Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.Andere, ich habe als ein Vater für sie zu sorgen, ich gebe Der liebevollen Aufsicht Bendel's entsprungen, durch- Ich weiß nicht, wie lange es so gedauert haben mochte, "Ich hatte mich auf den heutigen Tag angemeldet, Sie Ich stand noch wie im Schlafe da. -- "Auf den heutigen Andere, ich habe als ein Vater für ſie zu ſorgen, ich gebe Der liebevollen Aufſicht Bendel’s entſprungen, durch- Ich weiß nicht, wie lange es ſo gedauert haben mochte, »Ich hatte mich auf den heutigen Tag angemeldet, Sie Ich ſtand noch wie im Schlafe da. — »Auf den heutigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="38"/> Andere, ich habe als ein Vater für ſie zu ſorgen, ich gebe<lb/> Ihnen drei Tage Friſt, binnen welcher Sie ſich nach einem<lb/> Schatten umthun mögen; erſcheinen Sie binnen drei Tagen<lb/> vor mir mit einem wohlangepaßten Schatten, ſo ſollen Sie<lb/> mir willkommen ſein: am vierten Tage aber — das ſag’ ich<lb/> Ihnen — iſt meine Tochter die Frau eines Andern.« — Ich<lb/> wollte noch verſuchen, ein Wort an <hi rendition="#g">Mina</hi> zu richten, aber<lb/> ſie ſchloß ſich, heftiger ſchluchzend, feſter an ihre Mutter, und<lb/> dieſe winkte mir ſtillſchweigend, mich zu entfernen. Ich<lb/> ſchwankte hinweg, und mir war’s, als ſchlöſſe ſich hinter mir<lb/> die Welt zu.</p><lb/> <p>Der liebevollen Aufſicht <hi rendition="#g">Bendel’s</hi> entſprungen, durch-<lb/> ſchweifte ich in irrem Lauf Wälder und Fluren. Angſtſchweiß<lb/> troff von meiner Stirne, ein dumpfes Stöhnen entrang ſich<lb/> meiner Bruſt, in mir tobte Wahnſinn. —</p><lb/> <p>Ich weiß nicht, wie lange es ſo gedauert haben mochte,<lb/> als ich mich auf einer ſonnigen Heide beim Aermel anhalten<lb/> fühlte. — Ich ſtand ſtill und ſah mich um — — es war der<lb/> Mann im grauen Rock, der ſich nach mir außer Athem gelau-<lb/> fen zu haben ſchien. Er nahm ſogleich das Wort:</p><lb/> <p>»Ich hatte mich auf den heutigen Tag angemeldet, Sie<lb/> haben die Zeit nicht erwarten können. Es ſteht aber alles<lb/> noch gut, Sie nehmen Rath an, tauſchen Ihren Schatten<lb/> wieder ein, der Ihnen zu Gebote ſteht, und kehren ſogleich<lb/> wieder um. Sie ſollen in dem Förſtergarten willkommen ſein,<lb/> und Alles iſt nur ein Scherz geweſen; den <hi rendition="#g">Rascal</hi>, der<lb/> Sie verrathen hat und um ihre Braut wirbt, nehm’ ich auf<lb/> mich, der Kerl iſt reif.«</p><lb/> <p>Ich ſtand noch wie im Schlafe da. — »Auf den heutigen<lb/> Tag angemeldet —?« ich überdachte noch einmal die Zeit —<lb/> er hatte Recht, ich hatte mich ſtets um einen Tag verrechnet.<lb/> Ich ſuchte mit der rechten Hand nach dem Seckel auf meiner<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0056]
Andere, ich habe als ein Vater für ſie zu ſorgen, ich gebe
Ihnen drei Tage Friſt, binnen welcher Sie ſich nach einem
Schatten umthun mögen; erſcheinen Sie binnen drei Tagen
vor mir mit einem wohlangepaßten Schatten, ſo ſollen Sie
mir willkommen ſein: am vierten Tage aber — das ſag’ ich
Ihnen — iſt meine Tochter die Frau eines Andern.« — Ich
wollte noch verſuchen, ein Wort an Mina zu richten, aber
ſie ſchloß ſich, heftiger ſchluchzend, feſter an ihre Mutter, und
dieſe winkte mir ſtillſchweigend, mich zu entfernen. Ich
ſchwankte hinweg, und mir war’s, als ſchlöſſe ſich hinter mir
die Welt zu.
Der liebevollen Aufſicht Bendel’s entſprungen, durch-
ſchweifte ich in irrem Lauf Wälder und Fluren. Angſtſchweiß
troff von meiner Stirne, ein dumpfes Stöhnen entrang ſich
meiner Bruſt, in mir tobte Wahnſinn. —
Ich weiß nicht, wie lange es ſo gedauert haben mochte,
als ich mich auf einer ſonnigen Heide beim Aermel anhalten
fühlte. — Ich ſtand ſtill und ſah mich um — — es war der
Mann im grauen Rock, der ſich nach mir außer Athem gelau-
fen zu haben ſchien. Er nahm ſogleich das Wort:
»Ich hatte mich auf den heutigen Tag angemeldet, Sie
haben die Zeit nicht erwarten können. Es ſteht aber alles
noch gut, Sie nehmen Rath an, tauſchen Ihren Schatten
wieder ein, der Ihnen zu Gebote ſteht, und kehren ſogleich
wieder um. Sie ſollen in dem Förſtergarten willkommen ſein,
und Alles iſt nur ein Scherz geweſen; den Rascal, der
Sie verrathen hat und um ihre Braut wirbt, nehm’ ich auf
mich, der Kerl iſt reif.«
Ich ſtand noch wie im Schlafe da. — »Auf den heutigen
Tag angemeldet —?« ich überdachte noch einmal die Zeit —
er hatte Recht, ich hatte mich ſtets um einen Tag verrechnet.
Ich ſuchte mit der rechten Hand nach dem Seckel auf meiner
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