Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.GUARINI In deiner besten Zeit im Frühling deiner JahreSo liebliche Gestalt/ so wohlgemachten Leib/ Wenn du ihn vor der Zeit wilt bringen zu der Bahre/ Und man dir den Gebrauch der Kräffte weist umsunst? Könnt ich an deine statt erlangen Die Blüthe der belebten Wangen/ Ich suchte mir fürwahr weit andern Zeitvertreib. Ich wolte bald Adee den öden Wäldern geben/ Auf einer andern Jagt in Lust und Freude leben/ Im Schatten Sommers-Zeit/ im Winter beym Camin Die Jahre wohl beglückt und ruhig bringen hin. S. Dergleichen Rath hab ich niemahls gehört von dir/ Wie kommst du mir itzund so gar verändert für? L. Der Sinn verändert sich mit Zeit und Sachen. Wär ich als Silvio/ so wolt ichs sicher machen. S. Und ich/ an Linco statt gesetzt/ thät auch so viel: Als Silvio/ das Widerspiel. L. O junges Hertze voll von Unbedachtsamkeit/ Was suchest du ein Wild und mit Gefahr so weit/ Daß du doch näher kanst erlangen Mit weniger Gefahr und leichter Mühe fangen. S. Schertz oder Ernst? L. Ja Ernst. S. So nah? L. Als du dir bist. S. Wo ist der Ort? L. In dir: Da wohnt die Grausamkeit/ die dir das Hertze frist. S. Du kamst mir nicht umsonst voll Traum und Schlaffes für. L. Ein also schönes Bild/ ein solches Engel-Kind/ Mit welchem Ros' und Schwan nicht zu vergleichen sind/ Nach welchem unter uns die reichsten Schäffer trachten/ Und trachten ohne Frucht/ will dir der Götter Schluß Der Menschen Will und Gunst mit milden Händen schen- cken. Du kanst fie heute noch ohn Thränen und Verdruß/ (O Glücke/ dessen du nicht würdig bist zu achten!) In deinen Armen sehn; und du wilt dich bedencken/ Wilt dein Gelücke fliehn? soll ich nicht von dir sagen/ Du must ein stählern Hertz und wilde Sinnen tragen? S. Ists eine Grausamkeit in nichts verliebt zu seyn/ So
GUARINI In deiner beſten Zeit im Fruͤhling deiner JahreSo liebliche Geſtalt/ ſo wohlgemachten Leib/ Wenn du ihn vor der Zeit wilt bringen zu der Bahre/ Und man dir den Gebrauch der Kraͤffte weiſt umſunſt? Koͤnnt ich an deine ſtatt erlangen Die Bluͤthe der belebten Wangen/ Ich ſuchte mir fuͤrwahr weit andern Zeitvertreib. Ich wolte bald Adee den oͤden Waͤldern geben/ Auf einer andern Jagt in Luſt und Freude leben/ Im Schatten Sommers-Zeit/ im Winter beym Camin Die Jahre wohl begluͤckt und ruhig bringen hin. S. Dergleichen Rath hab ich niemahls gehoͤrt von dir/ Wie kommſt du mir itzund ſo gar veraͤndert fuͤr? L. Der Sinn veraͤndert ſich mit Zeit und Sachen. Waͤr ich als Silvio/ ſo wolt ichs ſicher machen. S. Und ich/ an Linco ſtatt geſetzt/ thaͤt auch ſo viel: Als Silvio/ das Widerſpiel. L. O junges Hertze voll von Unbedachtſamkeit/ Was ſucheſt du ein Wild und mit Gefahr ſo weit/ Daß du doch naͤher kanſt erlangen Mit weniger Gefahr und leichter Muͤhe fangen. S. Schertz oder Ernſt? L. Ja Ernſt. S. So nah? L. Als du dir biſt. S. Wo iſt der Ort? L. In dir: Da wohnt die Grauſamkeit/ die dir das Hertze friſt. S. Du kamſt mir nicht umſonſt voll Traum und Schlaffes fuͤr. L. Ein alſo ſchoͤnes Bild/ ein ſolches Engel-Kind/ Mit welchem Roſ’ und Schwan nicht zu vergleichen ſind/ Nach welchem unter uns die reichſten Schaͤffer trachten/ Und trachten ohne Frucht/ will dir der Goͤtter Schluß Der Menſchen Will und Gunſt mit milden Haͤnden ſchen- cken. Du kanſt fie heute noch ohn Thraͤnen und Verdruß/ (O Gluͤcke/ deſſen du nicht wuͤrdig biſt zu achten!) In deinen Armen ſehn; und du wilt dich bedencken/ Wilt dein Geluͤcke fliehn? ſoll ich nicht von dir ſagen/ Du muſt ein ſtaͤhlern Hertz und wilde Sinnen tragen? S. Iſts eine Grauſamkeit in nichts verliebt zu ſeyn/ So
