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Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].

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seelig zu machen bemühete Schul-Lehrer.
und ein theuer werthes Wort/ daß JEsus Christus kommen ist in die Welt
die Sünder seelig zu machen. Solches seelig machen wird in der H. Schrifft
bald schlechthin/ oder alleine/ bald mit dem Zusatz/ wovon angeführet. Wie
was das letztere anlanget/ der Engel sagte: Denn er wird sein Volck seelig
machen von ihren Sünden/ Matth. l, v. 21. Und der Sohn GOttes ehe
er noch Fleisch und Blut annahm/ Jch will sie erlösen aus der Höllen/ und
vom Tode erretten/ Hos. XIII, 14. Da also auch zugleich das Elend mit
angezeiget ist/ aus welchem der arme Mensch herausgerissen und erhalten
wird. Denn weil die Sünde den Menschen in das Elend und Verdamnis
hinein gestürtzet/ so muß freylich der Mensch von den Sünden befreyet/ und
aus der Gruben der Höllen heraus gezogen werden/ wo ihm soll geholffen/ er
errettet und seelig gemacht seyn; demnach dem Heiligen Geist gefallen/ denn
und wenn/ an diesem und jenem Orte das Elend und die Noth absonderlich
zu nennen. Weil aber solches Seeligmachen ein Werck des Erlösers JE-
su Christi ist/ so fragt man billig/ wie der Apostel dem Timotheo es zuschrei-
ben könne? Unter und bey denen Päpstischen Auslegern/ hat es eine und
die andere Erklärung herausgetrieben/ die mit der Warheit nicht überein-
stimmen. Estius schreibet über unserm Ort/ (18) Hier bemercke/ daß
der Apostel der droben gesagt: GOtt sey ein Heyland aller Menschen/
allermeist der Gläubigen/ es nunmehro dem Menschen zuschreibe/
daß er sich selbst und andere seelig mache/ nemlich daß wir sollen er-
kennen und verstehen lernen die Krafft des freyen Willens in dem
Menschen und die würckende Krafft. (19) Dahero auch in der
Schrifft vom Menschen gesaget wird/ daß er sich selbst oder seine See-
le heilige/ gerecht mache/ keusch mache/ reinige. Es mache sich aber
der Mensch seelig/ nicht daß er sich das ewige Leben gebe/ sondern
daß er dasselbige durch gute Wercke verdiene. Aber Gnade GOTT/
wo es auf die Kräffte des freyen Willens/ und auf Verdienst der Wercke an-
kommen soll. Was für Kräffte wir haben/ mag der Apostel ausreden:

Nicht
(18) Gvil. Estius Comment. in h. l. p. m. 799. b in sine.
(19) Verba ipsius propria: Nimirum ut intelligamus liberi arb itrii in homine fa-
cultatem & vim operatricem.

ſeelig zu machen bemuͤhete Schul-Lehrer.
und ein theuer werthes Wort/ daß JEſus Chriſtus kommen iſt in die Welt
die Suͤnder ſeelig zu machen. Solches ſeelig machen wird in der H. Schrifft
bald ſchlechthin/ oder alleine/ bald mit dem Zuſatz/ wovon angefuͤhret. Wie
was das letztere anlanget/ der Engel ſagte: Denn er wird ſein Volck ſeelig
machen von ihren Suͤnden/ Matth. l, v. 21. Und der Sohn GOttes ehe
er noch Fleiſch und Blut annahm/ Jch will ſie erloͤſen aus der Hoͤllen/ und
vom Tode erretten/ Hoſ. XIII, 14. Da alſo auch zugleich das Elend mit
angezeiget iſt/ aus welchem der arme Menſch herausgeriſſen und erhalten
wird. Denn weil die Suͤnde den Menſchen in das Elend und Verdamnis
hinein geſtuͤrtzet/ ſo muß freylich der Menſch von den Suͤnden befreyet/ und
aus der Gruben der Hoͤllen heraus gezogen werden/ wo ihm ſoll geholffen/ er
errettet und ſeelig gemacht ſeyn; demnach dem Heiligen Geiſt gefallen/ denn
und wenn/ an dieſem und jenem Orte das Elend und die Noth abſonderlich
zu nennen. Weil aber ſolches Seeligmachen ein Werck des Erloͤſers JE-
ſu Chriſti iſt/ ſo fragt man billig/ wie der Apoſtel dem Timotheo es zuſchrei-
ben koͤnne? Unter und bey denen Paͤpſtiſchen Auslegern/ hat es eine und
die andere Erklaͤrung herausgetrieben/ die mit der Warheit nicht uͤberein-
ſtimmen. Eſtius ſchreibet uͤber unſerm Ort/ (18) Hier bemercke/ daß
der Apoſtel der droben geſagt: GOtt ſey ein Heyland aller Menſchen/
allermeiſt der Glaͤubigen/ es nunmehro dem Menſchen zuſchreibe/
daß er ſich ſelbſt und andere ſeelig mache/ nemlich daß wir ſollen er-
kennen und verſtehen lernen die Krafft des freyen Willens in dem
Menſchen und die wuͤrckende Krafft. (19) Dahero auch in der
Schrifft vom Menſchen geſaget wird/ daß er ſich ſelbſt oder ſeine See-
le heilige/ gerecht mache/ keuſch mache/ reinige. Es mache ſich aber
der Menſch ſeelig/ nicht daß er ſich das ewige Leben gebe/ ſondern
daß er daſſelbige durch gute Wercke verdiene. Aber Gnade GOTT/
wo es auf die Kraͤffte des freyen Willens/ und auf Verdienſt der Wercke an-
kommen ſoll. Was fuͤr Kraͤffte wir haben/ mag der Apoſtel ausreden:

