Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.Abdanckungs-Rede. Leben zubehalten weil wir darzu erschaffen. Es ist ja na-türlich/ daß man das Leben liebet. Ein Würmlein krüm- met sich; Ein Vogel flattert im Netze: Ein Wild entläufft und entreist dem Jäger/ so viel als möglich. Elias wüntschet/ das seine Seele von ihm genommen werde/ und scheuet doch den Tod/ wenn er in die Wüsten fliehet. Hiskias weinet sehr/1. Reg. 19. v. 4. 2. Reg. 20. wenn der Prophet Esaias ihme saget: Beschicke dein Hauß/ denn du wirst sterben/ und nicht leben bleiben: Und ist her- gegen wiederumb frölich/ wenn eine andere/ und zwar bes- sere Zeitung erfolget/ nemlich: Er solte dißmahl leben/ und am dritten Tage gesund in das Hauß des HErren gehen. Wer solte meinen/ daß der jenige Mensch/ der schon 38. Jahr/ beym Teiche Bethesda, kranck gelegen hatte/ und auf die vomJoh. V, 5. Engel gewöhnliche Bewegung des Gesund-Brunnens/ o- der Teiches gewartet/ hätte länger zu leben wüntschen sol- len; und gleichwohl geschahe es. Denn die Natur liebt das zeitliche Leben/ und scheuet den Tod; Der Glaube aber fürchtet den Tod nicht/ und liebt das ewige Leben. So ist denn die Natur und der Glaube gar geschäfftig bey Erinne- rung der Sterbligkeit/ auch bey denen Frommen. Sie be- reiten sich zwar auff ihn mit Freuden/ aber doch nicht ohn Wehr und Waffen ihme als dem letzten Feinde/ entgegen zu gehen. Sie wissen was Sünde/ was das jüngste Gerichte sey. Es ist ihnen leid/ daß sie nicht ein Engelreines Leben geführet. Sie erkennen den Tod als eine Straffe der Sün- den/ es ist ihnen leid/ daß sie den Todt nicht als einen gutten Freund empfahen können/ der ihnen einen Brieff von der lieben Hand ihres GOttes bringet/ daß sie nemlich sollen frey werden und heim kommen. Lutherus meinet/ weil un- ser e
Abdanckungs-Rede. Leben zubehalten weil wir darzu erſchaffen. Es iſt ja na-tuͤrlich/ daß man das Leben liebet. Ein Wuͤrmlein kruͤm- met ſich; Ein Vogel flattert im Netze: Ein Wild entlaͤufft und entreiſt dem Jaͤger/ ſo viel als moͤglich. Elias wuͤntſchet/ das ſeine Seele von ihm genommen werde/ und ſcheuet doch den Tod/ weñ er in die Wuͤſten fliehet. Hiskias weinet ſehr/1. Reg. 19. v. 4. 2. Reg. 20. wenn der Prophet Eſaias ihme ſaget: Beſchicke dein Hauß/ denn du wirſt ſterben/ und nicht leben bleiben: Und iſt her- gegen wiederumb froͤlich/ wenn eine andere/ und zwar beſ- ſere Zeitung erfolget/ nemlich: Er ſolte dißmahl leben/ und am dritten Tage geſund in das Hauß des HErꝛen gehen. Wer ſolte meinen/ daß deꝛ jenige Menſch/ der ſchon 38. Jahr/ beym Teiche Bethesda, kranck gelegen hatte/ und auf die vomJoh. V, 5. Engel gewoͤhnliche Bewegung des Geſund-Brunnens/ o- der Teiches gewartet/ haͤtte laͤnger zu leben wuͤntſchen ſol- len; und gleichwohl geſchahe es. Deñ die Natur liebt das zeitliche Leben/ und ſcheuet den Tod; Der Glaube aber fuͤrchtet den Tod nicht/ und liebt das ewige Leben. So iſt denn die Natur und deꝛ Glaube gar geſchaͤfftig bey Erinne- rung der Sterbligkeit/ auch bey denen Frommen. Sie be- reiten ſich zwar auff ihn mit Freuden/ aber doch nicht ohn Wehr und Waffen ihme als dem letzten Feinde/ entgegen zu gehen. Sie wiſſen was Suͤnde/ was das juͤngſte Gerichte ſey. Es iſt ihnen leid/ daß ſie nicht ein Engelreines Leben gefuͤhret. Sie erkeñen den Tod als eine Straffe der Suͤn- den/ es iſt ihnen leid/ daß ſie den Todt nicht als einen gutten Freund empfahen koͤnnen/ der ihnen einen Brieff von der lieben Hand ihres GOttes bringet/ daß ſie nemlich ſollen frey werden und heim kommen. Lutherus meinet/ weil un- ſer e
