Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.Es ist keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬ "Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen "Das kann doch nicht ganz Ihre Ansicht sein?" "Erst sich selbst -- Ich verstehe natürlich darunter, Es iſt keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬ „Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen „Das kann doch nicht ganz Ihre Anſicht ſein?“ „Erſt ſich ſelbſt — Ich verſtehe natürlich darunter, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="44"/> Es iſt keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬<lb/> pinus nach einer Pauſe fort, die den Drang in ſich<lb/> fühlt, ſich ſelbſt einem verehrten Mann zum Opfer<lb/> zu bringen. Aber das Mädchen iſt krank. Das iſt<lb/> die Krankheit der Reſignation. Ja wir, in unſeren<lb/> Jahren, — aber wenn junge Mädchen die Blüthe<lb/> ihrer Empfindung auf dem Altar der Pflicht — Was<lb/> lachen Sie ſo häßlich?“</p><lb/> <p>„Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen<lb/> um die Krankheit, welche Theologen, Dichter, Philo¬<lb/> ſophen, um die Wette unſerm Geſchlecht einimpften!<lb/> Um das Siechthum unſrer Staaten, unſrer Bildung,<lb/> daß wir aus uns hinaus uns denken, ſchwärmen,<lb/> ſpeculiren, ſtatt zu rechnen. Dies Infuſorium des<lb/> Univerſums will mit dem bischen Kraft, Talent, das<lb/> die Natur in ſeine Wiege als Pathengeſchenk legte,<lb/> den Sternenlauf reguliren, ſtatt für ſich ſelbſt zu<lb/> ſorgen, da wo ſein höchſtes Ziel nur ſein kann, ſich<lb/> erträglich und behaglich über dem Strom zu erhalten,<lb/> der es täglich zu verſchlingen droht. Welcher Hoch¬<lb/> muth in dieſer Tugend, eine Welt um ſich beglücken<lb/> zu wollen, um ſtolz dann ſich ſelbſt die Märtyrkrone<lb/> aufzudrücken!“</p><lb/> <p>„Das kann doch nicht ganz Ihre Anſicht ſein?“</p><lb/> <p>„Erſt ſich ſelbſt — Ich verſtehe natürlich darunter,<lb/> daß zwei, die ſich verſtehen, ſich als eine Einheit<lb/> betrachten. Wer ſie errungen hat, die Höhe, die er<lb/> erreichen kann, ja dann, meine Freundin, dann mag<lb/> er ein Gott ſein, der goldnen Regen um ſich ſprenkelt,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0054]
Es iſt keine unedle Natur, meine ich, fuhr die Lu¬
pinus nach einer Pauſe fort, die den Drang in ſich
fühlt, ſich ſelbſt einem verehrten Mann zum Opfer
zu bringen. Aber das Mädchen iſt krank. Das iſt
die Krankheit der Reſignation. Ja wir, in unſeren
Jahren, — aber wenn junge Mädchen die Blüthe
ihrer Empfindung auf dem Altar der Pflicht — Was
lachen Sie ſo häßlich?“
„Daß Sie ein armes junges Mädchen anklagen
um die Krankheit, welche Theologen, Dichter, Philo¬
ſophen, um die Wette unſerm Geſchlecht einimpften!
Um das Siechthum unſrer Staaten, unſrer Bildung,
daß wir aus uns hinaus uns denken, ſchwärmen,
ſpeculiren, ſtatt zu rechnen. Dies Infuſorium des
Univerſums will mit dem bischen Kraft, Talent, das
die Natur in ſeine Wiege als Pathengeſchenk legte,
den Sternenlauf reguliren, ſtatt für ſich ſelbſt zu
ſorgen, da wo ſein höchſtes Ziel nur ſein kann, ſich
erträglich und behaglich über dem Strom zu erhalten,
der es täglich zu verſchlingen droht. Welcher Hoch¬
muth in dieſer Tugend, eine Welt um ſich beglücken
zu wollen, um ſtolz dann ſich ſelbſt die Märtyrkrone
aufzudrücken!“
„Das kann doch nicht ganz Ihre Anſicht ſein?“
„Erſt ſich ſelbſt — Ich verſtehe natürlich darunter,
daß zwei, die ſich verſtehen, ſich als eine Einheit
betrachten. Wer ſie errungen hat, die Höhe, die er
erreichen kann, ja dann, meine Freundin, dann mag
er ein Gott ſein, der goldnen Regen um ſich ſprenkelt,
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