Hafenreffer, Matthias: Passional vnd Leuchpredigt. Tübingen, 1610.Passional vnd Leuchpredigt/ gestelt vnd verrichtet worden/ nahend zum Hertzentringen/ vnd täglich vor Augen schweben solle. Dann bedencke du Christliches Hertz/ was das für ein spatzir Wege muß geweßt sein/ welcher nicht allein zu vnver- schuldtem Tode führet/ sondern mit so vielen bitteren Thränen/ vnd vnzählichen Blutstropffen des ewigen Sohns Gottes besprenget war. Besihe den Creutz- träger Christum/ welcher an seinem gantzen Leib ver- wundet/ auff seinen frischen Wunden das vngehobel- te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff sein Dörnine Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anstos- set/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden- liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten gegeiselt/ vnd erbärmlich zugerichtet war/ wiewol er ein Heid/ mitleidenlich gesagt hat: Sehet welch ein Mensch. Aber nun ist sein Gestalt viel [v]erachter/ vnd sein Schmertz grösser worden: Deßwegen viel Gott- seelige Weiber mit Thränen vnd hertzlichem Weinen jhne begleitet haben. Dieser ist der Vorgänger/ welchem wir/ seinem Das
Paſſional vnd Leuchpredigt/ geſtelt vnd verꝛichtet woꝛden/ nahend zum Hertzentringen/ vnd taͤglich voꝛ Augen ſchweben ſolle. Dann bedencke du Chriſtliches Hertz/ was das fuͤr ein ſpatzir Wege muß geweßt ſein/ welcher nicht allein zu vnver- ſchuldtem Tode fuͤhret/ ſondern mit ſo vielen bitteren Thraͤnen/ vnd vnzaͤhlichen Blutstropffen des ewigen Sohns Gottes beſpꝛenget war. Beſihe den Creutz- traͤger Chriſtum/ welcher an ſeinem gantzen Leib ver- wundet/ auff ſeinen friſchen Wunden das vngehobel- te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff ſein Doͤꝛnine Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anſtoſ- ſet/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden- liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten gegeiſelt/ vnd erbaͤrmlich zugerichtet war/ wiewol er ein Heid/ mitleidenlich geſagt hat: Sehet welch ein Menſch. Aber nun iſt ſein Geſtalt viel [v]erachter/ vnd ſein Schmertz groͤſſer woꝛden: Deßwegen viel Gott- ſeelige Weiber mit Thraͤnen vnd hertzlichem Weinen jhne begleitet haben. Dieſer iſt der Voꝛgaͤnger/ welchem wir/ ſeinem Das
<TEI> <text> <body> <div type="fsSermon" n="1"> <div type="fsMainPart" n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0014" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Paſſional vnd Leuchpredigt/</hi></fw><lb/> geſtelt vnd verꝛichtet woꝛden/ nahend zum Hertzen<lb/> tringen/ vnd taͤglich voꝛ Augen ſchweben ſolle. Dann<lb/> bedencke du Chriſtliches Hertz/ was das fuͤr ein ſpatzir<lb/> Wege muß geweßt ſein/ welcher nicht allein zu vnver-<lb/> ſchuldtem Tode fuͤhret/ ſondern mit ſo vielen bitteren<lb/> Thraͤnen/ vnd vnzaͤhlichen Blutstropffen des ewigen<lb/> Sohns Gottes beſpꝛenget war. Beſihe den Creutz-<lb/> traͤger Chriſtum/ welcher an ſeinem gantzen Leib ver-<lb/> wundet/ auff ſeinen friſchen Wunden das vngehobel-<lb/> te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff ſein Doͤꝛnine<lb/> Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anſtoſ-<lb/> ſet/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden-<lb/> liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke<lb/> daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten<lb/> gegeiſelt/ vnd erbaͤrmlich zugerichtet war/ wiewol er<lb/> ein Heid/ mitleidenlich geſagt hat: Sehet welch ein<lb/> Menſch. Aber nun iſt ſein Geſtalt viel <supplied>v</supplied>erachter/ vnd<lb/> ſein Schmertz groͤſſer woꝛden: Deßwegen viel Gott-<lb/> ſeelige Weiber mit Thraͤnen vnd hertzlichem Weinen<lb/> jhne begleitet haben.