Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Titus, Andrea: Glaube/ Liebe/ Hoffnung/ Gedult/ Als 4. Haupt-Tugenden Eines Christen. Schlichtingsheim, [1704].

Bild:
<< vorherige Seite

Abdanckungs-Rede.
rungen; in Anfechtungen inwendig und auswendig; in Sorg-
falt der mühsamen Kinder-Zucht; in grossem Kinder-Hertze-
leid/ in Kümmernüssen wegen Gesichtes-Blödigkeit/ Jhrem
Gemahl von GOtt zugeschickt; in ihren eignen Kranckheiten/
davon die Personalien einen mehreren Bericht ertheilet: Sie
war wie eine Rose mit so vielen Creutz-Dornen umbzingelt/
daß sie zum öfftern mit Hiob ihren erklärten Leich-Text zuwi-
derholen Ursach hatte: Wenn man meinen Jammer wäge/ und
all mein Leyden in eine Wag-Schale legte/ so würde es schwe-
rer seyn/ denn Sand am Meer.
Doch trug sie alles gantz ge-
dultig. Durch die Gedult überwand Sie viel tausend Ver-
drüßligkeiten/ die Jhr die gantze Lebens-Zeit zuhanden gestos-
sen. Durch die Gedult überwand Sie alles Ungemach/ allen
Kummer/ alles Hertzleid/ so in ihrem Ehestand Jhr begegnet;
ja durch Gedult überwand Sie ihre eigene Unpäßligkeit/ und
endlich selbst den unüberwindlichen Tod. Jn einer Müntze
des Kaysers Claudii sitzet die Constantia, oder Beständigkeit/
als eine herrliche Matron auf einem Felsen; in der einen Hand
hält Sie eine brennende Fackel/ in der andern etliche Korn-äh-
ren/ und wird damit gedeutet auf die beständige Sorgfalt ei-
nes Fürstens/ daß in seinem Lande gutte Zeit/ Wohlfarth und
Nahrung sein möge. Jch wolte es dißmal außlegen von der
Beständigkeit und Gedult einer frommen Christin: Durch die
Fackel verstehe ich Jhren unaußlöschlichen Ruhm; durch die
Korn-ähren den herrlichen Nutzen/ so Sie von der Gedult hat.
Denn wer mit duldet/ der wird auch mit herrschen. So ist nun
die Seel. Frau von Kreckwitzin/ als eine Heldenmüttige Uber-
winderin in den seeligen Freuden-Himmel eingegangen: Jhr
bitter-voller Creutz-Kelch ist in den allersüssesten Malvasier;
das finstre Welt-Egypten in das lieblichste Canaan/ das dro-
ben ist/ ja die schwartze Bahre selbst in einen Gold-gestückten

Ehren-

Abdanckungs-Rede.
rungen; in Anfechtungen inwendig und auswendig; in Sorg-
falt der muͤhſamen Kinder-Zucht; in groſſem Kinder-Hertze-
leid/ in Kuͤmmernuͤſſen wegen Geſichtes-Bloͤdigkeit/ Jhrem
Gemahl von GOtt zugeſchickt; in ihren eignen Kranckheiten/
davon die Perſonalien einen mehreren Bericht ertheilet: Sie
war wie eine Roſe mit ſo vielen Creutz-Dornen umbzingelt/
daß ſie zum oͤfftern mit Hiob ihren erklaͤrten Leich-Text zuwi-
derholen Urſach hatte: Weñ man meinen Jam̃er waͤge/ und
all mein Leyden in eine Wag-Schale legte/ ſo wuͤrde es ſchwe-
rer ſeyn/ denn Sand am Meer.
Doch trug ſie alles gantz ge-
dultig. Durch die Gedult uͤberwand Sie viel tauſend Ver-
druͤßligkeiten/ die Jhr die gantze Lebens-Zeit zuhanden geſtoſ-
ſen. Durch die Gedult uͤberwand Sie alles Ungemach/ allen
Kummer/ alles Hertzleid/ ſo in ihrem Eheſtand Jhr begegnet;
ja durch Gedult uͤberwand Sie ihre eigene Unpaͤßligkeit/ und
endlich ſelbſt den unuͤberwindlichen Tod. Jn einer Muͤntze
des Kayſers Claudii ſitzet die Conſtantia, oder Beſtaͤndigkeit/
als eine herꝛliche Matron auf einem Felſen; in der einen Hand
haͤlt Sie eine brennende Fackel/ in der andern etliche Korn-aͤh-
ren/ und wird damit gedeutet auf die beſtaͤndige Sorgfalt ei-
nes Fuͤrſtens/ daß in ſeinem Lande gutte Zeit/ Wohlfarth und
Nahrung ſein moͤge. Jch wolte es dißmal außlegen von der
Beſtaͤndigkeit und Gedult einer from̃en Chriſtin: Durch die
Fackel verſtehe ich Jhren unaußloͤſchlichen Ruhm; durch die
Korn-aͤhren den herꝛlichen Nutzen/ ſo Sie von der Gedult hat.
Deñ wer mit duldet/ der wird auch mit herrſchen. So iſt nun
die Seel. Frau von Kreckwitzin/ als eine Heldenmuͤttige Uber-
winderin in den ſeeligen Freuden-Himmel eingegangen: Jhr
bitter-voller Creutz-Kelch iſt in den allerſuͤſſeſten Malvaſier;
das finſtre Welt-Egypten in das lieblichſte Canaan/ das dro-
ben iſt/ ja die ſchwartze Bahre ſelbſt in einen Gold-geſtuͤckten

