Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

Bild:
<< vorherige Seite

daß ich als Zeuge gegen ihn auftreten kann, er stände
schon hinter uns und risse mir das Papier weg ..."

Jn dem Augenblicke wo *** ein Papier entfal-
tete und versuchte, ob er bei'm Mondenlicht lesen könne,
stand wirklich Jemand hinter uns. Es war aber nur
der wachthabende Unterofficier, der leise herangetreten
war und uns zuflüsterte: "Numero 2. vom Gewehr-
posten! Es zeigen sich verdächtige Bewegungen an den
Hecken links vom verlornen Posten. Wir wollen eine
Patrouille hinschicken. Sie, Jäger, haben ja wol lange
genug geruht." Dies galt dem Vorleser. Er steckte
das Papier ein, griff nach der Büchse, und folgte der
leise fortschleichenden Rotte. -- Jch ging indessen wie-
der in die Wachtstube, und blickte, mich wärmend, auf
die Kohlen. Da fiel in weiter Entfernung ein Schuß.
Es hieß: "Auf! Auf, Jäger! es kommt zum Gefecht
mit den Vorposten." Alles griff zu den Büchsen; bald
aber kam beruhigende Nachricht, es sei nur eine feind-
liche Patrouille gewesen, welche sich jetzt zurückziehe.
Nach einer halben Stunde sah man unsre Leute zu-
rückkommen. Sie gingen so langsam; mir war bang
zu Muthe.

-- Bringt ihr was Gutes? -- rief man ihnen zu.
"Diesmal nicht" klang es traurig zurück. "Eine
hundsvöttische Flintenkugel aus der Hecke muß unsern
Bruder in die Brust treffen." Drei Jäger luden den

daß ich als Zeuge gegen ihn auftreten kann, er ſtände
ſchon hinter uns und riſſe mir das Papier weg ...“

Jn dem Augenblicke wo *** ein Papier entfal-
tete und verſuchte, ob er bei’m Mondenlicht leſen könne,
ſtand wirklich Jemand hinter uns. Es war aber nur
der wachthabende Unterofficier, der leiſe herangetreten
war und uns zuflüſterte: „Numero 2. vom Gewehr-
poſten! Es zeigen ſich verdächtige Bewegungen an den
Hecken links vom verlornen Poſten. Wir wollen eine
Patrouille hinſchicken. Sie, Jäger, haben ja wol lange
genug geruht.“ Dies galt dem Vorleſer. Er ſteckte
das Papier ein, griff nach der Büchſe, und folgte der
leiſe fortſchleichenden Rotte. — Jch ging indeſſen wie-
der in die Wachtſtube, und blickte, mich wärmend, auf
die Kohlen. Da fiel in weiter Entfernung ein Schuß.
Es hieß: „Auf! Auf, Jäger! es kommt zum Gefecht
mit den Vorpoſten.“ Alles griff zu den Büchſen; bald
aber kam beruhigende Nachricht, es ſei nur eine feind-
liche Patrouille geweſen, welche ſich jetzt zurückziehe.
Nach einer halben Stunde ſah man unſre Leute zu-
rückkommen. Sie gingen ſo langſam; mir war bang
zu Muthe.

