Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].

Bild:
<< vorherige Seite

Den sich selbst und die ihn hören
meine Brust/ mit Euch bitte ich um Vergebung der Sünden/ mit Euch
hoffe ich einen gnädigen versöhnten GOtt; Also hat Er auch seine unterge-
bene Jugend zur Erkäntnis ihres sündlichen Elends zu bringen sich eifrigst
lassen angelegen seyn. Er hatte sein Ambt kaum angetreten/ und solte nebst
seinen Herren Collegen mit der Studierenden Jugend sich des Heil. Abend-
mahls gebrauchen/ und vorher im Beichtstuhl erscheinen: Was thate der
liebe seelige Mann? Seine erste Arbeit bey der Zubereitung zur Busse/ war
ein Denck-Zettel/ darinnen wie auch in denen folgenden/ Er auf die Sün-
den gienge/ da Er nun das in öffentlichem Drucke thate/ kan man leichte
sein Hertz und Arbeit erkennen. Das Hertz und die Meynung war: Die
Jugend von den Sünden abzuhalten/ die Arbeit demnach dieselbe kräfftig
gnung vorstellig zu machen/ sowohl in der Erkäntniß als in der Vermeidung.

O daß die Jugend Jhm gefolget/ es sähe mit manches seinem Wolh-
stande beßer aus. Von der Seeligkeit kan ich itzt nicht sagen/ soll auch nicht
richten/ geschweige denn unzeitiger weise richten. Allein es bleibet doch da-
bey: Wer sich nicht erkennt ist verdorben. Sowohl der Krancke/ der es nicht
wissen will daß er kranck/ und also das Ubel allmählig lässet überhand nehmen
daß hernach kein Rath mehr ist/ sondern der Todt Ober-Hand behält; als
auch der Sünder/ der es nicht wissen noch erkennen will/ gebet dahin/ wie
Salomon im Sprüchen XXVIII, 13. Wer seine Missethat läugnet
dem wirds nicht gelingen. Und David bekennet/ daß es ihm nicht an-
ders würde gangen seyn/ der Anfang habe sich schon geäusert. Da ichs
wolte verschweigen/ verschmachteten mir meine Gebeine durch mein
täglich heulen/ denn deine Hand war Tag und Nacht schwer auf mir/
daß mein Safft vertrocknete/ wie es im Sommer dürre wird/ Se-
la. Darum bekenne ich dir meine Sünde/ und verheele meine Mis-
sethat nicht. Demnach wohl denen die Jhm gefolget/ da Er ihnen
das sündliche Elend vorgestellet/ sie zur Erkäntnis ihrer selbst/ nnd also zur
Seeligkeit zu lencken/ bemühet gewesen.

Sie/ Hochbekümmerte Frau Wittwe/ mit denen schmertzlich be-
trübten geliebten Kindern/ wolte ich lieber mit Stillschweigen übergehen/
denn mich deucht Sie sehe ohne dem mehr als zu traurig in dieses sündliche

Elend

Den ſich ſelbſt und die ihn hoͤren
meine Bruſt/ mit Euch bitte ich um Vergebung der Suͤnden/ mit Euch
hoffe ich einen gnaͤdigen verſoͤhnten GOtt; Alſo hat Er auch ſeine unterge-
bene Jugend zur Erkaͤntnis ihres ſuͤndlichen Elends zu bringen ſich eifrigſt
laſſen angelegen ſeyn. Er hatte ſein Ambt kaum angetreten/ und ſolte nebſt
ſeinen Herren Collegen mit der Studierenden Jugend ſich des Heil. Abend-
mahls gebrauchen/ und vorher im Beichtſtuhl erſcheinen: Was thate der
liebe ſeelige Mann? Seine erſte Arbeit bey der Zubereitung zur Buſſe/ war
ein Denck-Zettel/ darinnen wie auch in denen folgenden/ Er auf die Suͤn-
den gienge/ da Er nun das in oͤffentlichem Drucke thate/ kan man leichte
ſein Hertz und Arbeit erkennen. Das Hertz und die Meynung war: Die
Jugend von den Suͤnden abzuhalten/ die Arbeit demnach dieſelbe kraͤfftig
gnung vorſtellig zu machen/ ſowohl in der Erkaͤntniß als in der Vermeidung.

