Die Ordnung war zerrissen, die Tischgänger wurden gepaart, wie Niemand es erwartet hatte.
Wir haben Louis Bovillard in dieser Soiree nur einmal in's Auge gefaßt, und auch da nur durch die Vermittelung anderer Augen. Vielleicht verloren wir nichts. Den vernichtenden Titanenhumor, der ihn für Viele interessant machte, ließ er nur noch selten spielen. Was gehörte er in die Gesellschaft! War er doch auch vielleicht entwichen in einem lan¬ gen Siechthum! Was der Strömung der Zeit an¬ gehört, wird heut von ihr auf der Woge hoch getragen, daß es die Wolken ansprützt, um morgen im Ab¬ grund zu versinken. Der Kothurn, den wir heut be¬ wundern, morgen belächeln wir ihn. So liefert die Tragödie von gestern immer Stoff zur Komödie von heute.
Louis Bovillard sahen wir durch die Thürritze als Träumer. Im Costüm des englischen Spleen hatte er einige alte Damen verletzt. Die jungen mochte er nicht verletzen wollen, denn er war plötzlich ein Anderer geworden. Er war in ihrem Kreise voll Laune, Witz, liebenswürdig vom Wirbel bis zur Zeh, aufmerksam auf jede Neckerei, die er in dem Tone wiedergab, von dem sie ausging. Was hatte ihn so verwandelt? Die Liebenswürdigkeit der jungen Da¬ men oder die steinernen Gesichtszüge, die Adelheid ihm zeigte? Man kann ja nicht immer in einer Ge¬ sellschaft den Träumer spielen, sonst wird man lang¬ weilig; und Adelheid mochte das auch denken, denn
Die Ordnung war zerriſſen, die Tiſchgänger wurden gepaart, wie Niemand es erwartet hatte.
Wir haben Louis Bovillard in dieſer Soirée nur einmal in's Auge gefaßt, und auch da nur durch die Vermittelung anderer Augen. Vielleicht verloren wir nichts. Den vernichtenden Titanenhumor, der ihn für Viele intereſſant machte, ließ er nur noch ſelten ſpielen. Was gehörte er in die Geſellſchaft! War er doch auch vielleicht entwichen in einem lan¬ gen Siechthum! Was der Strömung der Zeit an¬ gehört, wird heut von ihr auf der Woge hoch getragen, daß es die Wolken anſprützt, um morgen im Ab¬ grund zu verſinken. Der Kothurn, den wir heut be¬ wundern, morgen belächeln wir ihn. So liefert die Tragödie von geſtern immer Stoff zur Komödie von heute.
Louis Bovillard ſahen wir durch die Thürritze als Träumer. Im Coſtüm des engliſchen Spleen hatte er einige alte Damen verletzt. Die jungen mochte er nicht verletzen wollen, denn er war plötzlich ein Anderer geworden. Er war in ihrem Kreiſe voll Laune, Witz, liebenswürdig vom Wirbel bis zur Zeh, aufmerkſam auf jede Neckerei, die er in dem Tone wiedergab, von dem ſie ausging. Was hatte ihn ſo verwandelt? Die Liebenswürdigkeit der jungen Da¬ men oder die ſteinernen Geſichtszüge, die Adelheid ihm zeigte? Man kann ja nicht immer in einer Ge¬ ſellſchaft den Träumer ſpielen, ſonſt wird man lang¬ weilig; und Adelheid mochte das auch denken, denn
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Die Ordnung war zerriſſen, die Tiſchgänger
wurden gepaart, wie Niemand es erwartet hatte.
Wir haben Louis Bovillard in dieſer Soirée
nur einmal in's Auge gefaßt, und auch da nur durch
die Vermittelung anderer Augen. Vielleicht verloren
wir nichts. Den vernichtenden Titanenhumor, der
ihn für Viele intereſſant machte, ließ er nur noch
ſelten ſpielen. Was gehörte er in die Geſellſchaft!
War er doch auch vielleicht entwichen in einem lan¬
gen Siechthum! Was der Strömung der Zeit an¬
gehört, wird heut von ihr auf der Woge hoch getragen,
daß es die Wolken anſprützt, um morgen im Ab¬
grund zu verſinken. Der Kothurn, den wir heut be¬
wundern, morgen belächeln wir ihn. So liefert
die Tragödie von geſtern immer Stoff zur Komödie
von heute.
Louis Bovillard ſahen wir durch die Thürritze
als Träumer. Im Coſtüm des engliſchen Spleen
hatte er einige alte Damen verletzt. Die jungen
mochte er nicht verletzen wollen, denn er war plötzlich
ein Anderer geworden. Er war in ihrem Kreiſe voll
Laune, Witz, liebenswürdig vom Wirbel bis zur Zeh,
aufmerkſam auf jede Neckerei, die er in dem Tone
wiedergab, von dem ſie ausging. Was hatte ihn ſo
verwandelt? Die Liebenswürdigkeit der jungen Da¬
men oder die ſteinernen Geſichtszüge, die Adelheid
ihm zeigte? Man kann ja nicht immer in einer Ge¬
ſellſchaft den Träumer ſpielen, ſonſt wird man lang¬
weilig; und Adelheid mochte das auch denken, denn
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/175>, abgerufen am 21.11.2024.
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