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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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Brust, -- er errieth meine Meinung, und trat zwei Schritte
zurück.

"Nein, Herr Graf, der ist in zu guten Händen, den be-
halten Sie." -- Ich sah ihn mit stieren Augen, verwundert
fragend an, er fuhr fort: "Ich erbitte mir blos eine Kleinig-
keit zum Andenken: Sie sind nur so gut, und unterschreiben
mir den Zettel da." -- Auf dem Pergament standen die
Worte:

"Kraft dieser meiner Unterschrift vermache ich dem In-
haber dieses meine Seele nach ihrer natürlichen Tren-
nung von meinem Leibe."

Ich sah mit stummem Staunen die Schrift und den grauen
Unbekannten abwechselnd an. -- Er hatte unterdessen mit
einer neu geschnittenen Feder einen Tropfen Bluts aufgefan-
gen, der mir aus einem frischen Dornenriß auf die Hand floß,
und hielt sie mir hin. --

"Wer sind Sie denn?" frug ich ihn endlich. "Was
thut's," gab er mir zur Antwort, "und sieht man es mir
nicht an? Ein armer Teufel, gleichsam so eine Art von Ge-
lehrten und Physikus, der von seinen Freunden für vortreff-
liche Künste schlechten Dank erntet, und für sich selber auf
Erden keinen andern Spaß hat, als sein Bißchen Experimen-
tiren -- aber unterschreiben Sie doch. Rechts, da unten.
Peter Schlemihl."

Ich schüttelte mit dem Kopf und sagte: "Verzeihen Sie,
mein Herr, das unterschreibe ich nicht." -- "Nicht?" wie-
derholte er verwundert, "und warum nicht?" --

"Es scheint mir doch gewissermaßen bedenklich, meine
Seele an meinen Schatten zu setzen." -- -- "So, so!" wie-
derholte er, "bedenklich," und er brach in ein lautes Geläch-
ter gegen mich aus. "Und, wenn ich fragen darf, was ist

Bruſt, — er errieth meine Meinung, und trat zwei Schritte
zurück.

»Nein, Herr Graf, der iſt in zu guten Händen, den be-
halten Sie.« — Ich ſah ihn mit ſtieren Augen, verwundert
fragend an, er fuhr fort: »Ich erbitte mir blos eine Kleinig-
keit zum Andenken: Sie ſind nur ſo gut, und unterſchreiben
mir den Zettel da.« — Auf dem Pergament ſtanden die
Worte:

»Kraft dieſer meiner Unterſchrift vermache ich dem In-
haber dieſes meine Seele nach ihrer natürlichen Tren-
nung von meinem Leibe.«

Ich ſah mit ſtummem Staunen die Schrift und den grauen
Unbekannten abwechſelnd an. — Er hatte unterdeſſen mit
einer neu geſchnittenen Feder einen Tropfen Bluts aufgefan-
gen, der mir aus einem friſchen Dornenriß auf die Hand floß,
und hielt ſie mir hin. —

»Wer ſind Sie denn?« frug ich ihn endlich. »Was
thut’s,« gab er mir zur Antwort, »und ſieht man es mir
nicht an? Ein armer Teufel, gleichſam ſo eine Art von Ge-
lehrten und Phyſikus, der von ſeinen Freunden für vortreff-
liche Künſte ſchlechten Dank erntet, und für ſich ſelber auf
Erden keinen andern Spaß hat, als ſein Bißchen Experimen-
tiren — aber unterſchreiben Sie doch. Rechts, da unten.
Peter Schlemihl

Ich ſchüttelte mit dem Kopf und ſagte: »Verzeihen Sie,
mein Herr, das unterſchreibe ich nicht.« — »Nicht?« wie-
derholte er verwundert, »und warum nicht?« —

»Es ſcheint mir doch gewiſſermaßen bedenklich, meine
Seele an meinen Schatten zu ſetzen.« — — »So, ſo!« wie-
derholte er, »bedenklich,« und er brach in ein lautes Geläch-
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[39/0057] Bruſt, — er errieth meine Meinung, und trat zwei Schritte zurück. »Nein, Herr Graf, der iſt in zu guten Händen, den be- halten Sie.« — Ich ſah ihn mit ſtieren Augen, verwundert fragend an, er fuhr fort: »Ich erbitte mir blos eine Kleinig- keit zum Andenken: Sie ſind nur ſo gut, und unterſchreiben mir den Zettel da.« — Auf dem Pergament ſtanden die Worte: »Kraft dieſer meiner Unterſchrift vermache ich dem In- haber dieſes meine Seele nach ihrer natürlichen Tren- nung von meinem Leibe.« Ich ſah mit ſtummem Staunen die Schrift und den grauen Unbekannten abwechſelnd an. — Er hatte unterdeſſen mit einer neu geſchnittenen Feder einen Tropfen Bluts aufgefan- gen, der mir aus einem friſchen Dornenriß auf die Hand floß, und hielt ſie mir hin. — »Wer ſind Sie denn?« frug ich ihn endlich. »Was thut’s,« gab er mir zur Antwort, »und ſieht man es mir nicht an? Ein armer Teufel, gleichſam ſo eine Art von Ge- lehrten und Phyſikus, der von ſeinen Freunden für vortreff- liche Künſte ſchlechten Dank erntet, und für ſich ſelber auf Erden keinen andern Spaß hat, als ſein Bißchen Experimen- tiren — aber unterſchreiben Sie doch. Rechts, da unten. Peter Schlemihl.« Ich ſchüttelte mit dem Kopf und ſagte: »Verzeihen Sie, mein Herr, das unterſchreibe ich nicht.« — »Nicht?« wie- derholte er verwundert, »und warum nicht?« — »Es ſcheint mir doch gewiſſermaßen bedenklich, meine Seele an meinen Schatten zu ſetzen.« — — »So, ſo!« wie- derholte er, »bedenklich,« und er brach in ein lautes Geläch- ter gegen mich aus. »Und, wenn ich fragen darf, was iſt

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/57>, abgerufen am 18.05.2024.