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Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693.

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Abdanckungs-Rede.
der Welt gehen/ wie man werde von dannen scheiden/ wo
man sein Grab finden werde/ ist nicht gewiß. Aber daß
man werde sterben müssen/ ist allzu gewiß. Darumm: Unum
est necessarium.
Bestelle dein Hauß/ beschicke deine Seele/
setze die Erde zur Erben des Leibes ein/ GOtt aber zum Er-
be der Seelen. Bedencke dich wohl! Himmel und Hölle
stehet offen. Es bereitet sich die Welt/ wenn sie unter gut-
ter Freunde Conversation erscheinen soll. Es überleget ein
Abgesandter alles wohl/ was er bey der Audientz vorbrin-
gen wil. Was für Zeit wenden die eitelen Hertzen nicht an/
sich recht zu zieren/ zu kleiden/ nach der Welt-Art sich zu re-
guli
ren. Und man wolte sich nicht einige Zeit zuvor pra pa-
ri
ren/ ehe man zum Verhör/ und Erscheinung im Himmli-
schen Pallast vor den Allerhöchsten GOtt gelassen wird?
Famianus Strada erzehlet etwas denckwürdiges in der Le-Belli Bel-
gici, De-
cad. I. p.
m.
18.

bens-Beschreibung Caroli V. Es sey zu diesem großmüthi-
gem Helden/ sein Alter und wohlversuchter Hauptmann
kommen/ und habe umb Loßlassung aus denen Kriegs-
Diensten ihn angeflehet. Carolus V. habe sich über seiner
Bitte höchlich verwundert/ und ihn umb die Ursache gefra-
get/ warumb er dem Kriege abdancken wolte? Worauff
dieser Hauptmann geantwortet: Inter vitae negotia, &
mortis diem oportere spatium intercedere.
Zwischen des
Lebens Verrichtungen/ und dem Tage des Todes/ müsse
man ein wenig raum haben oder Ruhe/ daß ist/ man müs-
se sich vor dem Tode entziehen allen Welt-Geschäfften/ die
vergangene Zeit/ wie man sie angewendet/ behertzigen/ und
auf die zukünfftige Zeit sich wohl geschickt machen.

Diese sehr weißliche Rede/ hat der fromme Kayser/ nie-

mahls
e 3

Abdanckungs-Rede.
der Welt gehen/ wie man werde von dannen ſcheiden/ wo
man ſein Grab finden werde/ iſt nicht gewiß. Aber daß
man werde ſterben muͤſſen/ iſt allzu gewiß. Darum̃: Unum
eſt neceſſarium.
Beſtelle dein Hauß/ beſchicke deine Seele/
ſetze die Erde zur Erben des Leibes ein/ GOtt aber zum Er-
be der Seelen. Bedencke dich wohl! Himmel und Hoͤlle
ſtehet offen. Es bereitet ſich die Welt/ wenn ſie unter gut-
ter Freunde Converſation erſcheinen ſoll. Es uͤberleget ein
Abgeſandter alles wohl/ was er bey der Audientz vorbrin-
gen wil. Was fuͤr Zeit wenden die eitelen Hertzen nicht an/
ſich recht zu zieren/ zu kleiden/ nach der Welt-Art ſich zu re-
guli
ren. Und man wolte ſich nicht einige Zeit zuvor pra pa-
ri
ren/ ehe man zum Verhoͤr/ und Erſcheinung im Him̃li-
ſchen Pallaſt vor den Allerhoͤchſten GOtt gelaſſen wird?
Famianus Strada erzehlet etwas denckwuͤrdiges in der Le-Belli Bel-
gici, De-
cad. I. p.
m.
18.

bens-Beſchreibung Caroli V. Es ſey zu dieſem großmuͤthi-
gem Helden/ ſein Alter und wohlverſuchter Hauptmann
kommen/ und habe umb Loßlaſſung aus denen Kriegs-
Dienſten ihn angeflehet. Carolus V. habe ſich uͤber ſeiner
Bitte hoͤchlich verwundert/ und ihn umb die Urſache gefra-
get/ warumb er dem Kriege abdancken wolte? Worauff
dieſer Hauptmann geantwortet: Inter vitæ negotia, &
mortis diem oportere ſpatium intercedere.
Zwiſchen des
Lebens Verꝛichtungen/ und dem Tage des Todes/ muͤſſe
man ein wenig raum haben oder Ruhe/ daß iſt/ man muͤſ-
ſe ſich vor dem Tode entziehen allen Welt-Geſchaͤfften/ die
vergangene Zeit/ wie man ſie angewendet/ behertzigen/ und
auf die zukuͤnfftige Zeit ſich wohl geſchickt machen.

Dieſe ſehr weißliche Rede/ hat der from̃e Kayſer/ nie-

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[37/0037] Abdanckungs-Rede. der Welt gehen/ wie man werde von dannen ſcheiden/ wo man ſein Grab finden werde/ iſt nicht gewiß. Aber daß man werde ſterben muͤſſen/ iſt allzu gewiß. Darum̃: Unum eſt neceſſarium. Beſtelle dein Hauß/ beſchicke deine Seele/ ſetze die Erde zur Erben des Leibes ein/ GOtt aber zum Er- be der Seelen. Bedencke dich wohl! Himmel und Hoͤlle ſtehet offen. Es bereitet ſich die Welt/ wenn ſie unter gut- ter Freunde Converſation erſcheinen ſoll. Es uͤberleget ein Abgeſandter alles wohl/ was er bey der Audientz vorbrin- gen wil. Was fuͤr Zeit wenden die eitelen Hertzen nicht an/ ſich recht zu zieren/ zu kleiden/ nach der Welt-Art ſich zu re- guliren. Und man wolte ſich nicht einige Zeit zuvor pra pa- riren/ ehe man zum Verhoͤr/ und Erſcheinung im Him̃li- ſchen Pallaſt vor den Allerhoͤchſten GOtt gelaſſen wird? Famianus Strada erzehlet etwas denckwuͤrdiges in der Le- bens-Beſchreibung Caroli V. Es ſey zu dieſem großmuͤthi- gem Helden/ ſein Alter und wohlverſuchter Hauptmann kommen/ und habe umb Loßlaſſung aus denen Kriegs- Dienſten ihn angeflehet. Carolus V. habe ſich uͤber ſeiner Bitte hoͤchlich verwundert/ und ihn umb die Urſache gefra- get/ warumb er dem Kriege abdancken wolte? Worauff dieſer Hauptmann geantwortet: Inter vitæ negotia, & mortis diem oportere ſpatium intercedere. Zwiſchen des Lebens Verꝛichtungen/ und dem Tage des Todes/ muͤſſe man ein wenig raum haben oder Ruhe/ daß iſt/ man muͤſ- ſe ſich vor dem Tode entziehen allen Welt-Geſchaͤfften/ die vergangene Zeit/ wie man ſie angewendet/ behertzigen/ und auf die zukuͤnfftige Zeit ſich wohl geſchickt machen. Belli Bel- gici, De- cad. I. p. m. 18. Dieſe ſehr weißliche Rede/ hat der from̃e Kayſer/ nie- mahls e 3

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Zitationshilfe: Klepperbein, Vertraugott: Den Todt im Leben Und das Leben im Tode. Schlichtingsheim (Oder), 1693, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/359522/37>, abgerufen am 29.03.2024.