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Roth, Friedrich: Leichpredigt. Eisleben, 1585.

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Salomonis am dritten.

Wolte er nu denselben los haben/ so muste er seinen
jüngsten Son Benjamin/ den trost seines Alters/ mit
hinab in Egypten schicken.

Da er darauff die fröliche Botschafft empfehet/
Joseph lebete noch/ vnd kam hinab in Egypten/ wur-
de er zwar erfrewet vber dem anschawen seines allerlieb-
sten Sons Joseph/ der ein grosser ansehelicher vnd ge-
waltiger Herr worden war/ vnd sprach für frewden:
Jch wil nu gerne sterben/ nach dem ich dein Angesicht
gesehen habe/ das du noch lebest.

Wie er aber für Pharao gestellet/ vnd gefraget wird/
wie alt er sey/ gibt er zur antwort: Die zeit meiner Wal-
fart ist hundert vnd dreissig Jar/ wenig vnd böse ist die
zeit meines Lebens/ vnd langet nicht an die zeit meiner
Veter in jrer Walfart.

Endlichen so kömpt der Tod/ vnd machet jm den
garaus/ das er mus sterben.

Da sehet lieben Christen in des einigen Ertzuaters
kurtzer Legenda, was einem frommen Christen für
gross Creutz/ vnd vnglück die zeit seines Lebens kan be-
gegnen/ das der Christen leben nicht vnbillich eine qual
mag genennet werden. Denn Finis vnius mali est pa-
rasceue alterius.
Wenn ein vnglück aus ist/ so spinnet
sich jmmer ein anders an/ Vnd beut also ein Creutz vnd-
vnglück dem andern die Hand/ wie die Erfahrung be-
zeuget.

Ein jeder sehe nur sein eigen Leben an/ er sey jung
oder alt/ so wird er befinden/ das er mehr trawrigkeit
als frewde/ mehr böses denn gutes erfahren habe. Wie
denn auch/ vnser lieber seliger/ in Gott verstorbener
Landsherr/ kurtz verrückter zeit/ da er eine zeitlang/ in
seiner Stuben/ am Fenster gestanden/ vnd endlich mit

tieffem
Salomonis am dritten.

Wolte er nu denſelben los haben/ ſo muſte er ſeinen
juͤngſten Son Benjamin/ den troſt ſeines Alters/ mit
hinab in Egypten ſchicken.

Da er darauff die froͤliche Botſchafft empfehet/
Joſeph lebete noch/ vnd kam hinab in Egypten/ wur-
de er zwar erfrewet vber dem anſchawen ſeines allerlieb-
ſten Sons Joſeph/ der ein groſſer anſehelicher vnd ge-
waltiger Herr worden war/ vnd ſprach fuͤr frewden:
Jch wil nu gerne ſterben/ nach dem ich dein Angeſicht
geſehen habe/ das du noch lebeſt.

Wie er aber fuͤr Pharao geſtellet/ vnd gefraget wird/
wie alt er ſey/ gibt er zur antwort: Die zeit meiner Wal-
fart iſt hundert vnd dreiſſig Jar/ wenig vnd boͤſe iſt die
zeit meines Lebens/ vnd langet nicht an die zeit meiner
Veter in jrer Walfart.

Endlichen ſo koͤmpt der Tod/ vnd machet jm den
garaus/ das er mus ſterben.

Da ſehet lieben Chriſten in des einigen Ertzuaters
kurtzer Legenda, was einem frommen Chriſten fuͤr
groſs Creutz/ vnd vngluͤck die zeit ſeines Lebens kan be-
gegnen/ das der Chriſten leben nicht vnbillich eine qual
mag genennet werden. Denn Finis vnius mali eſt pa-
raſceue alterius.
Wenn ein vngluͤck aus iſt/ ſo ſpinnet
ſich jmmer ein anders an/ Vnd beut alſo ein Creutz vnd-
vngluͤck dem andern die Hand/ wie die Erfahrung be-
zeuget.

Ein jeder ſehe nur ſein eigen Leben an/ er ſey jung
oder alt/ ſo wird er befinden/ das er mehr trawrigkeit
als frewde/ mehr boͤſes denn gutes erfahren habe. Wie
denn auch/ vnſer lieber ſeliger/ in Gott verſtorbener
Landsherr/ kurtz verruͤckter zeit/ da er eine zeitlang/ in
ſeiner Stuben/ am Fenſter geſtanden/ vnd endlich mit

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[[23]/0023] Salomonis am dritten. Wolte er nu denſelben los haben/ ſo muſte er ſeinen juͤngſten Son Benjamin/ den troſt ſeines Alters/ mit hinab in Egypten ſchicken. Da er darauff die froͤliche Botſchafft empfehet/ Joſeph lebete noch/ vnd kam hinab in Egypten/ wur- de er zwar erfrewet vber dem anſchawen ſeines allerlieb- ſten Sons Joſeph/ der ein groſſer anſehelicher vnd ge- waltiger Herr worden war/ vnd ſprach fuͤr frewden: Jch wil nu gerne ſterben/ nach dem ich dein Angeſicht geſehen habe/ das du noch lebeſt. Wie er aber fuͤr Pharao geſtellet/ vnd gefraget wird/ wie alt er ſey/ gibt er zur antwort: Die zeit meiner Wal- fart iſt hundert vnd dreiſſig Jar/ wenig vnd boͤſe iſt die zeit meines Lebens/ vnd langet nicht an die zeit meiner Veter in jrer Walfart. Endlichen ſo koͤmpt der Tod/ vnd machet jm den garaus/ das er mus ſterben. Da ſehet lieben Chriſten in des einigen Ertzuaters kurtzer Legenda, was einem frommen Chriſten fuͤr groſs Creutz/ vnd vngluͤck die zeit ſeines Lebens kan be- gegnen/ das der Chriſten leben nicht vnbillich eine qual mag genennet werden. Denn Finis vnius mali eſt pa- raſceue alterius. Wenn ein vngluͤck aus iſt/ ſo ſpinnet ſich jmmer ein anders an/ Vnd beut alſo ein Creutz vnd- vngluͤck dem andern die Hand/ wie die Erfahrung be- zeuget. Ein jeder ſehe nur ſein eigen Leben an/ er ſey jung oder alt/ ſo wird er befinden/ das er mehr trawrigkeit als frewde/ mehr boͤſes denn gutes erfahren habe. Wie denn auch/ vnſer lieber ſeliger/ in Gott verſtorbener Landsherr/ kurtz verruͤckter zeit/ da er eine zeitlang/ in ſeiner Stuben/ am Fenſter geſtanden/ vnd endlich mit tieffem

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Zitationshilfe: Roth, Friedrich: Leichpredigt. Eisleben, 1585, S. [23]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/524295/23>, abgerufen am 29.04.2024.