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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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treuer Schäffer.
Sie lachten allesamt und lobten solchen Rath.
Kein Zeichen dorffte man zum Streite geben lassen/
Man sah sich die mit der/ und jen' ein andre fassen/
Man konte nehmen ein/ warum man sie nicht bat/
Biß diese/ die den Kampff zum ersten angetragen/
Auch ferner Ordnung gab/ und anfieng vorzuschlagen:
Daß die den schönsten Mund von ihrer Anzahl führte/
Derselben Richter auch des Spiels zu seyn gebührte.
Alle stimmten überein/
Amarillis solt es seyn/
Amarillis/ derer Zier
Ihnen allen gienge für.
Sie schlug mit Sittsamkeit die schönen Augen nieder/
Und weiste gleichen Schmuck der Sinnen/ wie der Glieder.
Die Rosen keuscher Scham bemahlten ihre Wangen/
So würdig als der Mund die Küsse zu empfangen.
E. Wie hat dein Glücke dich zu so gewünschter Zeit
Verhüllet in das Frauen-Kleid?
M. Es stieg auff ihren Thron die schöne Richterin/
Der Nimphen Schaar fand sich dem Looße nach dahin/
Beküßte mit Begier die edlen Zucker-Klippen/
Der Balsam-reichen Lippen.
Die Reihe traff mich auch. Ach! daß ich könt entdecken/
Was mich ihr zarter Mund vor Süßigkeit ließ schmecken.
Des Indianers Rohr/ Himettens Bienen-Safft/
Ist gegen diesem ohne Krafft.
E. O viel-beglückter Raub! O allzusüsser Kuß!
M. Ja süsse/ nicht vergnügt/ weil noch ermangeln muß
Zu recht vollkommner Lust das allerbeste Stücke:
Was Liebe gab/ kam nicht aus Liebe mir zurücke.
E. Wie war dir aber denn/ als du sie soltest küssen?
M. Ich fühlte meine Seel auff diese Lippen fliessen/
Und ihrem schönen Mund entgegen ziehn:
Ich gieng in halber Ohnmacht hin/
Weil meinen Gliedern war die Seel entgangen/
Ein neues Leben zu empfangen.
Die ernste Freundligkeit erschreckte meine Sinnen/
Als ihrer Sonnen Glantz mir in die Augen schien/
Die
treuer Schaͤffer.
Sie lachten alleſamt und lobten ſolchen Rath.
Kein Zeichen dorffte man zum Streite geben laſſen/
Man ſah ſich die mit der/ und jen’ ein andre faſſen/
Man konte nehmen ein/ warum man ſie nicht bat/
Biß dieſe/ die den Kampff zum erſten angetragen/
Auch ferner Ordnung gab/ und anfieng vorzuſchlagen:
Daß die den ſchoͤnſten Mund von ihrer Anzahl fuͤhrte/
Derſelben Richter auch des Spiels zu ſeyn gebuͤhrte.
Alle ſtimmten uͤberein/
Amarillis ſolt es ſeyn/
Amarillis/ derer Zier
Ihnen allen gienge fuͤr.
Sie ſchlug mit Sittſamkeit die ſchoͤnen Augen nieder/
Und weiſte gleichen Schmuck der Sinnen/ wie der Glieder.
Die Roſen keuſcher Scham bemahlten ihre Wangen/
So wuͤrdig als der Mund die Kuͤſſe zu empfangen.
E. Wie hat dein Gluͤcke dich zu ſo gewuͤnſchter Zeit
Verhuͤllet in das Frauen-Kleid?
M. Es ſtieg auff ihren Thron die ſchoͤne Richterin/
Der Nimphen Schaar fand ſich dem Looße nach dahin/
Bekuͤßte mit Begier die edlen Zucker-Klippen/
Der Balſam-reichen Lippen.
Die Reihe traff mich auch. Ach! daß ich koͤnt entdecken/
Was mich ihr zarter Mund vor Suͤßigkeit ließ ſchmecken.
Des Indianers Rohr/ Himettens Bienen-Safft/
Iſt gegen dieſem ohne Krafft.
E. O viel-begluͤckter Raub! O allzuſuͤſſer Kuß!
M. Ja ſuͤſſe/ nicht vergnuͤgt/ weil noch ermangeln muß
Zu recht vollkommner Luſt das allerbeſte Stuͤcke:
Was Liebe gab/ kam nicht aus Liebe mir zuruͤcke.
E. Wie war dir aber denn/ als du ſie ſolteſt kuͤſſen?
M. Ich fuͤhlte meine Seel auff dieſe Lippen flieſſen/
Und ihrem ſchoͤnen Mund entgegen ziehn:
Ich gieng in halber Ohnmacht hin/
Weil meinen Gliedern war die Seel entgangen/
Ein neues Leben zu empfangen.
Die ernſte Freundligkeit erſchreckte meine Sinnen/
Als ihrer Sonnen Glantz mir in die Augen ſchien/
Die
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[43/0143] treuer Schaͤffer. Sie lachten alleſamt und lobten ſolchen Rath. Kein Zeichen dorffte man zum Streite geben laſſen/ Man ſah ſich die mit der/ und jen’ ein andre faſſen/ Man konte nehmen ein/ warum man ſie nicht bat/ Biß dieſe/ die den Kampff zum erſten angetragen/ Auch ferner Ordnung gab/ und anfieng vorzuſchlagen: Daß die den ſchoͤnſten Mund von ihrer Anzahl fuͤhrte/ Derſelben Richter auch des Spiels zu ſeyn gebuͤhrte. Alle ſtimmten uͤberein/ Amarillis ſolt es ſeyn/ Amarillis/ derer Zier Ihnen allen gienge fuͤr. Sie ſchlug mit Sittſamkeit die ſchoͤnen Augen nieder/ Und weiſte gleichen Schmuck der Sinnen/ wie der Glieder. Die Roſen keuſcher Scham bemahlten ihre Wangen/ So wuͤrdig als der Mund die Kuͤſſe zu empfangen. E. Wie hat dein Gluͤcke dich zu ſo gewuͤnſchter Zeit Verhuͤllet in das Frauen-Kleid? M. Es ſtieg auff ihren Thron die ſchoͤne Richterin/ Der Nimphen Schaar fand ſich dem Looße nach dahin/ Bekuͤßte mit Begier die edlen Zucker-Klippen/ Der Balſam-reichen Lippen. Die Reihe traff mich auch. Ach! daß ich koͤnt entdecken/ Was mich ihr zarter Mund vor Suͤßigkeit ließ ſchmecken. Des Indianers Rohr/ Himettens Bienen-Safft/ Iſt gegen dieſem ohne Krafft. E. O viel-begluͤckter Raub! O allzuſuͤſſer Kuß! M. Ja ſuͤſſe/ nicht vergnuͤgt/ weil noch ermangeln muß Zu recht vollkommner Luſt das allerbeſte Stuͤcke: Was Liebe gab/ kam nicht aus Liebe mir zuruͤcke. E. Wie war dir aber denn/ als du ſie ſolteſt kuͤſſen? M. Ich fuͤhlte meine Seel auff dieſe Lippen flieſſen/ Und ihrem ſchoͤnen Mund entgegen ziehn: Ich gieng in halber Ohnmacht hin/ Weil meinen Gliedern war die Seel entgangen/ Ein neues Leben zu empfangen. Die ernſte Freundligkeit erſchreckte meine Sinnen/ Als ihrer Sonnen Glantz mir in die Augen ſchien/ Die

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/143>, abgerufen am 24.11.2024.