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp> <p><pb facs="#f0114" n="14"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">GUARINI</hi></hi></fw><lb/> In deiner beſten Zeit im Fruͤhling deiner Jahre<lb/> So liebliche Geſtalt/ ſo wohlgemachten Leib/<lb/> Wenn du ihn vor der Zeit wilt bringen zu der Bahre/<lb/> Und man dir den Gebrauch der Kraͤffte weiſt umſunſt?<lb/> Koͤnnt ich an deine ſtatt erlangen<lb/> Die Bluͤthe der belebten Wangen/<lb/> Ich ſuchte mir fuͤrwahr weit andern Zeitvertreib.<lb/> Ich wolte bald Adee den oͤden Waͤldern geben/<lb/> Auf einer andern Jagt in Luſt und Freude leben/<lb/> Im Schatten Sommers-Zeit/ im Winter beym Camin<lb/> Die Jahre wohl begluͤckt und ruhig bringen hin.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>Dergleichen Rath hab ich niemahls gehoͤrt von dir/<lb/> Wie kommſt du mir itzund ſo gar veraͤndert fuͤr?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker> <p>Der Sinn veraͤndert ſich mit Zeit und Sachen.<lb/> Waͤr ich als Silvio/ ſo wolt ichs ſicher machen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>Und ich/ an Linco ſtatt geſetzt/ thaͤt auch ſo viel:<lb/> Als Silvio/ das Widerſpiel.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker> <p>O junges Hertze voll von Unbedachtſamkeit/<lb/> Was ſucheſt du ein Wild und mit Gefahr ſo weit/<lb/> Daß du doch naͤher kanſt erlangen<lb/> Mit weniger Gefahr und leichter Muͤhe fangen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>Schertz oder Ernſt?</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker> <p>Ja Ernſt.</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>So nah?</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker> <p>Als<lb/><hi rendition="#c">du dir biſt.</hi></p><lb/> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>Wo iſt der Ort?</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker> <p>In dir:<lb/> Da wohnt die Grauſamkeit/ die dir das Hertze friſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>Du kamſt mir nicht umſonſt voll Traum und Schlaffes fuͤr.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">L.</hi> </speaker> <p>Ein alſo ſchoͤnes Bild/ ein ſolches Engel-Kind/<lb/> Mit welchem Roſ’ und Schwan nicht zu vergleichen ſind/<lb/> Nach welchem unter uns die reichſten Schaͤffer trachten/<lb/> Und trachten ohne Frucht/ will dir der Goͤtter Schluß<lb/> Der Menſchen Will und Gunſt mit milden Haͤnden ſchen-<lb/><hi rendition="#c">cken.</hi><lb/> Du kanſt fie heute noch ohn Thraͤnen und Verdruß/<lb/> (O Gluͤcke/ deſſen du nicht wuͤrdig biſt zu achten!)<lb/> In deinen Armen ſehn; und du wilt dich bedencken/<lb/> Wilt dein Geluͤcke fliehn? ſoll ich nicht von dir ſagen/<lb/> Du muſt ein ſtaͤhlern Hertz und wilde Sinnen tragen?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker> <hi rendition="#fr">S.</hi> </speaker> <p>Iſts eine Grauſamkeit in nichts verliebt zu ſeyn/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0114]
GUARINI
In deiner beſten Zeit im Fruͤhling deiner Jahre
So liebliche Geſtalt/ ſo wohlgemachten Leib/
Wenn du ihn vor der Zeit wilt bringen zu der Bahre/
Und man dir den Gebrauch der Kraͤffte weiſt umſunſt?
Koͤnnt ich an deine ſtatt erlangen
Die Bluͤthe der belebten Wangen/
Ich ſuchte mir fuͤrwahr weit andern Zeitvertreib.
Ich wolte bald Adee den oͤden Waͤldern geben/
Auf einer andern Jagt in Luſt und Freude leben/
Im Schatten Sommers-Zeit/ im Winter beym Camin
Die Jahre wohl begluͤckt und ruhig bringen hin.
S. Dergleichen Rath hab ich niemahls gehoͤrt von dir/
Wie kommſt du mir itzund ſo gar veraͤndert fuͤr?
L. Der Sinn veraͤndert ſich mit Zeit und Sachen.
Waͤr ich als Silvio/ ſo wolt ichs ſicher machen.
S. Und ich/ an Linco ſtatt geſetzt/ thaͤt auch ſo viel:
Als Silvio/ das Widerſpiel.
L. O junges Hertze voll von Unbedachtſamkeit/
Was ſucheſt du ein Wild und mit Gefahr ſo weit/
Daß du doch naͤher kanſt erlangen
Mit weniger Gefahr und leichter Muͤhe fangen.
S. Schertz oder Ernſt?
L. Ja Ernſt.
S. So nah?
L. Als
du dir biſt.
S. Wo iſt der Ort?
L. In dir:
Da wohnt die Grauſamkeit/ die dir das Hertze friſt.
S. Du kamſt mir nicht umſonſt voll Traum und Schlaffes fuͤr.
L. Ein alſo ſchoͤnes Bild/ ein ſolches Engel-Kind/
Mit welchem Roſ’ und Schwan nicht zu vergleichen ſind/
Nach welchem unter uns die reichſten Schaͤffer trachten/
Und trachten ohne Frucht/ will dir der Goͤtter Schluß
Der Menſchen Will und Gunſt mit milden Haͤnden ſchen-
cken.
Du kanſt fie heute noch ohn Thraͤnen und Verdruß/
(O Gluͤcke/ deſſen du nicht wuͤrdig biſt zu achten!)
In deinen Armen ſehn; und du wilt dich bedencken/
Wilt dein Geluͤcke fliehn? ſoll ich nicht von dir ſagen/
Du muſt ein ſtaͤhlern Hertz und wilde Sinnen tragen?
S. Iſts eine Grauſamkeit in nichts verliebt zu ſeyn/
So
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDas Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |