Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].

Bild:
<< vorherige Seite

Den sich selbst und die ihn hören
worden. Beständigkeit/ Beharrung machts aus. Dahero man solche
Leute/ die sich von Jugend auf des Guten befliessen/ und darinnen bestän-
dig fortfahren/ so/ daß sie auch im Alter nicht auffhören/ mit denen Bie-
nen vergleichet/ 15) welche/ ob sie wohl alt worden/ dennoch noch immer
Honig eintragen/ und nicht in Faulheit verfallen/ mit der Beyschrifft: Nec
vetustate pigrescit:
Sie wird auch im Alter nicht faul. Oder mit dem
Kamehl/ das unter seiner schweren Last immer fortgehet/ und weder durch
den beschwerlichen langwierigen Weg/ noch durch Wasser-Mangel und
Durst ermüdet. 16) Timotheus soll also auch nicht nachlassen oder müde
werden/ sondern beharren/ sowohl in sein selbst Wahrnehmung/ als der rei-
nen Lehre Fortpflantzung; Denn in beyden bestehet eines rechtschaffenen
Lehrers sein Gewissen und seiner Zuhörer Wohlfahrt/ da/ wo eins von
andern wancket/ nichts anders als der Höchste Schade daraus erwachsen
kan.

II. Nun verheißet denn der Apostel eine liebliche Frucht für seine
Bemühung: so wirst du dich selbst seelig machen/ und die dich hören.
Da sonsten das hier stehende Griechische Wort sozein 17.) sowohl die leibli-
che als geistliche Erhaltung bedeutet/ wird man sich leicht bescheiden/ daß hier
nicht das leibliche/ sondern das bessere und ewige zu verstehen.

Wie Paulus vorher 1. Tim. l, 15. es gebraucht/ das ist je gewißlich wahr/

und
15) Picinell. Mund. Symbol. l. 8. §. 45. p m.
16) Scaligeri Exercit. 209. n. 2. Vid. Gesnerum de Quadrup. Viviparum l. 1. p. m.
165.
17.) Sozein non tantum servare, salvare, sed & liberare significat, praesertim cum
Praepositione
apo vel ek vid. Er. Schmid. Not. pag. 22. Ridicule satis
Cornelius a Lapide ad Philip. 3. 20. pag. m. 60. post verba, salvare est proprie
remanissam aut perditam recuperare, scribit, unde Graecum
sozein deducitur
apo tou sos se son. Ut dicere sozose idem sit quod te tibi reddo atque resti-
tuo. Sic Christus dicitur
Soter, quia nos nobis puta primaevae nostrae inte-
gritati spei saluti & felicitati restituit. Bene res se haberet fi
sozein per O,
sozein scriberetur, ast cum per o scribatur sozein bonus Corn. a Lapide fallit
& fallitur.

Den ſich ſelbſt und die ihn hoͤren
worden. Beſtaͤndigkeit/ Beharrung machts aus. Dahero man ſolche
Leute/ die ſich von Jugend auf des Guten beflieſſen/ und darinnen beſtaͤn-
dig fortfahren/ ſo/ daß ſie auch im Alter nicht auffhoͤren/ mit denen Bie-
nen vergleichet/ 15) welche/ ob ſie wohl alt worden/ dennoch noch immer
Honig eintragen/ und nicht in Faulheit verfallen/ mit der Beyſchrifft: Nec
vetuſtate pigreſcit:
Sie wird auch im Alter nicht faul. Oder mit dem
Kamehl/ das unter ſeiner ſchweren Laſt immer fortgehet/ und weder durch
den beſchwerlichen langwierigen Weg/ noch durch Waſſer-Mangel und
Durſt ermuͤdet. 16) Timotheus ſoll alſo auch nicht nachlaſſen oder muͤde
werden/ ſondern beharren/ ſowohl in ſein ſelbſt Wahrnehmung/ als der rei-
nen Lehre Fortpflantzung; Denn in beyden beſtehet eines rechtſchaffenen
Lehrers ſein Gewiſſen und ſeiner Zuhoͤrer Wohlfahrt/ da/ wo eins von
andern wancket/ nichts anders als der Hoͤchſte Schade daraus erwachſen
kan.

II. Nun verheißet denn der Apoſtel eine liebliche Frucht fuͤr ſeine
Bemuͤhung: ſo wirſt du dich ſelbſt ſeelig machen/ und die dich hoͤren.
Da ſonſten das hier ſtehende Griechiſche Wort σώζειν 17.) ſowohl die leibli-
che als geiſtliche Erhaltung bedeutet/ wird man ſich leicht beſcheiden/ daß hier
nicht das leibliche/ ſondern das beſſere und ewige zu verſtehen.

