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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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Schusterpfriemen feilen. Der Kotzebue, an dem sie
auch häkeln und mäkeln, er ist nicht eminent, aber
ich sage Ihnen, und dazu gehört keine Clairvoyance,
daß er sie um ein siecle überlebt."

Der Rath sagte: "Wer in den Spiegel der Zu¬
kunft sähe!"

"C'est plus que ridicule, fuhr der Redner fort,
daß in der Capitale Friedrichs, wo Voltaire das
Pflaster betreten hat, oder eigentlich ist er nur in
der königlichen Kutsche gefahren, wo wir doch ganz
respectable Gelehrte haben, die Herren Nicolai, Biester,
und wie sie heißen, daß hier eine ecole mystique sich
aufthun konnte."

"Sie findet nicht großen Anhang."

"Wer redet davon! Haben Sie das Sonnet auf
die Jungfrau von dem Judenjungen neulich gelesen?
C'est charmant! Das lob ich mir. Man glaubt draußen
allen Ernstes, sie könnten uns über Hals und Kopf
convertiren, und wenn wir eines Morgens aufständen,
wären wir katholisch geworden, wir wüßten nicht wie!"

"Die Brandenburger würden sich schwer dazu
acclimatisiren."

"Acclimatiser! ein hübscher Einfall. Aber meinet¬
halben! Je mehr Schaumblasen, die das Publikum
beschäftigen und Phantome, die es ins Bockshorn
jagen, desto besser für uns. Aber diese Herren sollten
sich nur nicht mit politischen Ideen abgeben. Die
tudesquen Vorstellungen, die hie und da auftauchen,
doppelt lächerlich in Friedrichs Hauptstadt! Je vous

Schuſterpfriemen feilen. Der Kotzebue, an dem ſie
auch häkeln und mäkeln, er iſt nicht eminent, aber
ich ſage Ihnen, und dazu gehört keine Clairvoyance,
daß er ſie um ein siècle überlebt.“

Der Rath ſagte: „Wer in den Spiegel der Zu¬
kunft ſähe!“

C'est plus que ridicule, fuhr der Redner fort,
daß in der Capitale Friedrichs, wo Voltaire das
Pflaſter betreten hat, oder eigentlich iſt er nur in
der königlichen Kutſche gefahren, wo wir doch ganz
reſpectable Gelehrte haben, die Herren Nicolai, Bieſter,
und wie ſie heißen, daß hier eine école mystique ſich
aufthun konnte.“

„Sie findet nicht großen Anhang.“

„Wer redet davon! Haben Sie das Sonnet auf
die Jungfrau von dem Judenjungen neulich geleſen?
C'est charmant! Das lob ich mir. Man glaubt draußen
allen Ernſtes, ſie könnten uns über Hals und Kopf
convertiren, und wenn wir eines Morgens aufſtänden,
wären wir katholiſch geworden, wir wüßten nicht wie!“

„Die Brandenburger würden ſich ſchwer dazu
acclimatiſiren.“

Acclimatiser! ein hübſcher Einfall. Aber meinet¬
halben! Je mehr Schaumblaſen, die das Publikum
beſchäftigen und Phantome, die es ins Bockshorn
jagen, deſto beſſer für uns. Aber dieſe Herren ſollten
ſich nur nicht mit politiſchen Ideen abgeben. Die
tudesquen Vorſtellungen, die hie und da auftauchen,
doppelt lächerlich in Friedrichs Hauptſtadt! Je vous

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[84/0098] Schuſterpfriemen feilen. Der Kotzebue, an dem ſie auch häkeln und mäkeln, er iſt nicht eminent, aber ich ſage Ihnen, und dazu gehört keine Clairvoyance, daß er ſie um ein siècle überlebt.“ Der Rath ſagte: „Wer in den Spiegel der Zu¬ kunft ſähe!“ „C'est plus que ridicule, fuhr der Redner fort, daß in der Capitale Friedrichs, wo Voltaire das Pflaſter betreten hat, oder eigentlich iſt er nur in der königlichen Kutſche gefahren, wo wir doch ganz reſpectable Gelehrte haben, die Herren Nicolai, Bieſter, und wie ſie heißen, daß hier eine école mystique ſich aufthun konnte.“ „Sie findet nicht großen Anhang.“ „Wer redet davon! Haben Sie das Sonnet auf die Jungfrau von dem Judenjungen neulich geleſen? C'est charmant! Das lob ich mir. Man glaubt draußen allen Ernſtes, ſie könnten uns über Hals und Kopf convertiren, und wenn wir eines Morgens aufſtänden, wären wir katholiſch geworden, wir wüßten nicht wie!“ „Die Brandenburger würden ſich ſchwer dazu acclimatiſiren.“ „Acclimatiser! ein hübſcher Einfall. Aber meinet¬ halben! Je mehr Schaumblaſen, die das Publikum beſchäftigen und Phantome, die es ins Bockshorn jagen, deſto beſſer für uns. Aber dieſe Herren ſollten ſich nur nicht mit politiſchen Ideen abgeben. Die tudesquen Vorſtellungen, die hie und da auftauchen, doppelt lächerlich in Friedrichs Hauptſtadt! Je vous

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/98>, abgerufen am 21.11.2024.