</p><lb/> <p>Dieſer iſt der Voꝛgaͤnger/ welchem wir/ ſeinem<lb/> Bevelch nach/ zuvolgen haben. Dann ſo ſpricht er<lb/><note place="left">Matth. 16. 24.</note>zu ſeinen Juͤngern: Wil mir jemand nachvolgen/ der<lb/> verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme ſein Creutz auff ſich<lb/><note place="left">Matth. 10. 37.</note>vnd volge mir. Vnd widerumb: Wer nicht ſein<lb/> Creutz auff ſich nimpt vnd folget mir nach/ der iſt mein<lb/><note place="left">Luc. 9. 23.</note>nicht werth. Vnd abermal ſpꝛicht er zu allen: Wer<lb/> mir volgen wil/ der verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme<lb/> ſein Creutz auff ſich taͤglich/ vnd volge mir nach.<lb/> Dann welch ein fauler Knecht muͤßte das ſein/ welcher<lb/> ſeinen HErꝛn/ ſeinetwegen einen groſſen Laſt tragen<lb/> ſehe/ vnd er allerdings ledig vnd frey wandlen wolte.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0014]
Paſſional vnd Leuchpredigt/
geſtelt vnd verꝛichtet woꝛden/ nahend zum Hertzen
tringen/ vnd taͤglich voꝛ Augen ſchweben ſolle. Dann
bedencke du Chriſtliches Hertz/ was das fuͤr ein ſpatzir
Wege muß geweßt ſein/ welcher nicht allein zu vnver-
ſchuldtem Tode fuͤhret/ ſondern mit ſo vielen bitteren
Thraͤnen/ vnd vnzaͤhlichen Blutstropffen des ewigen
Sohns Gottes beſpꝛenget war. Beſihe den Creutz-
traͤger Chriſtum/ welcher an ſeinem gantzen Leib ver-
wundet/ auff ſeinen friſchen Wunden das vngehobel-
te Creutz ligen hat. Gib Achtung auff ſein Doͤꝛnine
Cron/ an welches das Creutz jetzt hie/ dann dort anſtoſ-
ſet/ vnd alle Tritt vnd Augenblick/ newe vnd vnleiden-
liche Schmertzen vnd Wunden machet. Gedencke
daran/ was Pilatus/ als er von den Kriegsknechten
gegeiſelt/ vnd erbaͤrmlich zugerichtet war/ wiewol er
ein Heid/ mitleidenlich geſagt hat: Sehet welch ein
Menſch. Aber nun iſt ſein Geſtalt viel verachter/ vnd
ſein Schmertz groͤſſer woꝛden: Deßwegen viel Gott-
ſeelige Weiber mit Thraͤnen vnd hertzlichem Weinen
jhne begleitet haben.
Dieſer iſt der Voꝛgaͤnger/ welchem wir/ ſeinem
Bevelch nach/ zuvolgen haben. Dann ſo ſpricht er
zu ſeinen Juͤngern: Wil mir jemand nachvolgen/ der
verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme ſein Creutz auff ſich
vnd volge mir. Vnd widerumb: Wer nicht ſein
Creutz auff ſich nimpt vnd folget mir nach/ der iſt mein
nicht werth. Vnd abermal ſpꝛicht er zu allen: Wer
mir volgen wil/ der verlaͤugne ſich ſelbs/ vnd neme
ſein Creutz auff ſich taͤglich/ vnd volge mir nach.
Dann welch ein fauler Knecht muͤßte das ſein/ welcher
ſeinen HErꝛn/ ſeinetwegen einen groſſen Laſt tragen
ſehe/ vnd er allerdings ledig vnd frey wandlen wolte.
Das
Matth. 16. 24.
Matth. 10. 37.
Luc. 9. 23.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |