Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Titus, Andrea: Glaube/ Liebe/ Hoffnung/ Gedult/ Als 4. Haupt-Tugenden Eines Christen. Schlichtingsheim, [1704].

Bild:
<< vorherige Seite

Abdanckungs-Rede.
ge/ ihr Fuß stöst an oder gleitet/ sie fallen/ zerbrechen den
Tiegel/ und verschütten den Balsam. Was hülffts dann/
daß sie so einen köstlichen Balsam gehabt/ und denselben
auch eine zeitlang wohl verwahret haben/ so sie doch her-
nach drumb kommen? O wie leicht kan man fallen! Fleisch
und Blutt haben wir an uns/ wo wir gehen und stehen.
Die Welt weiß uns auch wol zu finden. Der Teuffel ist
auch keine tausend Meilen von dannen/ ja vielleicht näher/
denn wir meinen. Sehen wir uns nicht wohl für/ so kans
leichtlich geschehen/ daß wir straucheln/ vom Fleisch und
Blutt/ vom Teuffel und der Welt zu Fall gebracht wer-
den: Wo bleibt dann der Schatz? Wasser dämpffet Feu-
er und Tod-Sünde leschet den Glauben aus. Wer ein
schönes Kleinod im Kästlein verwahret hat/ der siehet auch
offt zu/ obs noch darinnen ist. So machs auch/ blicke
ins Hertz/ und siehe zu/ ob du eine Tod-Sünde began-
gen hast/ dadurch der Glaube verlohren sey. Merckest du
das/ so thue Busse. Durch die Busse glimmet der verlo-
schene und verlohrne Glaube wider an. Versäume auch
nicht die Mittel/ die zur Stärckung und Erhaltung des
Glaubens gehören. Paulus sagt: Der Glaube kommt
aus dem hören des Worts.
Das Wort GOttes ist
das Sämlein/ darauß der Glaube wächst. Das Wort
GOttes die Mutter/ der Glaube die Tochter. Es heist:
Wer die Tochter haben will/ der hält es mit der Mutter.
Das ist der rechte Glaube/ der mit beyden Händen hält
den gecreutzigten CHristum/ und spricht: Meinen Je-
SUM laß ich nicht:
Diß herrliche Kleinod war eben
befindlich in dem Gott-geheiligten Hertzen der Wol-See-
ligen Frauen von Kreckwitzin.
Jhr munteres Glau-

bens-
B

Abdanckungs-Rede.
ge/ ihr Fuß ſtoͤſt an oder gleitet/ ſie fallen/ zerbrechen den
Tiegel/ und verſchuͤtten den Balſam. Was huͤlffts dann/
daß ſie ſo einen koͤſtlichen Balſam gehabt/ und denſelben
auch eine zeitlang wohl verwahret haben/ ſo ſie doch her-
nach drumb kom̃en? O wie leicht kan man fallen! Fleiſch
und Blutt haben wir an uns/ wo wir gehen und ſtehen.
Die Welt weiß uns auch wol zu finden. Der Teuffel iſt
auch keine tauſend Meilen von dannen/ ja vielleicht naͤher/
denn wir meinen. Sehen wir uns nicht wohl fuͤr/ ſo kans
leichtlich geſchehen/ daß wir ſtraucheln/ vom Fleiſch und
Blutt/ vom Teuffel und der Welt zu Fall gebracht wer-
den: Wo bleibt dann der Schatz? Waſſer daͤmpffet Feu-
er und Tod-Suͤnde leſchet den Glauben aus. Wer ein
ſchoͤnes Kleinod im Kaͤſtlein verwahret hat/ der ſiehet auch
offt zu/ obs noch darinnen iſt. So machs auch/ blicke
ins Hertz/ und ſiehe zu/ ob du eine Tod-Suͤnde began-
gen haſt/ dadurch der Glaube verlohren ſey. Merckeſt du
das/ ſo thue Buſſe. Durch die Buſſe glimmet der verlo-
ſchene und verlohrne Glaube wider an. Verſaͤume auch
nicht die Mittel/ die zur Staͤrckung und Erhaltung des
Glaubens gehoͤren. Paulus ſagt: Der Glaube kom̃t
aus dem hoͤren des Worts.
Das Wort GOttes iſt
das Saͤmlein/ darauß der Glaube waͤchſt. Das Wort
GOttes die Mutter/ der Glaube die Tochter. Es heiſt:
Wer die Tochter haben will/ der haͤlt es mit der Mutter.
Das iſt der rechte Glaube/ der mit beyden Haͤnden haͤlt
den gecreutzigten CHriſtum/ und ſpricht: Meinen Je-
SUM laß ich nicht:
Diß herrliche Kleinod war eben
befindlich in dem Gott-geheiligten Hertzen der Wol-See-
ligen Frauen von Kreckwitzin.
Jhr munteres Glau-