O daß die Jugend Jhm gefolget/ es ſaͤhe mit manches ſeinem Wolh-
ſtande beßer aus. Von der Seeligkeit kan ich itzt nicht ſagen/ ſoll auch nicht
richten/ geſchweige denn unzeitiger weiſe richten. Allein es bleibet doch da-
bey: Wer ſich nicht erkennt iſt verdorben. Sowohl der Krancke/ der es nicht
wiſſen will daß er kranck/ und alſo das Ubel allmaͤhlig laͤſſet uͤberhand nehmen
daß hernach kein Rath mehr iſt/ ſondern der Todt Ober-Hand behaͤlt; als
auch der Suͤnder/ der es nicht wiſſen noch erkennen will/ gebet dahin/ wie
Salomon im Spruͤchen XXVIII, 13. Wer ſeine Miſſethat laͤugnet
dem wirds nicht gelingen. Und David bekennet/ daß es ihm nicht an-
ders wuͤrde gangen ſeyn/ der Anfang habe ſich ſchon geaͤuſert. Da ichs
wolte verſchweigen/ verſchmachteten mir meine Gebeine durch mein
taͤglich heulen/ denn deine Hand war Tag und Nacht ſchwer auf mir/
daß mein Safft vertrocknete/ wie es im Sommer duͤrre wird/ Se-
la. Darum bekenne ich dir meine Suͤnde/ und verheele meine Miſ-
ſethat nicht. Demnach wohl denen die Jhm gefolget/ da Er ihnen
das ſuͤndliche Elend vorgeſtellet/ ſie zur Erkaͤntnis ihrer ſelbſt/ nnd alſo zur
Seeligkeit zu lencken/ bemuͤhet geweſen.

Sie/ Hochbekuͤmmerte Frau Wittwe/ mit denen ſchmertzlich be-
truͤbten geliebten Kindern/ wolte ich lieber mit Stillſchweigen uͤbergehen/
denn mich deucht Sie ſehe ohne dem mehr als zu traurig in dieſes ſuͤndliche

