Posselt, August: I. N. J. Den sich selbst/ und die ihn hören/ seelig zu machen bemüheten Schul-Lehrer. Bautzen, [1712].seelig zu machen bemühete Schul-Lehrer. Elend/ mich bedeucht Sie mache sich ohne dem schon mehr als zu schwereGedancken über diesem Worte: Ob jemand sündiget. Hat mein Ge- liebter Ehe-Herr/ (heist es sonder Zweiffel/) gleich seine Sünden gnung er- kannt/ und in seinem Ambte mit denen Untergebenen gewissenhafftig gnug verfahren/ so habe doch Jch und meine Kinder/ und wir Leidtragende aller- seits/ uns theils an GOTT viel und schwer vergriffen/ theils diese unsere Sünden vielleicht nicht gnungsam erkannt/ bekannt/ und Gnade gesuchet/ so/ daß dahero der liebe GOtt im Zorne über unsere Sünden uns den lieben seeligen Ehe-Herrn und liebreichen Herrn Vater entrissen/ und zwar vor der Zeit/ da Er uns zu Trost und Freude noch länger hätte leben können/ le- ben sollen: Wir also so geschwinde zu Witwen und Waysen worden/ die wir aus dem Leben des seeligen Herrn noch Süßigkeit und Vergnügung/ noch Versorgung/ und sowohl eheliche als väterliche Liebe und Gewogen- heit hätten genießen sollen. Es ist dis freylich ein kümmerlicher Scrupel, den sich unser Fleisch und Blut/ zumahlen bey eingebildeten frühzeitigem Tode machet. Aber wir müssen nicht das Eingeben unsers verderbten Flei- sches und Blutes hören/ sondern das Wort GOttes. Das weiset ja/ daß nicht allein Fromme/ fondern auch den Frommen die Jhrigen sterben/ ja manchmahl ihrer Einbildung nach/ frühzeitig wegsterben. Heilige Leute werden auffgerafft/ und niemand achtet darauf/ denn die Gerech- ten werden weggerafft für dem Unglück/ und die richtig für sich ge- wandelt haben kommen zum Friede. Es. LVII, 2. So sterben ja auch denen Frommen die Jhrigen/ dem gerechten A- doch D
ſeelig zu machen bemuͤhete Schul-Lehrer. Elend/ mich bedeucht Sie mache ſich ohne dem ſchon mehr als zu ſchwereGedancken uͤber dieſem Worte: Ob jemand ſuͤndiget. Hat mein Ge- liebter Ehe-Herr/ (heiſt es ſonder Zweiffel/) gleich ſeine Suͤnden gnung er- kannt/ und in ſeinem Ambte mit denen Untergebenen gewiſſenhafftig gnug verfahren/ ſo habe doch Jch und meine Kinder/ und wir Leidtragende aller- ſeits/ uns theils an GOTT viel und ſchwer vergriffen/ theils dieſe unſere Suͤnden vielleicht nicht gnungſam erkannt/ bekannt/ und Gnade geſuchet/ ſo/ daß dahero der liebe GOtt im Zorne uͤber unſere Suͤnden uns den lieben ſeeligen Ehe-Herrn und liebreichen Herrn Vater entriſſen/ und zwar vor der Zeit/ da Er uns zu Troſt und Freude noch laͤnger haͤtte leben koͤnnen/ le- ben ſollen: Wir alſo ſo geſchwinde zu Witwen und Wayſen worden/ die wir aus dem Leben des ſeeligen Herrn noch Suͤßigkeit und Vergnuͤgung/ noch Verſorgung/ und ſowohl eheliche als vaͤterliche Liebe und Gewogen- heit haͤtten genießen ſollen. Es iſt dis freylich ein kuͤmmerlicher Scrupel, den ſich unſer Fleiſch und Blut/ zumahlen bey eingebildeten fruͤhzeitigem Tode machet. Aber wir muͤſſen nicht das Eingeben unſers verderbten Flei- ſches und Blutes hoͤren/ ſondern das Wort GOttes. Das weiſet ja/ daß nicht allein Fromme/ fondern auch den Frommen die Jhrigen ſterben/ ja manchmahl ihrer Einbildung nach/ fruͤhzeitig wegſterben. Heilige Leute werden auffgerafft/ und niemand achtet darauf/ denn die Gerech- ten werden weggerafft fuͤr dem Ungluͤck/ und die richtig fuͤr ſich ge- wandelt haben kommen zum Friede. Eſ. LVII, 2. So ſterben ja auch denen Frommen die Jhrigen/ dem gerechten A- doch D
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ſeelig zu machen bemuͤhete Schul-Lehrer.
