Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.in der andern zu füllen, was ihm aber nicht gelingen Charlotte schrie wie besessen: "Sie stirbt!" Den Wandel zuckte die Achseln, nachdem er dem Mäd¬ "Sie verschreiben doch Andern Medicamente." "Nur dem, der mir Vertrauen schenken will. Die Geheimräthin sah ihn zweifelhaft an. "Es ist mein Ernst, setzte Wandel hinzu. Bei in der andern zu füllen, was ihm aber nicht gelingen Charlotte ſchrie wie beſeſſen: „Sie ſtirbt!“ Den Wandel zuckte die Achſeln, nachdem er dem Mäd¬ „Sie verſchreiben doch Andern Medicamente.“ „Nur dem, der mir Vertrauen ſchenken will. Die Geheimräthin ſah ihn zweifelhaft an. „Es iſt mein Ernſt, ſetzte Wandel hinzu. Bei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="26"/> in der andern zu füllen, was ihm aber nicht gelingen<lb/> wollte. Der ſüße Wein floß vom Tiſch auf die Dielen.<lb/> Was noch drauf erfolgte, überlaſſen wir der Phan¬<lb/> taſie des Leſers; aber der Knabe ſchlug, als er ſchon<lb/> Kopf über vom Tiſche gefallen war, noch mit der<lb/> Flaſche, die er krampfhaft in der Hand hielt, um ſich.<lb/> Zwar verwundete er keinen der andern, die herbei¬<lb/> geſprungen waren, aber, indem die Flaſche in Scherben<lb/> zerſchlug, ſich ſelbſt an den Schläfen.</p><lb/> <p>Charlotte ſchrie wie beſeſſen: „Sie ſtirbt!“ Den<lb/> Kindern ſei's angethan! andere: „Ein Doctor!<lb/> Schnell einen Doctor!“ Nur die Geheimräthin hatte<lb/> ihre Beſinnung behalten: „Was wird es ſein! Die<lb/> Kinder haben ſich den Magen überladen. Irgend<lb/> ein Hausmittel, Legationsrath.“</p><lb/> <p>Wandel zuckte die Achſeln, nachdem er dem Mäd¬<lb/> chen an Puls und Schläfe gefaßt: „Das wag ich<lb/> doch nicht.“</p><lb/> <p>„Sie verſchreiben doch Andern Medicamente.“</p><lb/> <p>„Nur dem, der mir Vertrauen ſchenken will.<lb/> Der Vater der Kleinen iſt nicht hier. Ihr Zuſtand<lb/> ſcheint aber ſo bedenklich, daß ich rathe, ihn auf der<lb/> Stelle rufen zu laſſen —“</p><lb/> <p>Die Geheimräthin ſah ihn zweifelhaft an.</p><lb/> <p>„Es iſt mein Ernſt, ſetzte Wandel hinzu. Bei<lb/> dem Mädchen kann ein raſcher Aderlaß nöthig werden.<lb/> Der Zuſtand des Knaben ſcheint, da die Natur ſich<lb/> ſelbſt half, nicht gefährlich, ſeine Wunde muß indeß<lb/> ein Chirurg unterſuchen. Mit Blut befaß ich mich nicht.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0036]
in der andern zu füllen, was ihm aber nicht gelingen
wollte. Der ſüße Wein floß vom Tiſch auf die Dielen.
Was noch drauf erfolgte, überlaſſen wir der Phan¬
taſie des Leſers; aber der Knabe ſchlug, als er ſchon
Kopf über vom Tiſche gefallen war, noch mit der
Flaſche, die er krampfhaft in der Hand hielt, um ſich.
Zwar verwundete er keinen der andern, die herbei¬
geſprungen waren, aber, indem die Flaſche in Scherben
zerſchlug, ſich ſelbſt an den Schläfen.
Charlotte ſchrie wie beſeſſen: „Sie ſtirbt!“ Den
Kindern ſei's angethan! andere: „Ein Doctor!
Schnell einen Doctor!“ Nur die Geheimräthin hatte
ihre Beſinnung behalten: „Was wird es ſein! Die
Kinder haben ſich den Magen überladen. Irgend
ein Hausmittel, Legationsrath.“
Wandel zuckte die Achſeln, nachdem er dem Mäd¬
chen an Puls und Schläfe gefaßt: „Das wag ich
doch nicht.“
„Sie verſchreiben doch Andern Medicamente.“
„Nur dem, der mir Vertrauen ſchenken will.
Der Vater der Kleinen iſt nicht hier. Ihr Zuſtand
ſcheint aber ſo bedenklich, daß ich rathe, ihn auf der
Stelle rufen zu laſſen —“
Die Geheimräthin ſah ihn zweifelhaft an.
„Es iſt mein Ernſt, ſetzte Wandel hinzu. Bei
dem Mädchen kann ein raſcher Aderlaß nöthig werden.
Der Zuſtand des Knaben ſcheint, da die Natur ſich
ſelbſt half, nicht gefährlich, ſeine Wunde muß indeß
ein Chirurg unterſuchen. Mit Blut befaß ich mich nicht.“
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