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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

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Der zornfunkelnde Blick eines ältern Officiers
in militairischem Reitüberrock, der mit verschränkten
Armen an einem Pfeiler stand, begleitete das "Pst!"
welches er den Schwätzern zurief, ohne seine Stel¬
lung zu verlassen. Sie schwiegen unwillkürlich.
Nur der Cornet ließ seinen Säbel klirren:

"Wer ist denn der Bramarbas?"

Beide Begleiter zischten ihm ein bedeutungsvol¬
les "Pst!" in die Ohren. "Mit dem ist nicht gut
Kirschen essen!"

"Aus der Provinz einer! So ein Comman¬
dant aus Krähwinkel vielleicht. Soll der sich unter¬
stehen, einem Officier von der Garde Raison zu
lehren?"

"Der unterstände sich noch mehr, flüsterte der
Kuirassier. Um Gottes Willen sei still, Fritz, 's ist
der Obrist York aus Mittenwalde. Der hat selbst
mit dem alten Fritz angebunden."

Nicht alle Pulse schlugen gleich. "So in sich
versunken, Herr Geheimrath?" fragte Herr von Wan¬
del, der in eine nebenstehende Loge trat, den Geheim¬
rath Bovillard, welcher sein Opernglas erhob, um es
wieder abzusetzen und mit dem Taschentuch zu
wischen.

"Ich bin nicht disponirt."

"Das werden Sie doch nicht zeigen wollen!"

"Ich zeige mich. Was kann man in meiner
Lage Besseres thun."

"Sie hatten in letzter Zeit vielen Verdruß?

Der zornfunkelnde Blick eines ältern Officiers
in militairiſchem Reitüberrock, der mit verſchränkten
Armen an einem Pfeiler ſtand, begleitete das „Pſt!“
welches er den Schwätzern zurief, ohne ſeine Stel¬
lung zu verlaſſen. Sie ſchwiegen unwillkürlich.
Nur der Cornet ließ ſeinen Säbel klirren:

„Wer iſt denn der Bramarbas?“

Beide Begleiter ziſchten ihm ein bedeutungsvol¬
les „Pſt!“ in die Ohren. „Mit dem iſt nicht gut
Kirſchen eſſen!“

„Aus der Provinz einer! So ein Comman¬
dant aus Krähwinkel vielleicht. Soll der ſich unter¬
ſtehen, einem Officier von der Garde Raiſon zu
lehren?“

„Der unterſtände ſich noch mehr, flüſterte der
Kuiraſſier. Um Gottes Willen ſei ſtill, Fritz, 's iſt
der Obriſt York aus Mittenwalde. Der hat ſelbſt
mit dem alten Fritz angebunden.“

Nicht alle Pulſe ſchlugen gleich. „So in ſich
verſunken, Herr Geheimrath?“ fragte Herr von Wan¬
del, der in eine nebenſtehende Loge trat, den Geheim¬
rath Bovillard, welcher ſein Opernglas erhob, um es
wieder abzuſetzen und mit dem Taſchentuch zu
wiſchen.

„Ich bin nicht disponirt.“

„Das werden Sie doch nicht zeigen wollen!“

„Ich zeige mich. Was kann man in meiner
Lage Beſſeres thun.“

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[245/0255] Der zornfunkelnde Blick eines ältern Officiers in militairiſchem Reitüberrock, der mit verſchränkten Armen an einem Pfeiler ſtand, begleitete das „Pſt!“ welches er den Schwätzern zurief, ohne ſeine Stel¬ lung zu verlaſſen. Sie ſchwiegen unwillkürlich. Nur der Cornet ließ ſeinen Säbel klirren: „Wer iſt denn der Bramarbas?“ Beide Begleiter ziſchten ihm ein bedeutungsvol¬ les „Pſt!“ in die Ohren. „Mit dem iſt nicht gut Kirſchen eſſen!“ „Aus der Provinz einer! So ein Comman¬ dant aus Krähwinkel vielleicht. Soll der ſich unter¬ ſtehen, einem Officier von der Garde Raiſon zu lehren?“ „Der unterſtände ſich noch mehr, flüſterte der Kuiraſſier. Um Gottes Willen ſei ſtill, Fritz, 's iſt der Obriſt York aus Mittenwalde. Der hat ſelbſt mit dem alten Fritz angebunden.“ Nicht alle Pulſe ſchlugen gleich. „So in ſich verſunken, Herr Geheimrath?“ fragte Herr von Wan¬ del, der in eine nebenſtehende Loge trat, den Geheim¬ rath Bovillard, welcher ſein Opernglas erhob, um es wieder abzuſetzen und mit dem Taſchentuch zu wiſchen. „Ich bin nicht disponirt.“ „Das werden Sie doch nicht zeigen wollen!“ „Ich zeige mich. Was kann man in meiner Lage Beſſeres thun.“ „Sie hatten in letzter Zeit vielen Verdruß?

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/255>, abgerufen am 24.11.2024.