Nicht
(18) Gvil. Eſtius Comment. in h. l. p. m. 799. b in ſine.
(19) Verba ipſius propria: Nimirum ut intelligamus liberi arb itrii in homine fa-
cultatem & vim operatricem.
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[15/0017] ſeelig zu machen bemuͤhete Schul-Lehrer. und ein theuer werthes Wort/ daß JEſus Chriſtus kommen iſt in die Welt die Suͤnder ſeelig zu machen. Solches ſeelig machen wird in der H. Schrifft bald ſchlechthin/ oder alleine/ bald mit dem Zuſatz/ wovon angefuͤhret. Wie was das letztere anlanget/ der Engel ſagte: Denn er wird ſein Volck ſeelig machen von ihren Suͤnden/ Matth. l, v. 21. Und der Sohn GOttes ehe er noch Fleiſch und Blut annahm/ Jch will ſie erloͤſen aus der Hoͤllen/ und vom Tode erretten/ Hoſ. XIII, 14. Da alſo auch zugleich das Elend mit angezeiget iſt/ aus welchem der arme Menſch herausgeriſſen und erhalten wird. Denn weil die Suͤnde den Menſchen in das Elend und Verdamnis hinein geſtuͤrtzet/ ſo muß freylich der Menſch von den Suͤnden befreyet/ und aus der Gruben der Hoͤllen heraus gezogen werden/ wo ihm ſoll geholffen/ er errettet und ſeelig gemacht ſeyn; demnach dem Heiligen Geiſt gefallen/ denn und wenn/ an dieſem und jenem Orte das Elend und die Noth abſonderlich zu nennen. Weil aber ſolches Seeligmachen ein Werck des Erloͤſers JE- ſu Chriſti iſt/ ſo fragt man billig/ wie der Apoſtel dem Timotheo es zuſchrei- ben koͤnne? Unter und bey denen Paͤpſtiſchen Auslegern/ hat es eine und die andere Erklaͤrung herausgetrieben/ die mit der Warheit nicht uͤberein- ſtimmen. Eſtius ſchreibet uͤber unſerm Ort/ (18) Hier bemercke/ daß der Apoſtel der droben geſagt: GOtt ſey ein Heyland aller Menſchen/ allermeiſt der Glaͤubigen/ es nunmehro dem Menſchen zuſchreibe/ daß er ſich ſelbſt und andere ſeelig mache/ nemlich daß wir ſollen er- kennen und verſtehen lernen die Krafft des freyen Willens in dem Menſchen und die wuͤrckende Krafft. (19) Dahero auch in der Schrifft vom Menſchen geſaget wird/ daß er ſich ſelbſt oder ſeine See- le heilige/ gerecht mache/ keuſch mache/ reinige. Es mache ſich aber der Menſch ſeelig/ nicht daß er ſich das ewige Leben gebe/ ſondern daß er daſſelbige durch gute Wercke verdiene. Aber Gnade GOTT/ wo es auf die Kraͤffte des freyen Willens/ und auf Verdienſt der Wercke an- kommen ſoll. Was fuͤr Kraͤffte wir haben/ mag der Apoſtel ausreden: Nicht (18) Gvil. Eſtius Comment. in h. l. p. m. 799. b in ſine. (19) Verba ipſius propria: Nimirum ut intelligamus liberi arb itrii in homine fa- cultatem & vim operatricem.

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Zitationshilfe: Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/17>, abgerufen am 21.11.2024.