Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

am letzten Ende raus: sie hat ihn von Kindheit an
geliebt."

Dies war ungefähr das Gespräch, welches die
beiden ältlichen Herren vor dem Eintritt der Officiere
geführt, und das durch das laute Vorlesen des Ge¬
dichtes unterbrochen war. Der Kriegsrath schüttelte
den Kopf als er seinen Hut nahm.

"Gefallen Ihnen die Sentiments nicht von Sa¬
lomon und Titus?" fragte der Kaufmann und griff
nach einem Zeitungsblatt.

"Sie sind sehr schön, entgegnete der Kriegsrath,
nur begreife ich nicht, wie man so etwas zu drucken
erlaubt. Dadurch wird ja der Bonaparte avertirt,
was hier passirt ist."

"Sehr richtig bemerkt," sagte van Asten, und
sein schlaues Gesicht wollte gewiß noch etwas sagen,
aber der Kriegsrath gab, als der vornehmere Mann,
das Zeichen, daß er genug gehört, indem er sich mit
einer leichten Verbeugung empfahl. Der Vornehmere
muß das letzte Wort behalten. Aber als er durch
die Officiere den Weg nach der Thüre suchte, waren
offenbar diese die Vornehmeren. Sonst liebte er doch
nicht die Officiere, aber mit verbindlichen Verbeugungen
schlängelte er sich durch ihre Füße, welche die Herren
sich nicht besondere Mühe gaben aus dem Wege zu
ziehen. "Das war der Vater von dem schönen Mäd¬
chen," sagte ein Garde du Corps zu dem Rittmeister,
der seine glänzenden Reiterstiefeln auch nicht um einen
Finger breit zurückgezogen hatte. Der Cornet lachte:

III. 5

am letzten Ende raus: ſie hat ihn von Kindheit an
geliebt.“

Dies war ungefähr das Geſpräch, welches die
beiden ältlichen Herren vor dem Eintritt der Officiere
geführt, und das durch das laute Vorleſen des Ge¬
dichtes unterbrochen war. Der Kriegsrath ſchüttelte
den Kopf als er ſeinen Hut nahm.

„Gefallen Ihnen die Sentiments nicht von Sa¬
lomon und Titus?“ fragte der Kaufmann und griff
nach einem Zeitungsblatt.

„Sie ſind ſehr ſchön, entgegnete der Kriegsrath,
nur begreife ich nicht, wie man ſo etwas zu drucken
erlaubt. Dadurch wird ja der Bonaparte avertirt,
was hier paſſirt iſt.“

„Sehr richtig bemerkt,“ ſagte van Aſten, und
ſein ſchlaues Geſicht wollte gewiß noch etwas ſagen,
aber der Kriegsrath gab, als der vornehmere Mann,
das Zeichen, daß er genug gehört, indem er ſich mit
einer leichten Verbeugung empfahl. Der Vornehmere
muß das letzte Wort behalten. Aber als er durch
die Officiere den Weg nach der Thüre ſuchte, waren
offenbar dieſe die Vornehmeren. Sonſt liebte er doch
nicht die Officiere, aber mit verbindlichen Verbeugungen
ſchlängelte er ſich durch ihre Füße, welche die Herren
ſich nicht beſondere Mühe gaben aus dem Wege zu
ziehen. „Das war der Vater von dem ſchönen Mäd¬
chen,“ ſagte ein Garde du Corps zu dem Rittmeiſter,
der ſeine glänzenden Reiterſtiefeln auch nicht um einen
Finger breit zurückgezogen hatte. Der Cornet lachte:

