prie, mon cher, qu'est-ce que c'est donc que l'Alle¬ magne? Allerlei Mansch, allerlei Menschen, bunt durcheinander. Ce terrible Goetz de Berlichingen, wenn er in dem eisernen Ofen über die Bretter knackt, et les ravissements et les larmes du public! Classische Bildung! en verite! Da ist ein junger Herr v. Kleist, höre ich, der möchte den großen Arminius auf die Bretter bringen. Den Hermann sollten sie doch ruhig auf seiner Bärenhaut schlafen lassen, wo Klopstock ihn eingesungen hat. Wo gehört denn der Deutsche besser hin, als auf die Bärenhaut, um zu meditiren. Aber so sind wir Idealisten! Mit nichts wissen sie umzuspringen, für nichts zu arbeiten, für nichts sich zu schlagen, -- als für Ideen."
"Geschlagen haben sich die Deutschen doch und wenn sie sich nicht so schlugen wie sie sollten, war es eben nur wie ich meine, weil ihnen die Idee fehlte, für die sie sich schlugen."
Der Einwand schien dem Geheimrath unbequem zu kommen. Von Untergeordneten läßt sich ein vor¬ nehmer Mann ungern aus dem Felde schlagen. Er fiel plötzlich dem Gegner in die Flanke, da wo er es wirklich nicht erwartete:
"Sagte ich es Ihnen nicht! Ganz richtig Ihre Bemerkung, die Ideen fehlen ihnen, weil nur das Genie Ideen hat, und kein Genie da ist. Wo sollten sie denn zu Tage gefördert werden? In der freien Reichs¬ stadt Dinkelsbühl, in Nürnberg, oder bei der Reichs¬ ritterschaft des obersächsischen Kreises? Wenn diese
prie, mon cher, qu'est-ce que c'est donc que l'Alle¬ magne? Allerlei Manſch, allerlei Menſchen, bunt durcheinander. Ce terrible Goetz de Berlichingen, wenn er in dem eiſernen Ofen über die Bretter knackt, et les ravissements et les larmes du public! Claſſiſche Bildung! en vérité! Da iſt ein junger Herr v. Kleiſt, höre ich, der möchte den großen Arminius auf die Bretter bringen. Den Hermann ſollten ſie doch ruhig auf ſeiner Bärenhaut ſchlafen laſſen, wo Klopſtock ihn eingeſungen hat. Wo gehört denn der Deutſche beſſer hin, als auf die Bärenhaut, um zu meditiren. Aber ſo ſind wir Idealiſten! Mit nichts wiſſen ſie umzuſpringen, für nichts zu arbeiten, für nichts ſich zu ſchlagen, — als für Ideen.“
„Geſchlagen haben ſich die Deutſchen doch und wenn ſie ſich nicht ſo ſchlugen wie ſie ſollten, war es eben nur wie ich meine, weil ihnen die Idee fehlte, für die ſie ſich ſchlugen.“
Der Einwand ſchien dem Geheimrath unbequem zu kommen. Von Untergeordneten läßt ſich ein vor¬ nehmer Mann ungern aus dem Felde ſchlagen. Er fiel plötzlich dem Gegner in die Flanke, da wo er es wirklich nicht erwartete:
„Sagte ich es Ihnen nicht! Ganz richtig Ihre Bemerkung, die Ideen fehlen ihnen, weil nur das Genie Ideen hat, und kein Genie da iſt. Wo ſollten ſie denn zu Tage gefördert werden? In der freien Reichs¬ ſtadt Dinkelsbühl, in Nürnberg, oder bei der Reichs¬ ritterſchaft des oberſächſiſchen Kreiſes? Wenn dieſe
<TEI><text><body><divn="1"><p><hirendition="#aq"><pbfacs="#f0099"n="85"/>
prie, mon cher, qu'est-ce que c'est donc que l'Alle¬<lb/>
magne?</hi> Allerlei Manſch, allerlei Menſchen, bunt<lb/>
durcheinander. <hirendition="#aq">Ce terrible Goetz de Berlichingen,</hi><lb/>