<TEI> <text> <body> <div type="fsThanks" n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="33"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Abdanckungs-Rede.</hi></fw><lb/> Leben zubehalten weil wir darzu erſchaffen. Es iſt ja na-<lb/> tuͤrlich/ daß man das Leben liebet. Ein Wuͤrmlein kruͤm-<lb/> met ſich; Ein Vogel flattert im Netze: Ein Wild entlaͤufft<lb/> und entreiſt dem Jaͤger/ ſo viel als moͤglich. <hi rendition="#aq">Elias</hi> wuͤntſchet/<lb/> das ſeine Seele von ihm genommen werde/ und ſcheuet doch<lb/> den Tod/ weñ er in die Wuͤſten fliehet. <hi rendition="#aq">Hiskias</hi> weinet ſehr/<note place="right">1. <hi rendition="#aq">Reg. 19.<lb/> v. 4.<lb/> 2. Reg.</hi> 20.</note><lb/> wenn der Prophet <hi rendition="#aq">Eſaias</hi> ihme ſaget: Beſchicke dein Hauß/<lb/> denn du wirſt ſterben/ und nicht leben bleiben: Und iſt her-<lb/> gegen wiederumb froͤlich/ wenn eine andere/ und zwar beſ-<lb/> ſere Zeitung erfolget/ nemlich: Er ſolte dißmahl leben/ und<lb/> am dritten Tage geſund in das Hauß des HErꝛen gehen.<lb/> Wer ſolte meinen/ daß deꝛ jenige Menſch/ der ſchon 38. Jahr/<lb/> beym Teiche <hi rendition="#aq">Bethesda,</hi> kranck gelegen hatte/ und auf die vom<note place="right"><hi rendition="#aq">Joh. V,</hi> 5.</note><lb/> Engel gewoͤhnliche Bewegung des Geſund-Brunnens/ o-<lb/> der Teiches gewartet/ haͤtte laͤnger zu leben wuͤntſchen ſol-<lb/> len; und gleichwohl geſchahe es. Deñ die Natur liebt das<lb/> zeitliche Leben/ und ſcheuet den Tod; Der Glaube aber<lb/> fuͤrchtet den Tod nicht/ und liebt das ewige Leben. So iſt<lb/> denn die Natur und deꝛ Glaube gar geſchaͤfftig bey Erinne-<lb/> rung der Sterbligkeit/ auch bey denen Frommen. Sie be-<lb/> reiten ſich zwar auff ihn mit Freuden/ aber doch nicht ohn<lb/> Wehr und Waffen ihme als dem letzten Feinde/ entgegen zu<lb/> gehen. Sie wiſſen was Suͤnde/ was das juͤngſte Gerichte<lb/> ſey. Es iſt ihnen leid/ daß ſie nicht ein Engelreines Leben<lb/> gefuͤhret. Sie erkeñen den Tod als eine Straffe der Suͤn-<lb/> den/ es iſt ihnen leid/ daß ſie den Todt nicht als einen gutten<lb/> Freund empfahen koͤnnen/ der ihnen einen Brieff von der<lb/> lieben Hand ihres GOttes bringet/ daß ſie nemlich ſollen<lb/> frey werden und heim kommen. <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> meinet/ weil un-<lb/> <fw type="sig" place="bottom">e</fw><fw type="catch" place="bottom">ſer</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [33/0033]
Abdanckungs-Rede.
Leben zubehalten weil wir darzu erſchaffen. Es iſt ja na-
tuͤrlich/ daß man das Leben liebet. Ein Wuͤrmlein kruͤm-
met ſich; Ein Vogel flattert im Netze: Ein Wild entlaͤufft
und entreiſt dem Jaͤger/ ſo viel als moͤglich. Elias wuͤntſchet/
das ſeine Seele von ihm genommen werde/ und ſcheuet doch
den Tod/ weñ er in die Wuͤſten fliehet. Hiskias weinet ſehr/
wenn der Prophet Eſaias ihme ſaget: Beſchicke dein Hauß/
denn du wirſt ſterben/ und nicht leben bleiben: Und iſt her-
gegen wiederumb froͤlich/ wenn eine andere/ und zwar beſ-
ſere Zeitung erfolget/ nemlich: Er ſolte dißmahl leben/ und
am dritten Tage geſund in das Hauß des HErꝛen gehen.
Wer ſolte meinen/ daß deꝛ jenige Menſch/ der ſchon 38. Jahr/
beym Teiche Bethesda, kranck gelegen hatte/ und auf die vom
Engel gewoͤhnliche Bewegung des Geſund-Brunnens/ o-
der Teiches gewartet/ haͤtte laͤnger zu leben wuͤntſchen ſol-
len; und gleichwohl geſchahe es. Deñ die Natur liebt das
zeitliche Leben/ und ſcheuet den Tod; Der Glaube aber
fuͤrchtet den Tod nicht/ und liebt das ewige Leben. So iſt
denn die Natur und deꝛ Glaube gar geſchaͤfftig bey Erinne-
rung der Sterbligkeit/ auch bey denen Frommen. Sie be-
reiten ſich zwar auff ihn mit Freuden/ aber doch nicht ohn
Wehr und Waffen ihme als dem letzten Feinde/ entgegen zu
gehen. Sie wiſſen was Suͤnde/ was das juͤngſte Gerichte
ſey. Es iſt ihnen leid/ daß ſie nicht ein Engelreines Leben
gefuͤhret. Sie erkeñen den Tod als eine Straffe der Suͤn-
den/ es iſt ihnen leid/ daß ſie den Todt nicht als einen gutten
Freund empfahen koͤnnen/ der ihnen einen Brieff von der
lieben Hand ihres GOttes bringet/ daß ſie nemlich ſollen
frey werden und heim kommen. Lutherus meinet/ weil un-
ſer
1. Reg. 19.
v. 4.
2. Reg. 20.
Joh. V, 5.
e
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |