Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852."Der höchste Schmerz wäre Selbstvernichtung, Louis hatte sich aufgerichtet und verbarg wieder "Welcher?" "Wäre meine Mutter keine tugendhafte Frau Es folgte eine Pause: "Dein Vater ist nicht "Ist das ein Trost, daß ich eine Partikel bin "Er läßt Dir Freiheit." "Er läßt aller Welt die Freiheit, so niederträch¬ "Das ist ein hartes Wort, dachte Walter, und Walter umfaßte seinen Arm, er wollte ihn in "Was kann man denn besseres thun in dieser „Der höchſte Schmerz wäre Selbſtvernichtung, Louis hatte ſich aufgerichtet und verbarg wieder „Welcher?“ „Wäre meine Mutter keine tugendhafte Frau Es folgte eine Pauſe: „Dein Vater iſt nicht „Iſt das ein Troſt, daß ich eine Partikel bin „Er läßt Dir Freiheit.“ „Er läßt aller Welt die Freiheit, ſo niederträch¬ „Das iſt ein hartes Wort, dachte Walter, und Walter umfaßte ſeinen Arm, er wollte ihn in „Was kann man denn beſſeres thun in dieſer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0180" n="166"/> <p>„Der höchſte Schmerz wäre Selbſtvernichtung,<lb/> und zum Selbſtmord ſchuf uns nicht die Natur! rief<lb/> Walter, ohne auf den Spott des Freundes zu achten.“</p><lb/> <p>Louis hatte ſich aufgerichtet und verbarg wieder<lb/> das Geſicht in beiden Händen: „Ein Stück von der<lb/> Alraunwurzel zog ich doch ſchon raus. — Wenn ich<lb/> nur wüßte, ob der Wunſch Sünde wäre?“</p><lb/> <p>„Welcher?“</p><lb/> <p>„Wäre meine Mutter keine tugendhafte Frau<lb/> geweſen!“</p><lb/> <p>Es folgte eine Pauſe: „Dein Vater iſt nicht<lb/> ſchlimmer als Tauſende.“</p><lb/> <p>„Iſt das ein Troſt, daß ich eine Partikel bin<lb/> von einer Partikel aus der allgemeinen Erbärm¬<lb/> lichkeit.“</p><lb/> <p>„Er läßt Dir Freiheit.“</p><lb/> <p>„Er läßt aller Welt die Freiheit, ſo niederträch¬<lb/> tig zu ſein, wie ſie Luſt hat, damit er nicht ſcham¬<lb/> roth zu werden braucht.“</p><lb/> <p>„Das iſt ein hartes Wort, dachte Walter, und<lb/> auch Louis mußte es denken, denn er war raſch auf¬<lb/> geſprungen und reichte dem Freunde die Hand:<lb/> „Adieu!“</p><lb/> <p>Walter umfaßte ſeinen Arm, er wollte ihn in<lb/> der Aufgeregtheit nicht von ſich laſſen: „Du ver¬<lb/> wüſteſt Dich ſelbſt. Ich bin nicht zum Moralprediger<lb/> geboren, aber — Du warſt es zu beſſerem.“</p><lb/> <p>„Was kann man denn beſſeres thun in dieſer<lb/> Geſellſchaft, als ſich ſelbſt verwüſten! Trinken, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [166/0180]
„Der höchſte Schmerz wäre Selbſtvernichtung,
und zum Selbſtmord ſchuf uns nicht die Natur! rief
Walter, ohne auf den Spott des Freundes zu achten.“
Louis hatte ſich aufgerichtet und verbarg wieder
das Geſicht in beiden Händen: „Ein Stück von der
Alraunwurzel zog ich doch ſchon raus. — Wenn ich
nur wüßte, ob der Wunſch Sünde wäre?“
„Welcher?“
„Wäre meine Mutter keine tugendhafte Frau
geweſen!“
Es folgte eine Pauſe: „Dein Vater iſt nicht
ſchlimmer als Tauſende.“
„Iſt das ein Troſt, daß ich eine Partikel bin
von einer Partikel aus der allgemeinen Erbärm¬
lichkeit.“
„Er läßt Dir Freiheit.“
„Er läßt aller Welt die Freiheit, ſo niederträch¬
tig zu ſein, wie ſie Luſt hat, damit er nicht ſcham¬
roth zu werden braucht.“
„Das iſt ein hartes Wort, dachte Walter, und
auch Louis mußte es denken, denn er war raſch auf¬
geſprungen und reichte dem Freunde die Hand:
„Adieu!“
Walter umfaßte ſeinen Arm, er wollte ihn in
der Aufgeregtheit nicht von ſich laſſen: „Du ver¬
wüſteſt Dich ſelbſt. Ich bin nicht zum Moralprediger
geboren, aber — Du warſt es zu beſſerem.“
„Was kann man denn beſſeres thun in dieſer
Geſellſchaft, als ſich ſelbſt verwüſten! Trinken, und
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