— Bringt ihr was Gutes? — rief man ihnen zu.
„Diesmal nicht“ klang es traurig zurück. „Eine
hundsvöttiſche Flintenkugel aus der Hecke muß unſern
Bruder in die Bruſt treffen.“ Drei Jäger luden den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0017"/>
daß ich als Zeuge gegen ihn auftreten kann, er &#x017F;tände<lb/>
&#x017F;chon hinter uns und ri&#x017F;&#x017F;e mir das Papier weg ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>Jn dem Augenblicke wo *** ein Papier entfal-<lb/>
tete und ver&#x017F;uchte, ob er bei&#x2019;m Mondenlicht le&#x017F;en könne,<lb/>
&#x017F;tand wirklich Jemand hinter uns. Es war aber nur<lb/>
der wachthabende Unterofficier, der lei&#x017F;e herangetreten<lb/>
war und uns zuflü&#x017F;terte: &#x201E;Numero 2. vom Gewehr-<lb/>
po&#x017F;ten! Es zeigen &#x017F;ich verdächtige Bewegungen an den<lb/>
Hecken links vom verlornen Po&#x017F;ten. Wir wollen eine<lb/>
Patrouille hin&#x017F;chicken. Sie, Jäger, haben ja wol lange<lb/>
genug geruht.&#x201C; Dies galt dem Vorle&#x017F;er. Er &#x017F;teckte<lb/>
das Papier ein, griff nach der Büch&#x017F;e, und folgte der<lb/>
lei&#x017F;e fort&#x017F;chleichenden Rotte. &#x2014; Jch ging inde&#x017F;&#x017F;en wie-<lb/>
der in die Wacht&#x017F;tube, und blickte, mich wärmend, auf<lb/>
die Kohlen. Da fiel in weiter Entfernung ein Schuß.<lb/>
Es hieß: &#x201E;Auf! Auf, Jäger! es kommt zum Gefecht<lb/>
mit den Vorpo&#x017F;ten.&#x201C; Alles griff zu den Büch&#x017F;en; bald<lb/>
aber kam beruhigende Nachricht, es &#x017F;ei nur eine feind-<lb/>
liche Patrouille gewe&#x017F;en, welche &#x017F;ich jetzt zurückziehe.<lb/>
Nach einer halben Stunde &#x017F;ah man un&#x017F;re Leute zu-<lb/>
rückkommen. Sie gingen &#x017F;o lang&#x017F;am; mir war bang<lb/>
zu Muthe.</p><lb/>
        <p>&#x2014; Bringt ihr was Gutes? &#x2014; rief man ihnen zu.<lb/>
&#x201E;Diesmal nicht&#x201C; klang es traurig zurück. &#x201E;Eine<lb/>
hundsvötti&#x017F;che Flintenkugel aus der Hecke muß un&#x017F;ern<lb/>
Bruder in die Bru&#x017F;t treffen.&#x201C; Drei Jäger luden den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0017] daß ich als Zeuge gegen ihn auftreten kann, er ſtände ſchon hinter uns und riſſe mir das Papier weg ...“ Jn dem Augenblicke wo *** ein Papier entfal- tete und verſuchte, ob er bei’m Mondenlicht leſen könne, ſtand wirklich Jemand hinter uns. Es war aber nur der wachthabende Unterofficier, der leiſe herangetreten war und uns zuflüſterte: „Numero 2. vom Gewehr- poſten! Es zeigen ſich verdächtige Bewegungen an den Hecken links vom verlornen Poſten. Wir wollen eine Patrouille hinſchicken. Sie, Jäger, haben ja wol lange genug geruht.“ Dies galt dem Vorleſer. Er ſteckte das Papier ein, griff nach der Büchſe, und folgte der leiſe fortſchleichenden Rotte. — Jch ging indeſſen wie- der in die Wachtſtube, und blickte, mich wärmend, auf die Kohlen. Da fiel in weiter Entfernung ein Schuß. Es hieß: „Auf! Auf, Jäger! es kommt zum Gefecht mit den Vorpoſten.“ Alles griff zu den Büchſen; bald aber kam beruhigende Nachricht, es ſei nur eine feind- liche Patrouille geweſen, welche ſich jetzt zurückziehe. Nach einer halben Stunde ſah man unſre Leute zu- rückkommen. Sie gingen ſo langſam; mir war bang zu Muthe. — Bringt ihr was Gutes? — rief man ihnen zu. „Diesmal nicht“ klang es traurig zurück. „Eine hundsvöttiſche Flintenkugel aus der Hecke muß unſern Bruder in die Bruſt treffen.“ Drei Jäger luden den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-07-16T12:57:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-07-16T12:57:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/17
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/17>, abgerufen am 21.11.2024.