wenn er in dem eiſernen Ofen über die Bretter knackt,<lb/><hirendition="#aq">et les ravissements et les larmes du public!</hi> Claſſiſche<lb/>
Bildung! <hirendition="#aq">en vérité</hi>! Da iſt ein junger Herr v. Kleiſt,<lb/>
höre ich, der möchte den großen Arminius auf die<lb/>
Bretter bringen. Den Hermann ſollten ſie doch ruhig<lb/>
auf ſeiner Bärenhaut ſchlafen laſſen, wo Klopſtock<lb/>
ihn eingeſungen hat. Wo gehört denn der Deutſche<lb/>
beſſer hin, als auf die Bärenhaut, um zu meditiren.<lb/>
Aber ſo ſind wir Idealiſten! Mit nichts wiſſen ſie<lb/>
umzuſpringen, für nichts zu arbeiten, für nichts ſich<lb/>
zu ſchlagen, — als für Ideen.“</p><lb/><p>„Geſchlagen haben ſich die Deutſchen doch und<lb/>
wenn ſie ſich nicht ſo ſchlugen wie ſie ſollten, war es<lb/>
eben nur wie ich meine, weil ihnen die Idee fehlte,<lb/>
für die ſie ſich ſchlugen.“</p><lb/><p>Der Einwand ſchien dem Geheimrath unbequem<lb/>
zu kommen. Von Untergeordneten läßt ſich ein vor¬<lb/>
nehmer Mann ungern aus dem Felde ſchlagen. Er<lb/>
fiel plötzlich dem Gegner in die Flanke, da wo er<lb/>
es wirklich nicht erwartete:</p><lb/><p>„Sagte ich es Ihnen nicht! Ganz richtig Ihre<lb/>
Bemerkung, die Ideen fehlen ihnen, weil nur das Genie<lb/>
Ideen hat, und kein Genie da iſt. Wo ſollten ſie<lb/>
denn zu Tage gefördert werden? In der freien Reichs¬<lb/>ſtadt Dinkelsbühl, in Nürnberg, oder bei der Reichs¬<lb/>
ritterſchaft des oberſächſiſchen Kreiſes? Wenn dieſe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[85/0099]
prie, mon cher, qu'est-ce que c'est donc que l'Alle¬
magne? Allerlei Manſch, allerlei Menſchen, bunt
durcheinander. Ce terrible Goetz de Berlichingen,
wenn er in dem eiſernen Ofen über die Bretter knackt,
et les ravissements et les larmes du public! Claſſiſche
Bildung! en vérité! Da iſt ein junger Herr v. Kleiſt,
höre ich, der möchte den großen Arminius auf die
Bretter bringen. Den Hermann ſollten ſie doch ruhig
auf ſeiner Bärenhaut ſchlafen laſſen, wo Klopſtock
ihn eingeſungen hat. Wo gehört denn der Deutſche
beſſer hin, als auf die Bärenhaut, um zu meditiren.
Aber ſo ſind wir Idealiſten! Mit nichts wiſſen ſie
umzuſpringen, für nichts zu arbeiten, für nichts ſich
zu ſchlagen, — als für Ideen.“
„Geſchlagen haben ſich die Deutſchen doch und
wenn ſie ſich nicht ſo ſchlugen wie ſie ſollten, war es
eben nur wie ich meine, weil ihnen die Idee fehlte,
für die ſie ſich ſchlugen.“
Der Einwand ſchien dem Geheimrath unbequem
zu kommen. Von Untergeordneten läßt ſich ein vor¬
nehmer Mann ungern aus dem Felde ſchlagen. Er
fiel plötzlich dem Gegner in die Flanke, da wo er
es wirklich nicht erwartete:
„Sagte ich es Ihnen nicht! Ganz richtig Ihre
Bemerkung, die Ideen fehlen ihnen, weil nur das Genie
Ideen hat, und kein Genie da iſt. Wo ſollten ſie
denn zu Tage gefördert werden? In der freien Reichs¬
ſtadt Dinkelsbühl, in Nürnberg, oder bei der Reichs¬
ritterſchaft des oberſächſiſchen Kreiſes? Wenn dieſe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/99>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.