bens-
B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsThanks" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0009" n="9"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#b">Abdanckungs-Rede.</hi></fw><lb/>
ge/ ihr Fuß &#x017F;to&#x0364;&#x017F;t an oder gleitet/ &#x017F;ie fallen/ zerbrechen den<lb/>
Tiegel/ und ver&#x017F;chu&#x0364;tten den Bal&#x017F;am. Was hu&#x0364;lffts dann/<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;o einen ko&#x0364;&#x017F;tlichen Bal&#x017F;am gehabt/ und den&#x017F;elben<lb/>
auch eine zeitlang wohl verwahret haben/ &#x017F;o &#x017F;ie doch her-<lb/>
nach drumb kom&#x0303;en? O wie leicht kan man fallen! Flei&#x017F;ch<lb/>
und Blutt haben wir an uns/ wo wir gehen und &#x017F;tehen.<lb/>
Die Welt weiß uns auch wol zu finden. Der Teuffel i&#x017F;t<lb/>
auch keine tau&#x017F;end Meilen von dannen/ ja vielleicht na&#x0364;her/<lb/>
denn wir meinen. Sehen wir uns nicht wohl fu&#x0364;r/ &#x017F;o kans<lb/>
leichtlich ge&#x017F;chehen/ daß wir &#x017F;traucheln/ vom Flei&#x017F;ch und<lb/>
Blutt/ vom Teuffel und der Welt zu Fall gebracht wer-<lb/>
den: Wo bleibt dann der Schatz? Wa&#x017F;&#x017F;er da&#x0364;mpffet Feu-<lb/>
er und Tod-Su&#x0364;nde le&#x017F;chet den Glauben aus. Wer ein<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nes Kleinod im Ka&#x0364;&#x017F;tlein verwahret hat/ der &#x017F;iehet auch<lb/>
offt zu/ obs noch darinnen i&#x017F;t. So machs auch/ blicke<lb/>
ins Hertz/ und &#x017F;iehe zu/ ob du eine Tod-Su&#x0364;nde began-<lb/>
gen ha&#x017F;t/ dadurch der Glaube verlohren &#x017F;ey. Mercke&#x017F;t du<lb/>
das/ &#x017F;o thue Bu&#x017F;&#x017F;e. Durch die Bu&#x017F;&#x017F;e glimmet der verlo-<lb/>
&#x017F;chene und verlohrne Glaube wider an. Ver&#x017F;a&#x0364;ume auch<lb/>
nicht die Mittel/ die zur Sta&#x0364;rckung und Erhaltung des<lb/>
Glaubens geho&#x0364;ren. <hi rendition="#aq">Paulus</hi> &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Der Glaube kom&#x0303;t<lb/>
aus dem ho&#x0364;ren des Worts.</hi> Das Wort GOttes i&#x017F;t<lb/>
das Sa&#x0364;mlein/ darauß der Glaube wa&#x0364;ch&#x017F;t. Das Wort<lb/>
GOttes die Mutter/ der Glaube die Tochter. Es hei&#x017F;t:<lb/>
Wer die Tochter haben will/ der ha&#x0364;lt es mit der Mutter.<lb/>
Das i&#x017F;t der rechte Glaube/ der mit beyden Ha&#x0364;nden ha&#x0364;lt<lb/>
den gecreutzigten CHri&#x017F;tum/ und &#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Meinen <hi rendition="#k">Je</hi>-<lb/>
SUM laß ich nicht:</hi> Diß herrliche Kleinod war eben<lb/>
befindlich in dem Gott-geheiligten Hertzen der <hi rendition="#fr">Wol-See-<lb/>
ligen Frauen von Kreckwitzin.</hi> Jhr munteres Glau-<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">B</fw><fw type="catch" place="bottom">bens-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0009] Abdanckungs-Rede. ge/ ihr Fuß ſtoͤſt an oder gleitet/ ſie fallen/ zerbrechen den Tiegel/ und verſchuͤtten den Balſam. Was huͤlffts dann/ daß ſie ſo einen koͤſtlichen Balſam gehabt/ und denſelben auch eine zeitlang wohl verwahret haben/ ſo ſie doch her- nach drumb kom̃en? O wie leicht kan man fallen! Fleiſch und Blutt haben wir an uns/ wo wir gehen und ſtehen. Die Welt weiß uns auch wol zu finden. Der Teuffel iſt auch keine tauſend Meilen von dannen/ ja vielleicht naͤher/ denn wir meinen. Sehen wir uns nicht wohl fuͤr/ ſo kans leichtlich geſchehen/ daß wir ſtraucheln/ vom Fleiſch und Blutt/ vom Teuffel und der Welt zu Fall gebracht wer- den: Wo bleibt dann der Schatz? Waſſer daͤmpffet Feu- er und Tod-Suͤnde leſchet den Glauben aus. Wer ein ſchoͤnes Kleinod im Kaͤſtlein verwahret hat/ der ſiehet auch offt zu/ obs noch darinnen iſt. So machs auch/ blicke ins Hertz/ und ſiehe zu/ ob du eine Tod-Suͤnde began- gen haſt/ dadurch der Glaube verlohren ſey. Merckeſt du das/ ſo thue Buſſe. Durch die Buſſe glimmet der verlo- ſchene und verlohrne Glaube wider an. Verſaͤume auch nicht die Mittel/ die zur Staͤrckung und Erhaltung des Glaubens gehoͤren. Paulus ſagt: Der Glaube kom̃t aus dem hoͤren des Worts. Das Wort GOttes iſt das Saͤmlein/ darauß der Glaube waͤchſt. Das Wort GOttes die Mutter/ der Glaube die Tochter. Es heiſt: Wer die Tochter haben will/ der haͤlt es mit der Mutter. Das iſt der rechte Glaube/ der mit beyden Haͤnden haͤlt den gecreutzigten CHriſtum/ und ſpricht: Meinen Je- SUM laß ich nicht: Diß herrliche Kleinod war eben befindlich in dem Gott-geheiligten Hertzen der Wol-See- ligen Frauen von Kreckwitzin. Jhr munteres Glau- bens- B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/392456
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/392456/9
Zitationshilfe: Titus, Andrea: Glaube/ Liebe/ Hoffnung/ Gedult/ Als 4. Haupt-Tugenden Eines Christen. Schlichtingsheim, [1704], S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392456/9>, abgerufen am 21.11.2024.