Ehren-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsThanks" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0018" n="18"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Abdanckungs-Rede.</hi></fw><lb/>
rungen; in Anfechtungen inwendig und auswendig; in Sorg-<lb/>
falt der mu&#x0364;h&#x017F;amen Kinder-Zucht; in gro&#x017F;&#x017F;em Kinder-Hertze-<lb/>
leid/ in Ku&#x0364;mmernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wegen Ge&#x017F;ichtes-Blo&#x0364;digkeit/ Jhrem<lb/>
Gemahl von GOtt zuge&#x017F;chickt; in ihren eignen Kranckheiten/<lb/>
davon die <hi rendition="#aq">Per&#x017F;onalien</hi> einen mehreren Bericht ertheilet: Sie<lb/>
war wie eine Ro&#x017F;e mit &#x017F;o vielen Creutz-Dornen umbzingelt/<lb/>
daß &#x017F;ie zum o&#x0364;fftern mit <hi rendition="#aq">Hiob</hi> ihren erkla&#x0364;rten Leich-<hi rendition="#aq">Text</hi> zuwi-<lb/>
derholen Ur&#x017F;ach hatte: <hi rendition="#fr">Wen&#x0303; man meinen Jam&#x0303;er wa&#x0364;ge/ und<lb/>
all mein Leyden in eine Wag-Schale legte/ &#x017F;o wu&#x0364;rde es &#x017F;chwe-<lb/>
rer &#x017F;eyn/ denn Sand am Meer.</hi> Doch trug &#x017F;ie alles gantz ge-<lb/>
dultig. Durch die Gedult u&#x0364;berwand Sie viel tau&#x017F;end Ver-<lb/>
dru&#x0364;ßligkeiten/ die Jhr die gantze Lebens-Zeit zuhanden ge&#x017F;to&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Durch die Gedult u&#x0364;berwand Sie alles Ungemach/ allen<lb/>
Kummer/ alles Hertzleid/ &#x017F;o in ihrem Ehe&#x017F;tand Jhr begegnet;<lb/>
ja durch Gedult u&#x0364;berwand Sie ihre eigene Unpa&#x0364;ßligkeit/ und<lb/>
endlich &#x017F;elb&#x017F;t den unu&#x0364;berwindlichen Tod. Jn einer Mu&#x0364;ntze<lb/>
des Kay&#x017F;ers <hi rendition="#aq">Claudii</hi> &#x017F;itzet die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Con&#x017F;tantia,</hi></hi> <hi rendition="#fr">oder Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit/</hi><lb/>
als eine her&#xA75B;liche <hi rendition="#aq">Matron</hi> auf einem Fel&#x017F;en; in der einen Hand<lb/>
ha&#x0364;lt Sie eine brennende Fackel/ in der andern etliche Korn-a&#x0364;h-<lb/>
ren/ und wird damit gedeutet auf die be&#x017F;ta&#x0364;ndige Sorgfalt ei-<lb/>
nes Fu&#x0364;r&#x017F;tens/ daß in &#x017F;einem Lande gutte Zeit/ Wohlfarth und<lb/>
Nahrung &#x017F;ein mo&#x0364;ge. Jch wolte es dißmal außlegen von der<lb/>
Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit und Gedult einer from&#x0303;en Chri&#x017F;tin: Durch die<lb/>
Fackel ver&#x017F;tehe ich Jhren unaußlo&#x0364;&#x017F;chlichen Ruhm; durch die<lb/>
Korn-a&#x0364;hren den her&#xA75B;lichen Nutzen/ &#x017F;o Sie von der Gedult hat.<lb/>
Den&#x0303; wer mit duldet/ der wird auch mit herr&#x017F;chen. So i&#x017F;t nun<lb/>
die Seel. Frau von Kreckwitzin/ als eine Heldenmu&#x0364;ttige Uber-<lb/>
