Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

Bild:
<< vorherige Seite

Jemand, um dessentwillen der Schurke gern Stadt
und Citadelle in die Luft sprengte. Jch zweifle nicht,
daß er selbst Pässe von unseren Generalen in der Tasche
trägt. Es liegt ihm gar zu viel daran, den einen drin-
nen zum Schweigen zu bringen."

-- Was müßte ich thun, wenn er mir noch einmal
begegnen sollte? --

"Eine Kugel ihm vor den Kopf, das wäre im
Grunde das beste. Nun wir einmal so weit sind, muß
alles heraus. Es ist auch eine Erleichterung, wenn
noch Jemand darum weiß. Kein Schloß in den Ar-
dennen kann abgelegener sein, und zu trüberen Gedan-
ken einladen, als wo mich das Fieber überfiel. Man
schickte mich nicht in's Lazareth; aber was mir an
Pflege dort zu gut kam, hat, was ich anhören mußte,
wieder schlimm gemacht. Sie hielten meinen Starr-
sinn für Tod. Der Kopf wurde schwindlig und ich
fühle noch Spuren des Paroxysmus, wo ich glaubte,
daß mich täglich der Teufel ankrallte. Jch habe hier
aufgeschrieben, um nicht zu vergessen, und es ist das
Kürzeste, ich lese es Dir im Zusammenhang vor --
nachher von dem Zufall, wie ich dazu gekommen --
und dann berathen wir, was zu thun. Du bist die
erste vernünftige Seele mit der ich über so etwas re-
den kann, aber ich fürchte, ich trage den Tod im Leibe
und überlebe es nicht lange. Wüßte der Bösewicht,

Jemand, um deſſentwillen der Schurke gern Stadt
und Citadelle in die Luft ſprengte. Jch zweifle nicht,
daß er ſelbſt Päſſe von unſeren Generalen in der Taſche
trägt. Es liegt ihm gar zu viel daran, den einen drin-
nen zum Schweigen zu bringen.“

— Was müßte ich thun, wenn er mir noch einmal
begegnen ſollte? —

„Eine Kugel ihm vor den Kopf, das wäre im
Grunde das beſte. Nun wir einmal ſo weit ſind, muß
alles heraus. Es iſt auch eine Erleichterung, wenn
noch Jemand darum weiß. Kein Schloß in den Ar-
dennen kann abgelegener ſein, und zu trüberen Gedan-
ken einladen, als wo mich das Fieber überfiel. Man
ſchickte mich nicht in’s Lazareth; aber was mir an
Pflege dort zu gut kam, hat, was ich anhören mußte,
wieder ſchlimm gemacht. Sie hielten meinen Starr-
ſinn für Tod. Der Kopf wurde ſchwindlig und ich
fühle noch Spuren des Paroxysmus, wo ich glaubte,
daß mich täglich der Teufel ankrallte. Jch habe hier
aufgeſchrieben, um nicht zu vergeſſen, und es iſt das
Kürzeſte, ich leſe es Dir im Zuſammenhang vor —
nachher von dem Zufall, wie ich dazu gekommen —
und dann berathen wir, was zu thun. Du biſt die
erſte vernünftige Seele mit der ich über ſo etwas re-
den kann, aber ich fürchte, ich trage den Tod im Leibe
und überlebe es nicht lange. Wüßte der Böſewicht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0016"/>
Jemand, um de&#x017F;&#x017F;entwillen der Schurke gern Stadt<lb/>
und Citadelle in die Luft &#x017F;prengte. Jch zweifle nicht,<lb/>
daß er &#x017F;elb&#x017F;t Pä&#x017F;&#x017F;e von un&#x017F;eren Generalen in der Ta&#x017F;che<lb/>
trägt. Es liegt ihm gar zu viel daran, den einen drin-<lb/>
nen zum Schweigen zu bringen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; Was müßte ich thun, wenn er mir noch einmal<lb/>
begegnen &#x017F;ollte? &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Eine Kugel ihm vor den Kopf, das wäre im<lb/>
Grunde das be&#x017F;te. Nun wir einmal &#x017F;o weit &#x017F;ind, muß<lb/>
alles heraus. Es i&#x017F;t auch eine Erleichterung, wenn<lb/>
noch Jemand darum weiß. Kein Schloß in den Ar-<lb/>
dennen kann abgelegener &#x017F;ein, und zu trüberen Gedan-<lb/>
ken einladen, als wo mich das Fieber überfiel. Man<lb/>
&#x017F;chickte mich nicht in&#x2019;s Lazareth; aber was mir an<lb/>
Pflege dort zu gut kam, hat, was ich anhören mußte,<lb/>
wieder &#x017F;chlimm gemacht. Sie hielten meinen Starr-<lb/>
&#x017F;inn für Tod. Der Kopf wurde &#x017F;chwindlig und ich<lb/>
fühle noch Spuren des Paroxysmus, wo ich glaubte,<lb/>
daß mich täglich der Teufel ankrallte. Jch habe hier<lb/>
aufge&#x017F;chrieben, um nicht zu verge&#x017F;&#x017F;en, und es i&#x017F;t das<lb/>
Kürze&#x017F;te, ich le&#x017F;e es Dir im Zu&#x017F;ammenhang vor &#x2014;<lb/>
nachher von dem Zufall, wie ich dazu gekommen &#x2014;<lb/>
und dann berathen wir, was zu thun. Du bi&#x017F;t die<lb/>
er&#x017F;te vernünftige Seele mit der ich über &#x017F;o etwas re-<lb/>
den kann, aber ich fürchte, ich trage den Tod im Leibe<lb/>
und überlebe es nicht lange. Wüßte der Bö&#x017F;ewicht,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] Jemand, um deſſentwillen der Schurke gern Stadt und Citadelle in die Luft ſprengte. Jch zweifle nicht, daß er ſelbſt Päſſe von unſeren Generalen in der Taſche trägt. Es liegt ihm gar zu viel daran, den einen drin- nen zum Schweigen zu bringen.“ — Was müßte ich thun, wenn er mir noch einmal begegnen ſollte? — „Eine Kugel ihm vor den Kopf, das wäre im Grunde das beſte. Nun wir einmal ſo weit ſind, muß alles heraus. Es iſt auch eine Erleichterung, wenn noch Jemand darum weiß. Kein Schloß in den Ar- dennen kann abgelegener ſein, und zu trüberen Gedan- ken einladen, als wo mich das Fieber überfiel. Man ſchickte mich nicht in’s Lazareth; aber was mir an Pflege dort zu gut kam, hat, was ich anhören mußte, wieder ſchlimm gemacht. Sie hielten meinen Starr- ſinn für Tod. Der Kopf wurde ſchwindlig und ich fühle noch Spuren des Paroxysmus, wo ich glaubte, daß mich täglich der Teufel ankrallte. Jch habe hier aufgeſchrieben, um nicht zu vergeſſen, und es iſt das Kürzeſte, ich leſe es Dir im Zuſammenhang vor — nachher von dem Zufall, wie ich dazu gekommen — und dann berathen wir, was zu thun. Du biſt die erſte vernünftige Seele mit der ich über ſo etwas re- den kann, aber ich fürchte, ich trage den Tod im Leibe und überlebe es nicht lange. Wüßte der Böſewicht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-07-16T12:57:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-07-16T12:57:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/16
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/16>, abgerufen am 21.11.2024.