ein Wohlbehagen, das der Empfindung eines Rau¬ sches verwandt war. Sie hatte eine Creatur, die doch zum Tod verdammt war, rascher aus der Welt geschafft, als es morgen der stumpfe Besen der ge¬ fühllosen Magd gethan hätte. Und im Schlaf! Sie hatte ihr einen seligen Tod bereitet.
Sie suchte noch mehr Spinnen; aber im Zimmer war keine mehr zu entdecken. Dagegen hingen an den Wänden unzählige Fliegen, die der regnerische Tag hineingetrieben. Noch vorsichtiger schlich sie auf den Zehen heran, und es glückte ihr, die erste, zweite, auch eine dritte durch das schnell angehaltene Licht zu tödten. Morgen würden sie langsam, unter furcht¬ baren Qualen am Fliegenstock verenden; jetzt im Lichtschein, im Taumel, waren sie einen Augenblick erwacht und verglüht.
So mußte auch Semele in einem Moment glückselig und todt sein, angeleuchtet von Zeus Licht¬ glanz und verbrannt von der Wonne -- dachte die Geheimräthin.
Aber nicht alle Fliegen wollten diesen seligen Tod sterben. Als sie der einen die Flügel angesengt, und das Insect summend aufflog, löste sich allmälig der Schwarm von den Wänden. Sie summten um das Licht, um ihren Kopf, und die Geheimräthin stand wieder athemlos in der Mitte des Zimmers, mit dem freien Arm die aufgestörten Thiere abweh¬ rend. In dem Augenblick war ihr nicht wohl zu Muthe. Die Thiere wurden so groß und schwarz
ein Wohlbehagen, das der Empfindung eines Rau¬ ſches verwandt war. Sie hatte eine Creatur, die doch zum Tod verdammt war, raſcher aus der Welt geſchafft, als es morgen der ſtumpfe Beſen der ge¬ fühlloſen Magd gethan hätte. Und im Schlaf! Sie hatte ihr einen ſeligen Tod bereitet.
Sie ſuchte noch mehr Spinnen; aber im Zimmer war keine mehr zu entdecken. Dagegen hingen an den Wänden unzählige Fliegen, die der regneriſche Tag hineingetrieben. Noch vorſichtiger ſchlich ſie auf den Zehen heran, und es glückte ihr, die erſte, zweite, auch eine dritte durch das ſchnell angehaltene Licht zu tödten. Morgen würden ſie langſam, unter furcht¬ baren Qualen am Fliegenſtock verenden; jetzt im Lichtſchein, im Taumel, waren ſie einen Augenblick erwacht und verglüht.
So mußte auch Semele in einem Moment glückſelig und todt ſein, angeleuchtet von Zeus Licht¬ glanz und verbrannt von der Wonne — dachte die Geheimräthin.
Aber nicht alle Fliegen wollten dieſen ſeligen Tod ſterben. Als ſie der einen die Flügel angeſengt, und das Inſect ſummend aufflog, löſte ſich allmälig der Schwarm von den Wänden. Sie ſummten um das Licht, um ihren Kopf, und die Geheimräthin ſtand wieder athemlos in der Mitte des Zimmers, mit dem freien Arm die aufgeſtörten Thiere abweh¬ rend. In dem Augenblick war ihr nicht wohl zu Muthe. Die Thiere wurden ſo groß und ſchwarz
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ein Wohlbehagen, das der Empfindung eines Rau¬
ſches verwandt war. Sie hatte eine Creatur, die
doch zum Tod verdammt war, raſcher aus der Welt
geſchafft, als es morgen der ſtumpfe Beſen der ge¬
fühlloſen Magd gethan hätte. Und im Schlaf! Sie
hatte ihr einen ſeligen Tod bereitet.
Sie ſuchte noch mehr Spinnen; aber im Zimmer
war keine mehr zu entdecken. Dagegen hingen an
den Wänden unzählige Fliegen, die der regneriſche
Tag hineingetrieben. Noch vorſichtiger ſchlich ſie auf
den Zehen heran, und es glückte ihr, die erſte, zweite,
auch eine dritte durch das ſchnell angehaltene Licht
zu tödten. Morgen würden ſie langſam, unter furcht¬
baren Qualen am Fliegenſtock verenden; jetzt im
Lichtſchein, im Taumel, waren ſie einen Augenblick
erwacht und verglüht.
So mußte auch Semele in einem Moment
glückſelig und todt ſein, angeleuchtet von Zeus Licht¬
glanz und verbrannt von der Wonne — dachte die
Geheimräthin.
Aber nicht alle Fliegen wollten dieſen ſeligen
Tod ſterben. Als ſie der einen die Flügel angeſengt,
und das Inſect ſummend aufflog, löſte ſich allmälig
der Schwarm von den Wänden. Sie ſummten um
das Licht, um ihren Kopf, und die Geheimräthin
ſtand wieder athemlos in der Mitte des Zimmers,
mit dem freien Arm die aufgeſtörten Thiere abweh¬
rend. In dem Augenblick war ihr nicht wohl zu
Muthe. Die Thiere wurden ſo groß und ſchwarz
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/87>, abgerufen am 21.11.2024.
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