winderin in den &#x017F;eeligen Freuden-Himmel eingegangen: Jhr<lb/>
bitter-voller Creutz-Kelch i&#x017F;t in den aller&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Malva&#x017F;ier;</hi><lb/>
das fin&#x017F;tre Welt-Egypten in das lieblich&#x017F;te Canaan/ das dro-<lb/>
ben i&#x017F;t/ ja die &#x017F;chwartze Bahre &#x017F;elb&#x017F;t in einen Gold-ge&#x017F;tu&#x0364;ckten<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Ehren-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0018] Abdanckungs-Rede. rungen; in Anfechtungen inwendig und auswendig; in Sorg- falt der muͤhſamen Kinder-Zucht; in groſſem Kinder-Hertze- leid/ in Kuͤmmernuͤſſen wegen Geſichtes-Bloͤdigkeit/ Jhrem Gemahl von GOtt zugeſchickt; in ihren eignen Kranckheiten/ davon die Perſonalien einen mehreren Bericht ertheilet: Sie war wie eine Roſe mit ſo vielen Creutz-Dornen umbzingelt/ daß ſie zum oͤfftern mit Hiob ihren erklaͤrten Leich-Text zuwi- derholen Urſach hatte: Weñ man meinen Jam̃er waͤge/ und all mein Leyden in eine Wag-Schale legte/ ſo wuͤrde es ſchwe- rer ſeyn/ denn Sand am Meer. Doch trug ſie alles gantz ge- dultig. Durch die Gedult uͤberwand Sie viel tauſend Ver- druͤßligkeiten/ die Jhr die gantze Lebens-Zeit zuhanden geſtoſ- ſen. Durch die Gedult uͤberwand Sie alles Ungemach/ allen Kummer/ alles Hertzleid/ ſo in ihrem Eheſtand Jhr begegnet; ja durch Gedult uͤberwand Sie ihre eigene Unpaͤßligkeit/ und endlich ſelbſt den unuͤberwindlichen Tod. Jn einer Muͤntze des Kayſers Claudii ſitzet die Conſtantia, oder Beſtaͤndigkeit/ als eine herꝛliche Matron auf einem Felſen; in der einen Hand haͤlt Sie eine brennende Fackel/ in der andern etliche Korn-aͤh- ren/ und wird damit gedeutet auf die beſtaͤndige Sorgfalt ei- nes Fuͤrſtens/ daß in ſeinem Lande gutte Zeit/ Wohlfarth und Nahrung ſein moͤge. Jch wolte es dißmal außlegen von der Beſtaͤndigkeit und Gedult einer from̃en Chriſtin: Durch die Fackel verſtehe ich Jhren unaußloͤſchlichen Ruhm; durch die Korn-aͤhren den herꝛlichen Nutzen/ ſo Sie von der Gedult hat. Deñ wer mit duldet/ der wird auch mit herrſchen. So iſt nun die Seel. Frau von Kreckwitzin/ als eine Heldenmuͤttige Uber- winderin in den ſeeligen Freuden-Himmel eingegangen: Jhr bitter-voller Creutz-Kelch iſt in den allerſuͤſſeſten Malvaſier; das finſtre Welt-Egypten in das lieblichſte Canaan/ das dro- ben iſt/ ja die ſchwartze Bahre ſelbſt in einen Gold-geſtuͤckten Ehren-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/392456
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/392456/18
Zitationshilfe: Titus, Andrea: Glaube/ Liebe/ Hoffnung/ Gedult/ Als 4. Haupt-Tugenden Eines Christen. Schlichtingsheim, [1704], S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392456/18>, abgerufen am 09.11.2024.