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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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die Allmutter Natur an meine Brust pressen; aber
in natura ists anders. -- Bin ich nicht umherge¬
stürmt! Die Sohlen hab ich mir abgelaufen, aber
keine Nixe, nicht mal eine Hexe gefunden. Beim
Morgenroth rufst Du Ah, und findest Dich in Oden¬
stimmung, und Abends wirst Du empfindsam und
könntest Matthisson mit seinem Zopf an die Brust
drücken. Alles Illusionen! Sei redlich gegen Dich
selbst. -- Die Wahrheit sucht man doch, wo die Sonne
am höchsten steht, und ich habe sie gesucht, recht¬
schaffen. Schlürfte alle Aussichten und meine An¬
sichten wurden immer enger. Am Ende kamen mir
die zackigen Felsen da hinter Dresden, die wir beide
einmal bewunderten, nicht anders vor, als die gepu¬
derten Köpfe unserer Kriegsräthe. Und mehr haben
sie auch nicht zu schaffen mit dem Weltgeist, als daß
sie roth werden im Morgenlicht und Abends Schat¬
ten werfen. Roth werden können unsre Puderköpfe
freilich nicht mehr, aber wenn sie uns im Lichte stehen,
kann man sie wegschuppsen. Diese verfluchten todten
Felsen bleiben aber immer stehen. Nein, Theuerster,
die Romantik in Ehren, die Menschen bleiben doch we¬
nigstens Puppen, mit denen man Schach spielen kann."

"Wenn wir nur fliegen könnten! Wenigstens
wie die Lerche hoch."

"Und ich möchte sie immer mit dem Pustrohr
runter blasen. Da fliegt das Biest hinauf, schmettert
uns Wunderklänge vor und kommt doch nie weiter
als ins leere Blaue. -- Ja, Walter, wenn man's

die Allmutter Natur an meine Bruſt preſſen; aber
in natura iſts anders. — Bin ich nicht umherge¬
ſtürmt! Die Sohlen hab ich mir abgelaufen, aber
keine Nixe, nicht mal eine Hexe gefunden. Beim
Morgenroth rufſt Du Ah, und findeſt Dich in Oden¬
ſtimmung, und Abends wirſt Du empfindſam und
könnteſt Matthiſſon mit ſeinem Zopf an die Bruſt
drücken. Alles Illuſionen! Sei redlich gegen Dich
ſelbſt. — Die Wahrheit ſucht man doch, wo die Sonne
am höchſten ſteht, und ich habe ſie geſucht, recht¬
ſchaffen. Schlürfte alle Ausſichten und meine An¬
ſichten wurden immer enger. Am Ende kamen mir
die zackigen Felſen da hinter Dresden, die wir beide
einmal bewunderten, nicht anders vor, als die gepu¬
derten Köpfe unſerer Kriegsräthe. Und mehr haben
ſie auch nicht zu ſchaffen mit dem Weltgeiſt, als daß
ſie roth werden im Morgenlicht und Abends Schat¬
ten werfen. Roth werden können unſre Puderköpfe
freilich nicht mehr, aber wenn ſie uns im Lichte ſtehen,
kann man ſie wegſchuppſen. Dieſe verfluchten todten
Felſen bleiben aber immer ſtehen. Nein, Theuerſter,
die Romantik in Ehren, die Menſchen bleiben doch we¬
nigſtens Puppen, mit denen man Schach ſpielen kann.“

„Wenn wir nur fliegen könnten! Wenigſtens
wie die Lerche hoch.“

„Und ich möchte ſie immer mit dem Puſtrohr
runter blaſen. Da fliegt das Bieſt hinauf, ſchmettert
uns Wunderklänge vor und kommt doch nie weiter
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[164/0178] die Allmutter Natur an meine Bruſt preſſen; aber in natura iſts anders. — Bin ich nicht umherge¬ ſtürmt! Die Sohlen hab ich mir abgelaufen, aber keine Nixe, nicht mal eine Hexe gefunden. Beim Morgenroth rufſt Du Ah, und findeſt Dich in Oden¬ ſtimmung, und Abends wirſt Du empfindſam und könnteſt Matthiſſon mit ſeinem Zopf an die Bruſt drücken. Alles Illuſionen! Sei redlich gegen Dich ſelbſt. — Die Wahrheit ſucht man doch, wo die Sonne am höchſten ſteht, und ich habe ſie geſucht, recht¬ ſchaffen. Schlürfte alle Ausſichten und meine An¬ ſichten wurden immer enger. Am Ende kamen mir die zackigen Felſen da hinter Dresden, die wir beide einmal bewunderten, nicht anders vor, als die gepu¬ derten Köpfe unſerer Kriegsräthe. Und mehr haben ſie auch nicht zu ſchaffen mit dem Weltgeiſt, als daß ſie roth werden im Morgenlicht und Abends Schat¬ ten werfen. Roth werden können unſre Puderköpfe freilich nicht mehr, aber wenn ſie uns im Lichte ſtehen, kann man ſie wegſchuppſen. Dieſe verfluchten todten Felſen bleiben aber immer ſtehen. Nein, Theuerſter, die Romantik in Ehren, die Menſchen bleiben doch we¬ nigſtens Puppen, mit denen man Schach ſpielen kann.“ „Wenn wir nur fliegen könnten! Wenigſtens wie die Lerche hoch.“ „Und ich möchte ſie immer mit dem Puſtrohr runter blaſen. Da fliegt das Bieſt hinauf, ſchmettert uns Wunderklänge vor und kommt doch nie weiter als ins leere Blaue. — Ja, Walter, wenn man's

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/178>, abgerufen am 21.11.2024.