III. 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="65"/>
am letzten Ende raus: &#x017F;ie hat ihn von Kindheit an<lb/>
geliebt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Dies war ungefähr das Ge&#x017F;präch, welches die<lb/>
beiden ältlichen Herren vor dem Eintritt der Officiere<lb/>
geführt, und das durch das laute Vorle&#x017F;en des Ge¬<lb/>
dichtes unterbrochen war. Der Kriegsrath &#x017F;chüttelte<lb/>
den Kopf als er &#x017F;einen Hut nahm.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gefallen Ihnen die Sentiments nicht von Sa¬<lb/>
lomon und Titus?&#x201C; fragte der Kaufmann und griff<lb/>
nach einem Zeitungsblatt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;ind &#x017F;ehr &#x017F;chön, entgegnete der Kriegsrath,<lb/>
nur begreife ich nicht, wie man &#x017F;o etwas zu drucken<lb/>
erlaubt. Dadurch wird ja der Bonaparte avertirt,<lb/>
was hier pa&#x017F;&#x017F;irt i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sehr richtig bemerkt,&#x201C; &#x017F;agte van A&#x017F;ten, und<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;chlaues Ge&#x017F;icht wollte gewiß noch etwas &#x017F;agen,<lb/>
aber der Kriegsrath gab, als der vornehmere Mann,<lb/>
das Zeichen, daß er genug gehört, indem er &#x017F;ich mit<lb/>
einer leichten Verbeugung empfahl. Der Vornehmere<lb/>
muß das letzte Wort behalten. Aber als er durch<lb/>
die Officiere den Weg nach der Thüre &#x017F;uchte, waren<lb/>
offenbar die&#x017F;e die Vornehmeren. Son&#x017F;t liebte er doch<lb/>
nicht die Officiere, aber mit verbindlichen Verbeugungen<lb/>
&#x017F;chlängelte er &#x017F;ich durch ihre Füße, welche die Herren<lb/>
&#x017F;ich nicht be&#x017F;ondere Mühe gaben aus dem Wege zu<lb/>
ziehen. &#x201E;Das war der Vater von dem &#x017F;chönen Mäd¬<lb/>
chen,&#x201C; &#x017F;agte ein Garde du Corps zu dem Rittmei&#x017F;ter,<lb/>
der &#x017F;eine glänzenden Reiter&#x017F;tiefeln auch nicht um einen<lb/>
Finger breit zurückgezogen hatte. Der Cornet lachte:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III</hi>. 5<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0075] am letzten Ende raus: ſie hat ihn von Kindheit an geliebt.“ Dies war ungefähr das Geſpräch, welches die beiden ältlichen Herren vor dem Eintritt der Officiere geführt, und das durch das laute Vorleſen des Ge¬ dichtes unterbrochen war. Der Kriegsrath ſchüttelte den Kopf als er ſeinen Hut nahm. „Gefallen Ihnen die Sentiments nicht von Sa¬ lomon und Titus?“ fragte der Kaufmann und griff nach einem Zeitungsblatt. „Sie ſind ſehr ſchön, entgegnete der Kriegsrath, nur begreife ich nicht, wie man ſo etwas zu drucken erlaubt. Dadurch wird ja der Bonaparte avertirt, was hier paſſirt iſt.“ „Sehr richtig bemerkt,“ ſagte van Aſten, und ſein ſchlaues Geſicht wollte gewiß noch etwas ſagen, aber der Kriegsrath gab, als der vornehmere Mann, das Zeichen, daß er genug gehört, indem er ſich mit einer leichten Verbeugung empfahl. Der Vornehmere muß das letzte Wort behalten. Aber als er durch die Officiere den Weg nach der Thüre ſuchte, waren offenbar dieſe die Vornehmeren. Sonſt liebte er doch nicht die Officiere, aber mit verbindlichen Verbeugungen ſchlängelte er ſich durch ihre Füße, welche die Herren ſich nicht beſondere Mühe gaben aus dem Wege zu ziehen. „Das war der Vater von dem ſchönen Mäd¬ chen,“ ſagte ein Garde du Corps zu dem Rittmeiſter, der ſeine glänzenden Reiterſtiefeln auch nicht um einen Finger breit zurückgezogen hatte. Der Cornet lachte: III. 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/75
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 3. Berlin, 1852, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe03_1852/75>, abgerufen am 09.11.2024.