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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852.

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eine Amazonenkönigin, die die Brandfackel in Länder
und Städte wirft --"

"Vielleicht auch als Brinvilliers -- das ist das
richtige Argument des Verstandes, meine theure
Frau. Das wahrhaft von der Liebe erfüllte Gemüth
-- Was ist Ihnen?"

"Nichts -- ein vorübergehender Stich vom
langen Sitzen."

"Die Liebe sucht nichts, die Liebe findet Alles,
fuhr die Fürstin mit süßer Stimme fort. Wer nur
ein Ohr dafür hat, nicht muthwillig es schließt, wo
der Spring unter der grünen Tiefe rauscht, aus
Furcht, daß er zu furchtbar vorbricht. O die Thörigen!
Sehen Sie da den Rittmeister und die Eitelbach!
Wo alles sich findet, was sich nur suchen will, gehen
sie wie Wachspuppen einander vorüber."

"Mich dünkt, Adelheid und der junge Bovillard
thun das auch."

"Kinder, die Versteck spielen."

"Ich glaubte, sie in Feuer und Flamme zu finden."

"Im hellen Zimmer jagen, im dunkeln fangen
sie sich."

"Mamsell Alltag ist blaß."

"Unter den vielen Geschminkten."

"Der Marmorausdruck ihres Gesichts --"

"Geliehen, theuerste Frau! Was das arme
Kind sich Mühe giebt, ihr Gefühl uns zu verbergen,
die tausend Nadelstiche, die das kleine Herz durch¬
bohren! Solche widernatürlichen Affecte rächen sich."

eine Amazonenkönigin, die die Brandfackel in Länder
und Städte wirft —“

„Vielleicht auch als Brinvilliers — das iſt das
richtige Argument des Verſtandes, meine theure
Frau. Das wahrhaft von der Liebe erfüllte Gemüth
— Was iſt Ihnen?“

„Nichts — ein vorübergehender Stich vom
langen Sitzen.“

„Die Liebe ſucht nichts, die Liebe findet Alles,
fuhr die Fürſtin mit ſüßer Stimme fort. Wer nur
ein Ohr dafür hat, nicht muthwillig es ſchließt, wo
der Spring unter der grünen Tiefe rauſcht, aus
Furcht, daß er zu furchtbar vorbricht. O die Thörigen!
Sehen Sie da den Rittmeiſter und die Eitelbach!
Wo alles ſich findet, was ſich nur ſuchen will, gehen
ſie wie Wachspuppen einander vorüber.“

„Mich dünkt, Adelheid und der junge Bovillard
thun das auch.“

„Kinder, die Verſteck ſpielen.“

„Ich glaubte, ſie in Feuer und Flamme zu finden.“

„Im hellen Zimmer jagen, im dunkeln fangen
ſie ſich.“

„Mamſell Alltag iſt blaß.“

„Unter den vielen Geſchminkten.“

„Der Marmorausdruck ihres Geſichts —“

„Geliehen, theuerſte Frau! Was das arme
Kind ſich Mühe giebt, ihr Gefühl uns zu verbergen,
die tauſend Nadelſtiche, die das kleine Herz durch¬
bohren! Solche widernatürlichen Affecte rächen ſich.“

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[160/0170] eine Amazonenkönigin, die die Brandfackel in Länder und Städte wirft —“ „Vielleicht auch als Brinvilliers — das iſt das richtige Argument des Verſtandes, meine theure Frau. Das wahrhaft von der Liebe erfüllte Gemüth — Was iſt Ihnen?“ „Nichts — ein vorübergehender Stich vom langen Sitzen.“ „Die Liebe ſucht nichts, die Liebe findet Alles, fuhr die Fürſtin mit ſüßer Stimme fort. Wer nur ein Ohr dafür hat, nicht muthwillig es ſchließt, wo der Spring unter der grünen Tiefe rauſcht, aus Furcht, daß er zu furchtbar vorbricht. O die Thörigen! Sehen Sie da den Rittmeiſter und die Eitelbach! Wo alles ſich findet, was ſich nur ſuchen will, gehen ſie wie Wachspuppen einander vorüber.“ „Mich dünkt, Adelheid und der junge Bovillard thun das auch.“ „Kinder, die Verſteck ſpielen.“ „Ich glaubte, ſie in Feuer und Flamme zu finden.“ „Im hellen Zimmer jagen, im dunkeln fangen ſie ſich.“ „Mamſell Alltag iſt blaß.“ „Unter den vielen Geſchminkten.“ „Der Marmorausdruck ihres Geſichts —“ „Geliehen, theuerſte Frau! Was das arme Kind ſich Mühe giebt, ihr Gefühl uns zu verbergen, die tauſend Nadelſtiche, die das kleine Herz durch¬ bohren! Solche widernatürlichen Affecte rächen ſich.“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/170>, abgerufen am 21.11.2024.