Wie Paulus vorher 1. Tim. l, 15. es gebraucht/ das iſt je gewißlich wahr/

und
15) Picinell. Mund. Symbol. l. 8. §. 45. p m.
16) Scaligeri Exercit. 209. n. 2. Vid. Geſnerum de Quadrup. Viviparum l. 1. p. m.
165.
17.) Σώζειν non tantum ſervare, ſalvare, ſed & liberare ſignificat, præſertim cum
Præpoſitione
ἀπο vel ἐκ vid. Er. Schmid. Not. pag. 22. Ridicule ſatis
Cornelius a Lapide ad Philip. 3. 20. pag. m. 60. poſt verba, ſalvare eſt proprie
remaniſſam aut perditam recuperare, ſcribit, unde Græcum
σωζειν deducitur
ἀπὸ τοῦ σὸς σὴ σὸν. Ut dicere σώζωσε idem ſit quod te tibi reddo atque reſti-
tuo. Sic Chriſtus dicitur
Σωτὴρ, quia nos nobis puta primævæ noſtræ inte-
gritati ſpei ſaluti & felicitati reſtituit. Bene res ſe haberet fi
σώζειν per O,
σόζειν ſcriberetur, aſt cum per ω ſcribatur σώζειν bonus Corn. a Lapide fallit
& fallitur.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsExordium" n="2">
          <p><pb facs="#f0016" n="14"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Den &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und die ihn ho&#x0364;ren</hi></fw><lb/>
worden. Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit/ Beharrung machts aus. Dahero man &#x017F;olche<lb/>
Leute/ die &#x017F;ich von Jugend auf des Guten beflie&#x017F;&#x017F;en/ und darinnen be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig fortfahren/ &#x017F;o/ daß &#x017F;ie auch im Alter nicht auffho&#x0364;ren/ mit denen Bie-<lb/>
nen vergleichet/ <note place="foot" n="15)"><hi rendition="#aq">Picinell. Mund. Symbol. l. 8. <hi rendition="#i">§.</hi> 45. p m.</hi></note> welche/ ob &#x017F;ie wohl alt worden/ dennoch noch immer<lb/>
Honig eintragen/ und nicht in Faulheit verfallen/ mit der Bey&#x017F;chrifft: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nec<lb/>
vetu&#x017F;tate pigre&#x017F;cit:</hi></hi> Sie wird auch im Alter nicht faul. Oder mit dem<lb/>
Kamehl/ das unter &#x017F;einer &#x017F;chweren La&#x017F;t immer fortgehet/ und weder durch<lb/>
den be&#x017F;chwerlichen langwierigen Weg/ noch durch Wa&#x017F;&#x017F;er-Mangel und<lb/>
Dur&#x017F;t ermu&#x0364;det. <note place="foot" n="16)"><hi rendition="#aq">Scaligeri Exercit. 209. n. 2. Vid. Ge&#x017F;nerum de Quadrup. Viviparum l. 1. p. m.</hi><lb/>
165.</note> Timotheus &#x017F;oll al&#x017F;o auch nicht nachla&#x017F;&#x017F;en oder mu&#x0364;de<lb/>
werden/ &#x017F;ondern beharren/ &#x017F;owohl in &#x017F;ein &#x017F;elb&#x017F;t Wahrnehmung/ als der rei-<lb/>
nen Lehre Fortpflantzung; Denn in beyden be&#x017F;tehet eines recht&#x017F;chaffenen<lb/>
Lehrers &#x017F;ein Gewi&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;einer Zuho&#x0364;rer Wohlfahrt/ da/ wo eins von<lb/>
andern wancket/ nichts anders als der Ho&#x0364;ch&#x017F;te Schade daraus erwach&#x017F;en<lb/>
kan.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">II.</hi></hi> Nun verheißet denn der Apo&#x017F;tel eine liebliche Frucht fu&#x0364;r &#x017F;eine<lb/>
Bemu&#x0364;hung: &#x017F;o wir&#x017F;t du dich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eelig machen/ und die dich ho&#x0364;ren.<lb/>
Da &#x017F;on&#x017F;ten das hier &#x017F;tehende Griechi&#x017F;che Wort &#x03C3;&#x03CE;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; <note place="foot" n="17.)">&#x03A3;&#x03CE;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; <hi rendition="#aq">non tantum &#x017F;ervare, &#x017F;alvare, &#x017F;ed &amp; liberare &#x017F;ignificat, præ&#x017F;ertim cum<lb/>
Præpo&#x017F;itione</hi> &#x1F00;&#x03C0;&#x03BF; <hi rendition="#aq">vel</hi> &#x1F10;&#x03BA; <hi rendition="#aq">vid. Er. Schmid. Not. pag. 22. Ridicule &#x017F;atis<lb/>
Cornelius a Lapide ad Philip. 3. 20. pag. m. 60. po&#x017F;t verba, &#x017F;alvare e&#x017F;t proprie<lb/>
remani&#x017F;&#x017F;am aut perditam recuperare, &#x017F;cribit, unde Græcum</hi> &#x03C3;&#x03C9;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; <hi rendition="#aq">deducitur</hi><lb/>
