Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852."Was kümmert mich der Prinz! rief sie. Sie Der Legationsrath mußte zerstreut sein, die Sache "Der alte van Asten rückt auch mit keinem In dem Blick, den die Lupinus ihm zuwarf, "Sie liebt ihn gar nicht." "Sie sprechen in Räthseln." "Sie erwähnten einmal einer chemischen Agenz, "Will der Pedant sie zu einer Gelehrten erziehen?" "Es ist übel, wenn ein Lehrer eine zu gute Schüle¬ „Was kümmert mich der Prinz! rief ſie. Sie Der Legationsrath mußte zerſtreut ſein, die Sache „Der alte van Aſten rückt auch mit keinem In dem Blick, den die Lupinus ihm zuwarf, „Sie liebt ihn gar nicht.“ „Sie ſprechen in Räthſeln.“ „Sie erwähnten einmal einer chemiſchen Agenz, „Will der Pedant ſie zu einer Gelehrten erziehen?“ „Es iſt übel, wenn ein Lehrer eine zu gute Schüle¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0053" n="43"/> <p>„Was kümmert mich der Prinz! rief ſie. Sie<lb/> ſelbſt ſollte ſich ihr Loos werfen. Wie es war, und<lb/> wenn ein <hi rendition="#aq">faux pas</hi>, eine raſende Leidenſchaft, eine<lb/> Entführung — ja, wenn der junge tolle Menſch, der<lb/> Bovillard, ſie gewaltſam geraubt hätte, es wäre doch<lb/> eine Abwechſelung, es hätte zu ſprechen gegeben —<lb/> Sie lächeln, weil Sie die Affecte begraben haben, aber<lb/> doch ſage ich Ihnen, der Durſt unſrer Seele nach<lb/> dem, was uns über den Alltag erhebt, iſt — das<lb/> Beſſere in uns.“</p><lb/> <p>Der Legationsrath mußte zerſtreut ſein, die Sache<lb/> intereſſirte ihn nicht mehr.</p><lb/> <p>„Der alte van Aſten rückt auch mit keinem<lb/> Groſchen 'raus, wenn ſein Sohn Adelheid heirathet.“</p><lb/> <p>In dem Blick, den die Lupinus ihm zuwarf,<lb/> hätte ein Pſycholog eine verächtliche Beimiſchung leſen<lb/> können.</p><lb/> <p>„Sie liebt ihn gar nicht.“</p><lb/> <p>„Sie ſprechen in Räthſeln.“</p><lb/> <p>„Sie erwähnten einmal einer chemiſchen Agenz,<lb/> die allen Stoffen ihre natürlichen Säfte ausſaugt,<lb/> daß ſie Farbe und Geſchmack verlieren.“</p><lb/> <p>„Will der Pedant ſie zu einer Gelehrten erziehen?“</p><lb/> <p>„Es iſt übel, wenn ein Lehrer eine zu gute Schüle¬<lb/> rin hat. Ich konnte nichts mehr wirken, wo ich von einem<lb/> Vorgänger Geiſt und Gemüth ſchon ganz eingenommen<lb/> fand. Mit ihrer lebhaften Auffaſſungsgabe betrachtet ſie<lb/> ihn als ihren Wohlthäter, um nicht zu ſagen als<lb/> ihren Schöpfer; ſich wenigſtens als ſeine Schöpfung.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0053]
„Was kümmert mich der Prinz! rief ſie. Sie
ſelbſt ſollte ſich ihr Loos werfen. Wie es war, und
wenn ein faux pas, eine raſende Leidenſchaft, eine
Entführung — ja, wenn der junge tolle Menſch, der
Bovillard, ſie gewaltſam geraubt hätte, es wäre doch
eine Abwechſelung, es hätte zu ſprechen gegeben —
Sie lächeln, weil Sie die Affecte begraben haben, aber
doch ſage ich Ihnen, der Durſt unſrer Seele nach
dem, was uns über den Alltag erhebt, iſt — das
Beſſere in uns.“
Der Legationsrath mußte zerſtreut ſein, die Sache
intereſſirte ihn nicht mehr.
„Der alte van Aſten rückt auch mit keinem
Groſchen 'raus, wenn ſein Sohn Adelheid heirathet.“
In dem Blick, den die Lupinus ihm zuwarf,
hätte ein Pſycholog eine verächtliche Beimiſchung leſen
können.
„Sie liebt ihn gar nicht.“
„Sie ſprechen in Räthſeln.“
„Sie erwähnten einmal einer chemiſchen Agenz,
die allen Stoffen ihre natürlichen Säfte ausſaugt,
daß ſie Farbe und Geſchmack verlieren.“
„Will der Pedant ſie zu einer Gelehrten erziehen?“
„Es iſt übel, wenn ein Lehrer eine zu gute Schüle¬
rin hat. Ich konnte nichts mehr wirken, wo ich von einem
Vorgänger Geiſt und Gemüth ſchon ganz eingenommen
fand. Mit ihrer lebhaften Auffaſſungsgabe betrachtet ſie
ihn als ihren Wohlthäter, um nicht zu ſagen als
ihren Schöpfer; ſich wenigſtens als ſeine Schöpfung.
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