Nation, der Christenheit, ohne die zu befragen, die durch freie Wahl es ihm auftrugen? Das deutsche Volk behält das unveräußerliche Recht auf sein Dasein."
Der Britte fixirte ihn: "Sprechen Eure Reichs¬ freiherrliche Gnaden da als preußischer Minister?"
Im Staatsmann arbeitete ein Feuer fort, er hörte nicht den Einwand: "Das ist der Fluch jener französischen Revolution, die aus dem nackten Begriff schöpfte, und in den Hexenkessel roher Begriffe Alles einwarf, Todtes, Lebendiges, Ungebornes und Ver¬ westes, aber auch das Heiligste und Gerechteste. Was blieb denn noch über, woran wir uns halten, wo der Vielfraß Zeit Alles aufzehrte, als das Vaterland! Zersetzen wir auch das auf seine Knochen und Fa¬ sern, dann Valet die letzte Sprungkraft, die uns aus dem Schlamm aufreißt. Ohne daß wir an Deutschland festhalten, ist kein Hessen und kein Sach¬ sen, ja, kein Preußen und kein Oestreich. Sie, My¬ lord, wenn ich nicht irre, rühmen sich Walliser Ab¬ kunft, was hält denn Ihr großbritannisches Reich zusammen, als daß es Eins ward, Britten und Sach¬ sen, Sachsen und Normannen, Engländer und Schot¬ ten, selbst das widersträubende Irland hat der Na¬ tionalsinn mit eisernem Arm an die gemeinsame Brust geklammert. Wäre es Bonaparte damals ge¬ lungen, hätte er Ihre Schiffe gesprengt, Ihre Strand¬ batterieen durchbrochen, Ihre Armee geschlagen, Lon¬ don genommen, hätte er die Mythe in's Leben und
IV. 12
Nation, der Chriſtenheit, ohne die zu befragen, die durch freie Wahl es ihm auftrugen? Das deutſche Volk behält das unveräußerliche Recht auf ſein Daſein.“
Der Britte fixirte ihn: „Sprechen Eure Reichs¬ freiherrliche Gnaden da als preußiſcher Miniſter?“
Im Staatsmann arbeitete ein Feuer fort, er hörte nicht den Einwand: „Das iſt der Fluch jener franzöſiſchen Revolution, die aus dem nackten Begriff ſchöpfte, und in den Hexenkeſſel roher Begriffe Alles einwarf, Todtes, Lebendiges, Ungebornes und Ver¬ weſtes, aber auch das Heiligſte und Gerechteſte. Was blieb denn noch über, woran wir uns halten, wo der Vielfraß Zeit Alles aufzehrte, als das Vaterland! Zerſetzen wir auch das auf ſeine Knochen und Fa¬ ſern, dann Valet die letzte Sprungkraft, die uns aus dem Schlamm aufreißt. Ohne daß wir an Deutſchland feſthalten, iſt kein Heſſen und kein Sach¬ ſen, ja, kein Preußen und kein Oeſtreich. Sie, My¬ lord, wenn ich nicht irre, rühmen ſich Walliſer Ab¬ kunft, was hält denn Ihr großbritanniſches Reich zuſammen, als daß es Eins ward, Britten und Sach¬ ſen, Sachſen und Normannen, Engländer und Schot¬ ten, ſelbſt das widerſträubende Irland hat der Na¬ tionalſinn mit eiſernem Arm an die gemeinſame Bruſt geklammert. Wäre es Bonaparte damals ge¬ lungen, hätte er Ihre Schiffe geſprengt, Ihre Strand¬ batterieen durchbrochen, Ihre Armee geſchlagen, Lon¬ don genommen, hätte er die Mythe in's Leben und
IV. 12
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Nation, der Chriſtenheit, ohne die zu befragen, die
durch freie Wahl es ihm auftrugen? Das deutſche
Volk behält das unveräußerliche Recht auf ſein
Daſein.“
Der Britte fixirte ihn: „Sprechen Eure Reichs¬
freiherrliche Gnaden da als preußiſcher Miniſter?“
Im Staatsmann arbeitete ein Feuer fort, er
hörte nicht den Einwand: „Das iſt der Fluch jener
franzöſiſchen Revolution, die aus dem nackten Begriff
ſchöpfte, und in den Hexenkeſſel roher Begriffe Alles
einwarf, Todtes, Lebendiges, Ungebornes und Ver¬
weſtes, aber auch das Heiligſte und Gerechteſte. Was
blieb denn noch über, woran wir uns halten, wo der
Vielfraß Zeit Alles aufzehrte, als das Vaterland!
Zerſetzen wir auch das auf ſeine Knochen und Fa¬
ſern, dann Valet die letzte Sprungkraft, die uns
aus dem Schlamm aufreißt. Ohne daß wir an
Deutſchland feſthalten, iſt kein Heſſen und kein Sach¬
ſen, ja, kein Preußen und kein Oeſtreich. Sie, My¬
lord, wenn ich nicht irre, rühmen ſich Walliſer Ab¬
kunft, was hält denn Ihr großbritanniſches Reich
zuſammen, als daß es Eins ward, Britten und Sach¬
ſen, Sachſen und Normannen, Engländer und Schot¬
ten, ſelbſt das widerſträubende Irland hat der Na¬
tionalſinn mit eiſernem Arm an die gemeinſame
Bruſt geklammert. Wäre es Bonaparte damals ge¬
lungen, hätte er Ihre Schiffe geſprengt, Ihre Strand¬
batterieen durchbrochen, Ihre Armee geſchlagen, Lon¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/187>, abgerufen am 21.11.2024.
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