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Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.

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Abdanckungs-Rede.
ser Heyland dem Tode seine Macht benommen/ so sey er nur
ein gemahlter Tod/ und derowegen nicht zu fürchten. Und
wie gutte Freunde/ wenn sie des Abends von einander schei-
den/ daß ein jeder in sein Schlaffkämmerlein sich verfügen
wil/ nicht weinen/ noch vor dem Schlafe sich scheuen: Also
solle es auch seyn/ daß man den Todes-Schlaff nicht fürch-
te. Allein die Erfahrung gibts/ daß man auch bißweilen
vor einen Bilde erschrickt/ und mancher/ der noch länger
gerne des Abends sitzen wolte/ ungerne schlaffen gehet/ und
die Kinder vor dem Schafe weinen. Also wolten ihrer viel
noch gerne länger/ biß in die sinckende Nacht/ oder wohlgar
biß an den hellen Morgen der Aufferstehung/ in ihrem Ne-
ste dieser Welt/ und in der Herberge ihres Leibes verbleiben/
wenn es möglich sein könte. Allein die allgemeine Statuta
der gantzen Welt/ lassen es nicht zu/ so lange das Gesetze gilt:
Statutum est homini semel mori. Und was ist doch wohl
diese Welt in welcher sie gerne bleiben wolten? Justi Lipsij
Epitaphium,
welches zu Löwen/ in des H. Francisci Kirche
VideEry-
ci Putea-
ni Lipsi-
omnema
p.
24.
auffgerichtet/ und er sich selbst gemacht/ mag die Antwort
geben: Ipse abivi, abibit hoc qvoq;: & nihil hic orbis, qvod
perennet, possidet. Vis altiore voce me tecum loqvi? Hu-
mana cuncta fumus, umbra, vanitas, & Scenae imago, & ver-
bo ut absolvam, nihil.
Es ist alles vergänglich und eitel/ und
Epistola
26[8].
nichts beständiges. Was ist doch wohl der Welt ihre Herr-
ligkeit und Ehre? AEneas Sylvius beschreibet sie/ wenn er fol-
gendes in einer Epistel an seinen gutten Freund schreibt/
der sich über seines Sohnes Tod/ nicht wolte trösten lassen:
Cogita qvid est hujus mundi gloria? Caduca sunt omnia, qvae
in terris acqvirimus, nihil stabile, nihil certum: Nemo sibi

horam

Abdanckungs-Rede.
ſer Heyland dem Tode ſeine Macht benommen/ ſo ſey er nur
ein gemahlter Tod/ und derowegen nicht zu fuͤrchten. Und
wie gutte Freunde/ wenn ſie des Abends von einander ſchei-
den/ daß ein jeder in ſein Schlaffkaͤmmerlein ſich verfuͤgen
wil/ nicht weinen/ noch vor dem Schlafe ſich ſcheuen: Alſo
ſolle es auch ſeyn/ daß man den Todes-Schlaff nicht fuͤrch-
te. Allein die Erfahrung gibts/ daß man auch bißweilen
vor einen Bilde erſchrickt/ und mancher/ der noch laͤnger
gerne des Abends ſitzen wolte/ ungerne ſchlaffen gehet/ und
die Kinder vor dem Schafe weinen. Alſo wolten ihrer viel
noch gerne laͤnger/ biß in die ſinckende Nacht/ oder wohlgar
biß an den hellen Morgen der Aufferſtehung/ in ihrem Ne-
ſte dieſer Welt/ und in deꝛ Herberge ihres Leibes verbleiben/
wenn es moͤglich ſein koͤnte. Allein die allgemeine Statuta
der gantzen Welt/ laſſen es nicht zu/ ſo lange das Geſetze gilt:
Statutum eſt homini ſemel mori. Und was iſt doch wohl
dieſe Welt in welcher ſie gerne bleiben wolten? Juſti Lipſij
Epitaphium,
welches zu Loͤwen/ in des H. Franciſci Kirche
VideEry-
ci Putea-
ni Lipſi-
omnema
p.
24.
auffgerichtet/ und er ſich ſelbſt gemacht/ mag die Antwort
geben: Ipſe abivi, abibit hoc qvoq́;: & nihil hic orbis, qvod
perennet, poſſidet. Vis altiore voce me tecum loqvi? Hu-
mana cuncta fumus, umbra, vanitas, & Scenæ imago, & ver-
bo ut abſolvam, nihil.
Es iſt alles vergaͤnglich und eitel/ und
Epiſtolâ
26[8].
nichts beſtaͤndiges. Was iſt doch wohl der Welt ihre Herꝛ-
ligkeit und Ehre? Æneas Sylvius beſchreibet ſie/ wenn er fol-
gendes in einer Epiſtel an ſeinen gutten Freund ſchreibt/
der ſich uͤber ſeines Sohnes Tod/ nicht wolte troͤſten laſſen:
Cogita qvid eſt hujus mundi gloria? Caduca ſunt omnia, qvæ
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[34/0034] Abdanckungs-Rede. ſer Heyland dem Tode ſeine Macht benommen/ ſo ſey er nur ein gemahlter Tod/ und derowegen nicht zu fuͤrchten. Und wie gutte Freunde/ wenn ſie des Abends von einander ſchei- den/ daß ein jeder in ſein Schlaffkaͤmmerlein ſich verfuͤgen wil/ nicht weinen/ noch vor dem Schlafe ſich ſcheuen: Alſo ſolle es auch ſeyn/ daß man den Todes-Schlaff nicht fuͤrch- te. Allein die Erfahrung gibts/ daß man auch bißweilen vor einen Bilde erſchrickt/ und mancher/ der noch laͤnger gerne des Abends ſitzen wolte/ ungerne ſchlaffen gehet/ und die Kinder vor dem Schafe weinen. Alſo wolten ihrer viel noch gerne laͤnger/ biß in die ſinckende Nacht/ oder wohlgar biß an den hellen Morgen der Aufferſtehung/ in ihrem Ne- ſte dieſer Welt/ und in deꝛ Herberge ihres Leibes verbleiben/ wenn es moͤglich ſein koͤnte. Allein die allgemeine Statuta der gantzen Welt/ laſſen es nicht zu/ ſo lange das Geſetze gilt: Statutum eſt homini ſemel mori. Und was iſt doch wohl dieſe Welt in welcher ſie gerne bleiben wolten? Juſti Lipſij Epitaphium, welches zu Loͤwen/ in des H. Franciſci Kirche auffgerichtet/ und er ſich ſelbſt gemacht/ mag die Antwort geben: Ipſe abivi, abibit hoc qvoq́;: & nihil hic orbis, qvod perennet, poſſidet. Vis altiore voce me tecum loqvi? Hu- mana cuncta fumus, umbra, vanitas, & Scenæ imago, & ver- bo ut abſolvam, nihil. Es iſt alles vergaͤnglich und eitel/ und nichts beſtaͤndiges. Was iſt doch wohl der Welt ihre Herꝛ- ligkeit und Ehre? Æneas Sylvius beſchreibet ſie/ wenn er fol- gendes in einer Epiſtel an ſeinen gutten Freund ſchreibt/ der ſich uͤber ſeines Sohnes Tod/ nicht wolte troͤſten laſſen: Cogita qvid eſt hujus mundi gloria? Caduca ſunt omnia, qvæ in terris acqvirimus, nihil ſtabile, nihil certum: Nemo ſibi horam VideEry- ci Putea- ni Lipſi- omnema p. 24. Epiſtolâ 268.

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Zitationshilfe: Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359522/34>, abgerufen am 12.12.2024.