&#x1F00;&#x03C0;&#x1F78; &#x03C4;&#x03BF;&#x1FE6; &#x03C3;&#x1F78;&#x03C2; &#x03C3;&#x1F74; &#x03C3;&#x1F78;&#x03BD;. <hi rendition="#aq">Ut dicere</hi> &#x03C3;&#x03CE;&#x03B6;&#x03C9;&#x03C3;&#x03B5; <hi rendition="#aq">idem &#x017F;it quod te tibi reddo atque re&#x017F;ti-<lb/>
tuo. Sic Chri&#x017F;tus dicitur</hi> &#x03A3;&#x03C9;&#x03C4;&#x1F74;&#x03C1;, <hi rendition="#aq">quia nos nobis puta primævæ no&#x017F;træ inte-<lb/>
gritati &#x017F;pei &#x017F;aluti &amp; felicitati re&#x017F;tituit. Bene res &#x017F;e haberet fi</hi> &#x03C3;&#x03CE;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; <hi rendition="#aq">per O,</hi><lb/>
&#x03C3;&#x03CC;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; <hi rendition="#aq">&#x017F;criberetur, a&#x017F;t cum per</hi> &#x03C9; <hi rendition="#aq">&#x017F;cribatur</hi> &#x03C3;&#x03CE;&#x03B6;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD; <hi rendition="#aq">bonus Corn. a Lapide fallit<lb/>
&amp; fallitur.</hi></note> &#x017F;owohl die leibli-<lb/>
che als gei&#x017F;tliche Erhaltung bedeutet/ wird man &#x017F;ich leicht be&#x017F;cheiden/ daß hier<lb/>
nicht das leibliche/ &#x017F;ondern das be&#x017F;&#x017F;ere und ewige zu ver&#x017F;tehen.</p><lb/>
          <p>Wie Paulus vorher <hi rendition="#i">1. <hi rendition="#aq">Tim. l,</hi> 15.</hi> es gebraucht/ das i&#x017F;t je gewißlich wahr/<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0016] Den ſich ſelbſt und die ihn hoͤren worden. Beſtaͤndigkeit/ Beharrung machts aus. Dahero man ſolche Leute/ die ſich von Jugend auf des Guten beflieſſen/ und darinnen beſtaͤn- dig fortfahren/ ſo/ daß ſie auch im Alter nicht auffhoͤren/ mit denen Bie- nen vergleichet/ 15) welche/ ob ſie wohl alt worden/ dennoch noch immer Honig eintragen/ und nicht in Faulheit verfallen/ mit der Beyſchrifft: Nec vetuſtate pigreſcit: Sie wird auch im Alter nicht faul. Oder mit dem Kamehl/ das unter ſeiner ſchweren Laſt immer fortgehet/ und weder durch den beſchwerlichen langwierigen Weg/ noch durch Waſſer-Mangel und Durſt ermuͤdet. 16) Timotheus ſoll alſo auch nicht nachlaſſen oder muͤde werden/ ſondern beharren/ ſowohl in ſein ſelbſt Wahrnehmung/ als der rei- nen Lehre Fortpflantzung; Denn in beyden beſtehet eines rechtſchaffenen Lehrers ſein Gewiſſen und ſeiner Zuhoͤrer Wohlfahrt/ da/ wo eins von andern wancket/ nichts anders als der Hoͤchſte Schade daraus erwachſen kan. II. Nun verheißet denn der Apoſtel eine liebliche Frucht fuͤr ſeine Bemuͤhung: ſo wirſt du dich ſelbſt ſeelig machen/ und die dich hoͤren. Da ſonſten das hier ſtehende Griechiſche Wort σώζειν 17.) ſowohl die leibli- che als geiſtliche Erhaltung bedeutet/ wird man ſich leicht beſcheiden/ daß hier nicht das leibliche/ ſondern das beſſere und ewige zu verſtehen. Wie Paulus vorher 1. Tim. l, 15. es gebraucht/ das iſt je gewißlich wahr/ und 15) Picinell. Mund. Symbol. l. 8. §. 45. p m. 16) Scaligeri Exercit. 209. n. 2. Vid. Geſnerum de Quadrup. Viviparum l. 1. p. m. 165. 17.) Σώζειν non tantum ſervare, ſalvare, ſed & liberare ſignificat, præſertim cum Præpoſitione ἀπο vel ἐκ vid. Er. Schmid. Not. pag. 22. Ridicule ſatis Cornelius a Lapide ad Philip. 3. 20. pag. m. 60. poſt verba, ſalvare eſt proprie remaniſſam aut perditam recuperare, ſcribit, unde Græcum σωζειν deducitur ἀπὸ τοῦ σὸς σὴ σὸν. Ut dicere σώζωσε idem ſit quod te tibi reddo atque reſti- tuo. Sic Chriſtus dicitur Σωτὴρ, quia nos nobis puta primævæ noſtræ inte- gritati ſpei ſaluti & felicitati reſtituit. Bene res ſe haberet fi σώζειν per O, σόζειν ſcriberetur, aſt cum per ω ſcribatur σώζειν bonus Corn. a Lapide fallit & fallitur.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/360149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/360149/16
Zitationshilfe: Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/16>, abgerufen am 24.04.2024.