Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.es darum, daß Sie mein Gut, den Schatten, den Sie Ihrer es darum, daß Sie mein Gut, den Schatten, den Sie Ihrer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="63"/> es darum, daß Sie mein Gut, den Schatten, den Sie Ihrer<lb/> bloßen Ehrlichkeit anvertraut glaubten, mir diebiſcher Weiſe<lb/> zu entwenden geſucht haben? Ich meinerſeits haſſe Sie darum<lb/> nicht; ich finde ganz natürlich, daß Sie alle Ihre Vortheile,<lb/> Liſt und Gewalt geltend zu machen ſuchen; daß Sie übrigens<lb/> die allerſtrengſten Grundſätze haben und wie die Ehrlichkeit<lb/> ſelbſt denken, iſt eine Liebhaberei, wogegen ich auch nichts<lb/> habe. — Ich denke in der That nicht ſo ſtreng als Sie; ich<lb/> handle blos, wie Sie denken. Oder hab’ ich Ihnen etwa<lb/> irgend wann den Daumen auf die Gurgel gedrückt, um Ihre<lb/> wertheſte Seele, zu der ich einmal Luſt habe, an mich zu brin-<lb/> gen? Hab’ ich von wegen meines ausgetauſchten Seckels einen<lb/> Diener auf Sie losgelaſſen? hab’ ich Ihnen damit durchzu-<lb/> gehen verſucht?« Ich hatte dagegen nichts zu erwiedern; er<lb/> fuhr fort: »Schon recht, mein Herr, ſchon recht! Sie kön-<lb/> nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl, und ver-<lb/> arge es Ihnen weiter nicht. Wir müſſen ſcheiden, das iſt<lb/> klar, und auch Sie fangen an, mir ſehr langweilig vorzu-<lb/> kommen. Um ſich alſo meiner ferneren beſchämenden Gegen-<lb/> wart völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch einmal:<lb/> Kaufen Sie mir das Ding ab.« — Ich hielt ihm den Seckel<lb/> hin: »Um den Preis« — »Nein!« — Ich ſeufzte ſchwer auf<lb/> und nahm wieder das Wort: »Auch alſo. Ich dringe darauf,<lb/> mein Herr, laßt uns ſcheiden, vertreten Sie mir länger nicht<lb/> den Weg auf einer Welt, die hoffentlich geräumig genug iſt<lb/> für uns beide.« Er lächelte und erwiederte: »Ich gehe,<lb/> mein Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie Sie<lb/> mir klingeln können, wenn Sie je Verlangen nach Ihrem<lb/> unterthänigſten Knecht tragen ſollten: Sie brauchen nur<lb/> Ihren Seckel zu ſchütteln, daß die ewigen Goldſtücke darinnen<lb/> raſſeln, der Ton zieht mich augenblicklich an. Ein Jeder denkt<lb/> auf ſeinen Vortheil in dieſer Welt; Sie ſehen, daß ich auf<lb/> Ihren zugleich bedacht bin, denn ich eröffne Ihnen offenbar<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0081]
es darum, daß Sie mein Gut, den Schatten, den Sie Ihrer
bloßen Ehrlichkeit anvertraut glaubten, mir diebiſcher Weiſe
zu entwenden geſucht haben? Ich meinerſeits haſſe Sie darum
nicht; ich finde ganz natürlich, daß Sie alle Ihre Vortheile,
Liſt und Gewalt geltend zu machen ſuchen; daß Sie übrigens
die allerſtrengſten Grundſätze haben und wie die Ehrlichkeit
ſelbſt denken, iſt eine Liebhaberei, wogegen ich auch nichts
habe. — Ich denke in der That nicht ſo ſtreng als Sie; ich
handle blos, wie Sie denken. Oder hab’ ich Ihnen etwa
irgend wann den Daumen auf die Gurgel gedrückt, um Ihre
wertheſte Seele, zu der ich einmal Luſt habe, an mich zu brin-
gen? Hab’ ich von wegen meines ausgetauſchten Seckels einen
Diener auf Sie losgelaſſen? hab’ ich Ihnen damit durchzu-
gehen verſucht?« Ich hatte dagegen nichts zu erwiedern; er
fuhr fort: »Schon recht, mein Herr, ſchon recht! Sie kön-
nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl, und ver-
arge es Ihnen weiter nicht. Wir müſſen ſcheiden, das iſt
klar, und auch Sie fangen an, mir ſehr langweilig vorzu-
kommen. Um ſich alſo meiner ferneren beſchämenden Gegen-
wart völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch einmal:
Kaufen Sie mir das Ding ab.« — Ich hielt ihm den Seckel
hin: »Um den Preis« — »Nein!« — Ich ſeufzte ſchwer auf
und nahm wieder das Wort: »Auch alſo. Ich dringe darauf,
mein Herr, laßt uns ſcheiden, vertreten Sie mir länger nicht
den Weg auf einer Welt, die hoffentlich geräumig genug iſt
für uns beide.« Er lächelte und erwiederte: »Ich gehe,
mein Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie Sie
mir klingeln können, wenn Sie je Verlangen nach Ihrem
unterthänigſten Knecht tragen ſollten: Sie brauchen nur
Ihren Seckel zu ſchütteln, daß die ewigen Goldſtücke darinnen
raſſeln, der Ton zieht mich augenblicklich an. Ein Jeder denkt
auf ſeinen Vortheil in dieſer Welt; Sie ſehen, daß ich auf
Ihren zugleich bedacht bin, denn ich eröffne Ihnen offenbar
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