Elend/ mich bedeucht Sie mache ſich ohne dem ſchon mehr als zu ſchwere
Gedancken uͤber dieſem Worte: Ob jemand ſuͤndiget. Hat mein Ge-
liebter Ehe-Herr/ (heiſt es ſonder Zweiffel/) gleich ſeine Suͤnden gnung er-
kannt/ und in ſeinem Ambte mit denen Untergebenen gewiſſenhafftig gnug
verfahren/ ſo habe doch Jch und meine Kinder/ und wir Leidtragende aller-
ſeits/ uns theils an GOTT viel und ſchwer vergriffen/ theils dieſe unſere
Suͤnden vielleicht nicht gnungſam erkannt/ bekannt/ und Gnade geſuchet/
ſo/ daß dahero der liebe GOtt im Zorne uͤber unſere Suͤnden uns den lieben
ſeeligen Ehe-Herrn und liebreichen Herrn Vater entriſſen/ und zwar vor
der Zeit/ da Er uns zu Troſt und Freude noch laͤnger haͤtte leben koͤnnen/ le-
ben ſollen: Wir alſo ſo geſchwinde zu Witwen und Wayſen worden/ die
wir aus dem Leben des ſeeligen Herrn noch Suͤßigkeit und Vergnuͤgung/
noch Verſorgung/ und ſowohl eheliche als vaͤterliche Liebe und Gewogen-
heit haͤtten genießen ſollen. Es iſt dis freylich ein kuͤmmerlicher Scrupel,
den ſich unſer Fleiſch und Blut/ zumahlen bey eingebildeten fruͤhzeitigem
Tode machet. Aber wir muͤſſen nicht das Eingeben unſers verderbten Flei-
ſches und Blutes hoͤren/ ſondern das Wort GOttes. Das weiſet ja/ daß
nicht allein Fromme/ fondern auch den Frommen die Jhrigen ſterben/ ja
manchmahl ihrer Einbildung nach/ fruͤhzeitig wegſterben. Heilige Leute
werden auffgerafft/ und niemand achtet darauf/ denn die Gerech-
ten werden weggerafft fuͤr dem Ungluͤck/ und die richtig fuͤr ſich ge-
wandelt haben kommen zum Friede. Eſ. LVII, 2.
So ſterben ja auch denen Frommen die Jhrigen/ dem gerechten A-
braham ſeine Sarah/ dem Ezechiel ſeiner Augen Luſt/ der Wittwen zu Nain
ihr Sohn/ etc. Und zwar der Einbildung nach viel zu fruͤhzeitig/ wie der
Meiſter des Buchs der Weißheit c. IV, 1. ſpricht: Der Gerechte/ ob er
gleich zu zeitlich ſtirbt/ alſo dem Jacob ſeine geliebte Rahel viel zu fruͤhzei-
tig/ dem Jacob ſein Sohn Joſeph/ der Uberredung nach: Als habe ihn
ein wildes Thier zerriſſen und gefreßen. Da nun hier keines/ welches etwa
um Gottloſigkeit willen waͤre dahingeriſſen worden/ denn ob ſie wohl nicht
ohne Suͤnden/ waren ſie doch nicht in groben unerkannten Suͤnden/ und
doch
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