet/ Er ſey bey GOtt in Gnaden/ Er habe ſein Er- be im Himmel. Wenn Er kommen wird/ daſſelbe einzunehmen/ wird man jhm ſagen: Wer biſt du? Die Hoffnung des Heuch- lers wird verlohren ſeyn. Denn ſeine Zuverſicht vergehet/ und ſeine Hoffnung iſt eine Spiñ-webe. Alleine die/ welche der Va- ter ſeinem Sohne gegeben hat/ finden zuletzt den Troſt/ deſſen ſie ſich kaum verſehen. Die Frembden/ die zu ihrem Erbtheil und Segen nicht gehoͤren/ betruͤgen ſich mit falſchem Wahn/ und wer- den abgewieſen mit einem leeren Gefaͤß. Eſau kom̃t mit voller Hoffnung nach dem Segen/ Jacob gehet davon voller Freude/ mit dem Segen. Da Joſeph ſeine zween Soͤhne zu Jacob brach- te daß Er ſie ſegnen ſolte/ ſtellet Er den aͤltiſten zu des Vaters Rechten/ den Juͤngſten zu ſeiner Lincken. Aber Iſrael ſtrecket ſeine rechte Hand auß/ und legt ſie auff des Juͤngſten Haupt/ und ſeine Lincke auff Manaſſes Haupt/ und that wiſſende alſo. Ge- liebte in dem HErren/ die Gottloſen dringen ſich zu Gottes Rech- ten/ aber wie Jacob ſeine Haͤnde Creutzweiß legte/ ſo traͤgt GOtt mißfallen an der Einbildnng der Welt-Kinder/ und ſegnet die Demuͤthigen. Job 8, 13, 14. Gen. 48. Occ. 3. Mich deucht aber ich hoͤre einen ſtillen und ſtachlichten Einwurff/ eines frechen/ Welt-geſinnten/ GOtt und ſeine Gnade verach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/354523
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/354523/30
Zitationshilfe: Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354523/30>, abgerufen am 23.11.2024.