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Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.

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Abdanckungs-Rede.
Media vita in morte sumus.
Mitten wir im Leben sind/
Mit dem Tod umfangen.

Und also müssen wir nur alle mit dem Seneca aus sei-
ner 24. Epistel klagen: Qvotidie morimur, qvotidie enim
demitur aliqva pars vitae: & tunc qvoq; cum crescimus, vita
decrescit. Infantiam amisimus, deinde pueritiam, deinde
Adolescentiam usq; ad hesternum qvicqvid transijt tempo-
ris, perijt. Hunc ipsum qvem agimus diem, cum morte di-
vidimus. Qvemadmodum elepsydram non extremum stil-
licidium exhaurit, sed qvicqvid ante defluxit; Sic ultima ho-
ra qva esse desinimus, non sola mortem facit, sed sola con-
summat. Tunc ad illam pervenimus, sed diu venimus.
Wir
sterben täglich/ und je länger wir leben/ je näher kommen
wir zum Tode.

Jst es demnach also Hoch-Ansehliche Trauer-
Versammlung/
daß auch diese/ zeugen meiner Rede sein
wollen/ so dörffen wir nicht erst bey den Häusern dehrer
Lebenssatt- und müden-grauen Häuptern anklopffen/ umm
ihre Meynung sie anzuhalten/ was sie denn von dem mensch-
lichen Leben/ aus ihrer selbst eigenen Erfahrung urtheilen.
Jhr fast erkalter Leib/ wird ein vollkommner Redner seyn/
wie er sich mit aller Gewalt/ von Kindes Beinen an/ bis
an die Zeiten/ da sie itzo zum andern mahl Kinder gewor-
den/ sich des Todes kaum erwähren können/ und ihme
manchen Sturm durch Artzney abschlagen müssen/ weil
er eine stete Belägerung mit kräncklichen Anlauffen umb

ihren
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Abdanckungs-Rede.
Media vitâ in morte ſumus.
Mitten wir im Leben ſind/
Mit dem Tod umfangen.

Und alſo muͤſſen wir nur alle mit dem Senecâ aus ſei-
ner 24. Epiſtel klagen: Qvotidiè morimur, qvotidiè enim
demitur aliqva pars vitæ: & tunc qvoq́; cùm creſcimus, vita
decreſcit. Infantiam amiſimus, deindè pueritiam, deinde
Adoleſcentiam usq́; ad heſternum qvicqvid transijt tempo-
ris, perijt. Hunc ipſum qvem agimus diem, cum morte di-
vidimus. Qvemadmodum elepſydram non extremum ſtil-
licidium exhaurit, ſed qvicqvid ante defluxit; Sic ultima ho-
ra qva eſſe deſinimus, non ſola mortem facit, ſed ſola con-
ſummat. Tunc ad illam pervenimus, ſed diu venimus.
Wir
ſterben taͤglich/ und je laͤnger wir leben/ je naͤher kommen
wir zum Tode.

Jſt es demnach alſo Hoch-Anſehliche Trauer-
Verſam̃lung/
daß auch dieſe/ zeugen meiner Rede ſein
wollen/ ſo doͤrffen wir nicht erſt bey den Haͤuſern dehrer
Lebensſatt- und muͤden-grauen Haͤuptern anklopffen/ um̃
ihre Meynung ſie anzuhalten/ was ſie deñ von dem menſch-
lichen Leben/ aus ihrer ſelbſt eigenen Erfahrung urtheilen.
Jhr faſt erkalter Leib/ wird ein vollkom̃ner Redner ſeyn/
wie er ſich mit aller Gewalt/ von Kindes Beinen an/ bis
an die Zeiten/ da ſie itzo zum andern mahl Kinder gewor-
den/ ſich des Todes kaum erwaͤhren koͤnnen/ und ihme
manchen Sturm durch Artzney abſchlagen muͤſſen/ weil
er eine ſtete Belaͤgerung mit kraͤncklichen Anlauffen umb

ihren
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[13/0013] Abdanckungs-Rede. Media vitâ in morte ſumus. Mitten wir im Leben ſind/ Mit dem Tod umfangen. Und alſo muͤſſen wir nur alle mit dem Senecâ aus ſei- ner 24. Epiſtel klagen: Qvotidiè morimur, qvotidiè enim demitur aliqva pars vitæ: & tunc qvoq́; cùm creſcimus, vita decreſcit. Infantiam amiſimus, deindè pueritiam, deinde Adoleſcentiam usq́; ad heſternum qvicqvid transijt tempo- ris, perijt. Hunc ipſum qvem agimus diem, cum morte di- vidimus. Qvemadmodum elepſydram non extremum ſtil- licidium exhaurit, ſed qvicqvid ante defluxit; Sic ultima ho- ra qva eſſe deſinimus, non ſola mortem facit, ſed ſola con- ſummat. Tunc ad illam pervenimus, ſed diu venimus. Wir ſterben taͤglich/ und je laͤnger wir leben/ je naͤher kommen wir zum Tode. Jſt es demnach alſo Hoch-Anſehliche Trauer- Verſam̃lung/ daß auch dieſe/ zeugen meiner Rede ſein wollen/ ſo doͤrffen wir nicht erſt bey den Haͤuſern dehrer Lebensſatt- und muͤden-grauen Haͤuptern anklopffen/ um̃ ihre Meynung ſie anzuhalten/ was ſie deñ von dem menſch- lichen Leben/ aus ihrer ſelbſt eigenen Erfahrung urtheilen. Jhr faſt erkalter Leib/ wird ein vollkom̃ner Redner ſeyn/ wie er ſich mit aller Gewalt/ von Kindes Beinen an/ bis an die Zeiten/ da ſie itzo zum andern mahl Kinder gewor- den/ ſich des Todes kaum erwaͤhren koͤnnen/ und ihme manchen Sturm durch Artzney abſchlagen muͤſſen/ weil er eine ſtete Belaͤgerung mit kraͤncklichen Anlauffen umb ihren b 3

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Zitationshilfe: Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359522/13>, abgerufen am 04.12.2024.