Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.wollte, den er mich wieder geltend zu machen verleitet hatte, Wir saßen einst vor einer Höhle, welche die Fremden, "Sie scheinen, mein Herr, zu vergessen, daß ich Ihnen "Sie können mich nicht leiden, mein Herr, Sie hassen wollte, den er mich wieder geltend zu machen verleitet hatte, Wir ſaßen einſt vor einer Höhle, welche die Fremden, »Sie ſcheinen, mein Herr, zu vergeſſen, daß ich Ihnen »Sie können mich nicht leiden, mein Herr, Sie haſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="62"/> wollte, den er mich wieder geltend zu machen verleitet hatte,<lb/> war nur ein Ausgang zu erſehen. Dieſes aber ſtand bei mir<lb/> feſt, nachdem ich meine Liebe hingeopfert, nachdem mir das<lb/> Leben verblaßt war, wollt’ ich meine Seele nicht, ſei es um<lb/> alle Schatten der Welt, dieſer Kreatur verſchreiben. Ich<lb/> wußte nicht, wie es enden ſollte.</p><lb/> <p>Wir ſaßen einſt vor einer Höhle, welche die Fremden,<lb/> die das Gebirg bereiſen, zu beſuchen pflegen. Man hört dort<lb/> das Gebrauſe unterirdiſcher Ströme aus ungemeſſener Tiefe<lb/> heraufſchallen, und kein Grund ſcheint den Stein, den man<lb/> hineinwirft, in ſeinem hallenden Fall aufzuhalten. Er malte<lb/> mir, wie er öfters that, mit verſchwenderiſcher Einbildungs-<lb/> kraft und im ſchimmernden Reize der glänzendſten Farben,<lb/> ſorgfältig ausgeführte Bilder von dem, was ich in der Welt,<lb/> kraft meines Seckels, ausführen würde, wenn ich erſt meinen<lb/> Schatten wieder in meiner Gewalt hätte. Die Ellenbogen<lb/> auf die Knie geſtützt, hielt ich mein Geſicht in meinen Händen<lb/> verborgen und hörte dem Falſchen zu, das Herz zwiefach ge-<lb/> theilt zwiſchen der Verführung und dem ſtrengen Willen in<lb/> mir. Ich konnte bei ſolchem innerlichen Zwieſpalt länger<lb/> nicht ausdauern, und begann den entſcheidenden Kampf:</p><lb/> <p>»Sie ſcheinen, mein Herr, zu vergeſſen, daß ich Ihnen<lb/> zwar erlaubt habe, unter gewiſſen Bedingungen in meiner<lb/> Begleitung zu bleiben, daß ich mir aber meine völlige Freiheit<lb/> vorbehalten habe.« — »Wenn Sie befehlen, ſo pack’ ich ein.«<lb/> Die Drohung war ihm geläufig. Ich ſchwieg; er ſetzte ſich<lb/> gleich daran, meinen Schatten wieder zuſammenzurollen. Ich<lb/> erblaßte, aber ich ließ es ſtumm geſchehen. Es erfolgte ein<lb/> langes Stillſchweigen. Er nahm zuerſt das Wort:</p><lb/> <p>»Sie können mich nicht leiden, mein Herr, Sie haſſen<lb/> mich, ich weiß es; doch warum haſſen Sie mich? Iſt es<lb/> etwa, weil Sie mich auf öffentlicher Straße angefallen, und<lb/> mir mein Vogelneſt mit Gewalt zu rauben gemeint? oder iſt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0080]
wollte, den er mich wieder geltend zu machen verleitet hatte,
war nur ein Ausgang zu erſehen. Dieſes aber ſtand bei mir
feſt, nachdem ich meine Liebe hingeopfert, nachdem mir das
Leben verblaßt war, wollt’ ich meine Seele nicht, ſei es um
alle Schatten der Welt, dieſer Kreatur verſchreiben. Ich
wußte nicht, wie es enden ſollte.
Wir ſaßen einſt vor einer Höhle, welche die Fremden,
die das Gebirg bereiſen, zu beſuchen pflegen. Man hört dort
das Gebrauſe unterirdiſcher Ströme aus ungemeſſener Tiefe
heraufſchallen, und kein Grund ſcheint den Stein, den man
hineinwirft, in ſeinem hallenden Fall aufzuhalten. Er malte
mir, wie er öfters that, mit verſchwenderiſcher Einbildungs-
kraft und im ſchimmernden Reize der glänzendſten Farben,
ſorgfältig ausgeführte Bilder von dem, was ich in der Welt,
kraft meines Seckels, ausführen würde, wenn ich erſt meinen
Schatten wieder in meiner Gewalt hätte. Die Ellenbogen
auf die Knie geſtützt, hielt ich mein Geſicht in meinen Händen
verborgen und hörte dem Falſchen zu, das Herz zwiefach ge-
theilt zwiſchen der Verführung und dem ſtrengen Willen in
mir. Ich konnte bei ſolchem innerlichen Zwieſpalt länger
nicht ausdauern, und begann den entſcheidenden Kampf:
»Sie ſcheinen, mein Herr, zu vergeſſen, daß ich Ihnen
zwar erlaubt habe, unter gewiſſen Bedingungen in meiner
Begleitung zu bleiben, daß ich mir aber meine völlige Freiheit
vorbehalten habe.« — »Wenn Sie befehlen, ſo pack’ ich ein.«
Die Drohung war ihm geläufig. Ich ſchwieg; er ſetzte ſich
gleich daran, meinen Schatten wieder zuſammenzurollen. Ich
erblaßte, aber ich ließ es ſtumm geſchehen. Es erfolgte ein
langes Stillſchweigen. Er nahm zuerſt das Wort:
»Sie können mich nicht leiden, mein Herr, Sie haſſen
mich, ich weiß es; doch warum haſſen Sie mich? Iſt es
etwa, weil Sie mich auf öffentlicher Straße angefallen, und
mir mein Vogelneſt mit Gewalt zu rauben gemeint? oder iſt
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