Elend
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <p><pb facs="#f0026" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Den &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und die ihn ho&#x0364;ren</hi></fw><lb/>
meine Bru&#x017F;t/ mit Euch bitte ich um Vergebung der Su&#x0364;nden/ mit Euch<lb/>
hoffe ich einen gna&#x0364;digen ver&#x017F;o&#x0364;hnten GOtt; Al&#x017F;o hat Er auch &#x017F;eine unterge-<lb/>
bene Jugend zur Erka&#x0364;ntnis ihres &#x017F;u&#x0364;ndlichen Elends zu bringen &#x017F;ich eifrig&#x017F;t<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en angelegen &#x017F;eyn. Er hatte &#x017F;ein Ambt kaum angetreten/ und &#x017F;olte neb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;einen Herren <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Collegen</hi></hi> mit der Studierenden Jugend &#x017F;ich des Heil. Abend-<lb/>
mahls gebrauchen/ und vorher im Beicht&#x017F;tuhl er&#x017F;cheinen: Was thate der<lb/>
liebe &#x017F;eelige Mann? Seine er&#x017F;te Arbeit bey der Zubereitung zur Bu&#x017F;&#x017F;e/ war<lb/>
ein Denck-Zettel/ darinnen wie auch in denen folgenden/ Er auf die Su&#x0364;n-<lb/>
den gienge/ da Er nun das in o&#x0364;ffentlichem Drucke thate/ kan man leichte<lb/>
&#x017F;ein Hertz und Arbeit erkennen. Das Hertz und die Meynung war: Die<lb/>
Jugend von den Su&#x0364;nden abzuhalten/ die Arbeit demnach die&#x017F;elbe kra&#x0364;fftig<lb/>
gnung vor&#x017F;tellig zu machen/ &#x017F;owohl in der Erka&#x0364;ntniß als in der Vermeidung.</p><lb/>
          <p>O daß die Jugend Jhm gefolget/ es &#x017F;a&#x0364;he mit manches &#x017F;einem Wolh-<lb/>
&#x017F;tande beßer aus. Von der Seeligkeit kan ich itzt nicht &#x017F;agen/ &#x017F;oll auch nicht<lb/>
richten/ ge&#x017F;chweige denn unzeitiger wei&#x017F;e richten. Allein es bleibet doch da-<lb/>
bey: Wer &#x017F;ich nicht erkennt i&#x017F;t verdorben. Sowohl der Krancke/ der es nicht<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en will daß er kranck/ und al&#x017F;o das Ubel allma&#x0364;hlig la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et u&#x0364;berhand nehmen<lb/>
daß hernach kein Rath mehr i&#x017F;t/ &#x017F;ondern der Todt Ober-Hand beha&#x0364;lt; als<lb/>
auch der Su&#x0364;nder/ der es nicht wi&#x017F;&#x017F;en noch erkennen will/ gebet dahin/ wie<lb/>
Salomon im Spru&#x0364;chen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">XXVIII,</hi> 13.</hi> Wer &#x017F;eine Mi&#x017F;&#x017F;ethat la&#x0364;ugnet<lb/>
dem wirds nicht gelingen. Und David bekennet/ daß es ihm nicht an-<lb/>
ders wu&#x0364;rde gangen &#x017F;eyn/ der Anfang habe &#x017F;ich &#x017F;chon gea&#x0364;u&#x017F;ert. Da ichs<lb/>
wolte ver&#x017F;chweigen/ ver&#x017F;chmachteten mir meine Gebeine durch mein<lb/>
ta&#x0364;glich heulen/ denn deine Hand war Tag und Nacht &#x017F;chwer auf mir/<lb/>
daß mein Safft vertrocknete/ wie es im Sommer du&#x0364;rre wird/ Se-<lb/>
la. Darum bekenne ich dir meine Su&#x0364;nde/ und verheele meine Mi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ethat nicht. Demnach wohl denen die Jhm gefolget/ da Er ihnen<lb/>
das &#x017F;u&#x0364;ndliche Elend vorge&#x017F;tellet/ &#x017F;ie zur Erka&#x0364;ntnis ihrer &#x017F;elb&#x017F;t/ nnd al&#x017F;o zur<lb/>
Seeligkeit zu lencken/ bemu&#x0364;het gewe&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Sie/ Hochbeku&#x0364;mmerte Frau Wittwe/ mit denen &#x017F;chmertzlich be-<lb/>
tru&#x0364;bten geliebten Kindern/ wolte ich lieber mit Still&#x017F;chweigen u&#x0364;bergehen/<lb/>
denn mich deucht Sie &#x017F;ehe ohne dem mehr als zu traurig in die&#x017F;es &#x017F;u&#x0364;ndliche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Elend</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0026] Den ſich ſelbſt und die ihn hoͤren meine Bruſt/ mit Euch bitte ich um Vergebung der Suͤnden/ mit Euch hoffe ich einen gnaͤdigen verſoͤhnten GOtt; Alſo hat Er auch ſeine unterge- bene Jugend zur Erkaͤntnis ihres ſuͤndlichen Elends zu bringen ſich eifrigſt laſſen angelegen ſeyn. Er hatte ſein Ambt kaum angetreten/ und ſolte nebſt ſeinen Herren Collegen mit der Studierenden Jugend ſich des Heil. Abend- mahls gebrauchen/ und vorher im Beichtſtuhl erſcheinen: Was thate der liebe ſeelige Mann? Seine erſte Arbeit bey der Zubereitung zur Buſſe/ war ein Denck-Zettel/ darinnen wie auch in denen folgenden/ Er auf die Suͤn- den gienge/ da Er nun das in oͤffentlichem Drucke thate/ kan man leichte ſein Hertz und Arbeit erkennen. Das Hertz und die Meynung war: Die Jugend von den Suͤnden abzuhalten/ die Arbeit demnach dieſelbe kraͤfftig gnung vorſtellig zu machen/ ſowohl in der Erkaͤntniß als in der Vermeidung. O daß die Jugend Jhm gefolget/ es ſaͤhe mit manches ſeinem Wolh- ſtande beßer aus. Von der Seeligkeit kan ich itzt nicht ſagen/ ſoll auch nicht richten/ geſchweige denn unzeitiger weiſe richten. Allein es bleibet doch da- bey: Wer ſich nicht erkennt iſt verdorben. Sowohl der Krancke/ der es nicht wiſſen will daß er kranck/ und alſo das Ubel allmaͤhlig laͤſſet uͤberhand nehmen daß hernach kein Rath mehr iſt/ ſondern der Todt Ober-Hand behaͤlt; als auch der Suͤnder/ der es nicht wiſſen noch erkennen will/ gebet dahin/ wie Salomon im Spruͤchen XXVIII, 13. Wer ſeine Miſſethat laͤugnet dem wirds nicht gelingen. Und David bekennet/ daß es ihm nicht an- ders wuͤrde gangen ſeyn/ der Anfang habe ſich ſchon geaͤuſert. Da ichs wolte verſchweigen/ verſchmachteten mir meine Gebeine durch mein taͤglich heulen/ denn deine Hand war Tag und Nacht ſchwer auf mir/ daß mein Safft vertrocknete/ wie es im Sommer duͤrre wird/ Se- la. Darum bekenne ich dir meine Suͤnde/ und verheele meine Miſ- ſethat nicht. Demnach wohl denen die Jhm gefolget/ da Er ihnen das ſuͤndliche Elend vorgeſtellet/ ſie zur Erkaͤntnis ihrer ſelbſt/ nnd alſo zur Seeligkeit zu lencken/ bemuͤhet geweſen. Sie/ Hochbekuͤmmerte Frau Wittwe/ mit denen ſchmertzlich be- truͤbten geliebten Kindern/ wolte ich lieber mit Stillſchweigen uͤbergehen/ denn mich deucht Sie ſehe ohne dem mehr als zu traurig in dieſes ſuͤndliche Elend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/360149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/360149/26
Zitationshilfe: Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712]. , S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360149/26>, abgerufen am 24.11.2024.