Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.ADONIS Blumen. Aber meine treue SinnenKönnen nie verändert seyn. Solte gleich die Erde brechen Und der Himmel sincken ein/ Würd ich doch mit Freuden sprechen Daß ich will beständig seyn. Ob mich Glück und Himmel hassen/ Bleibet doch die Seele rein; Müst ich Geist und Leben lassen/ Will ich doch beständig seyn. Wer will hinfort beständig bleiben/ Wenn alles voller Unbestand? Wer will in sein Gedächtnis schreiben Was andre zeichnen in den Sand? Was macht ein Celadon auff Erden/ Wenn jeder will ein Hylas werden? Was will man sich mit Treue plagen? Cupidens Flügel sind bekandt/ Die Venus hat von ihrem Wagen Vorlängst den alten Zug verbannt/ Für Schwan und Taube sieht man Raben Und Sperling' um die Deichsel draben. Ich kan ja die von Hertzen lieben/ Und jen' aus Pflicht und Höfligkeit/ Bey dieser mein Vergnügen üben/ Mit jener schliessen meine Zeit: An Ort und Art/ Gestalt und Stunden Ist unser Lieben nicht gebunden. So pflegt manch leichter Sinn zu sagen/ Der sich mit Schaden luftig macht/ Ver-
ADONIS Blumen. Aber meine treue SinnenKoͤnnen nie veraͤndert ſeyn. Solte gleich die Erde brechen Und der Himmel ſincken ein/ Wuͤrd ich doch mit Freuden ſprechen Daß ich will beſtaͤndig ſeyn. Ob mich Gluͤck und Himmel haſſen/ Bleibet doch die Seele rein; Muͤſt ich Geiſt und Leben laſſen/ Will ich doch beſtaͤndig ſeyn. Wer will hinfort beſtaͤndig bleiben/ Wenn alles voller Unbeſtand? Wer will in ſein Gedaͤchtnis ſchreiben Was andre zeichnen in den Sand? Was macht ein Celadon auff Erden/ Wenn jeder will ein Hylas werden? Was will man ſich mit Treue plagen? Cupidens Fluͤgel ſind bekandt/ Die Venus hat von ihrem Wagen Vorlaͤngſt den alten Zug verbannt/ Fuͤr Schwan und Taube ſieht man Raben Und Sperling’ um die Deichſel draben. Ich kan ja die von Hertzen lieben/ Und jen’ aus Pflicht und Hoͤfligkeit/ Bey dieſer mein Vergnuͤgen uͤben/ Mit jener ſchlieſſen meine Zeit: An Ort und Art/ Geſtalt und Stunden Iſt unſer Lieben nicht gebunden. So pflegt manch leichter Sinn zu ſagen/ Der ſich mit Schaden luftig macht/ Ver-
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ADONIS Blumen.
Aber meine treue Sinnen
Koͤnnen nie veraͤndert ſeyn.
Solte gleich die Erde brechen
Und der Himmel ſincken ein/
Wuͤrd ich doch mit Freuden ſprechen
Daß ich will beſtaͤndig ſeyn.
Ob mich Gluͤck und Himmel haſſen/
Bleibet doch die Seele rein;
Muͤſt ich Geiſt und Leben laſſen/
Will ich doch beſtaͤndig ſeyn.
Wer will hinfort beſtaͤndig bleiben/
Wenn alles voller Unbeſtand?
Wer will in ſein Gedaͤchtnis ſchreiben
Was andre zeichnen in den Sand?
Was macht ein Celadon auff Erden/
Wenn jeder will ein Hylas werden?
Was will man ſich mit Treue plagen?
Cupidens Fluͤgel ſind bekandt/
Die Venus hat von ihrem Wagen
Vorlaͤngſt den alten Zug verbannt/
Fuͤr Schwan und Taube ſieht man Raben
Und Sperling’ um die Deichſel draben.
Ich kan ja die von Hertzen lieben/
Und jen’ aus Pflicht und Hoͤfligkeit/
Bey dieſer mein Vergnuͤgen uͤben/
Mit jener ſchlieſſen meine Zeit:
An Ort und Art/ Geſtalt und Stunden
Iſt unſer Lieben nicht gebunden.
So pflegt manch leichter Sinn zu ſagen/
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