diesem Wege steigen, wo das Verdienst zur Thür hinausgewiesen wird. Warum läßt es sich ausweisen? Warum greift es nicht zu den Mitteln, welche die Vorsehung ihm bot! Ist das nicht vielmehr Hochmuth, vielleicht der impertinenteste Dünkel, sich nur selbst genügen zu wollen? Sollen wir nicht klug sein wie die Schlangen! Und was Klugheit! Grassirt nicht unter diesen Menschen die Manie zu protegiren! Sie locken uns; wir brauchen nur zuzugreifen. Es ist der Kitzel des Stolzes und der Armseligkeit derer, die aus sich nichts machen können, Andre zu erheben, die sich ihnen fügen, ihren Launen schmeicheln, in ihre Gedanken hineinlügen. So entstanden Schulen, künstlerische, philosophische, religiöse, so erwuchs das Königthum zu der mythischen Größe. Man erhob sich, weil man Kleinere unter sich groß werden ließ. Man unterließ den Pyramidenbau, weil man inne ward, daß man doch nicht über die Wolken dringe; aber je mehr Abstufungen man zu seinen Füßen betrachtete, um so erhabener dünkte man sich selbst. Es ist ihr Spielzeug, warum erfassen wir es nicht, und lassen sie spielen zu unserm Zwecke!"
Die Baronin Eitelbach fuhr vorüber. Der Ritt¬ meister grüßte sie in feierlich militärischer Haltung. Sie erwiederte den Gruß in derselben Art. Er sah seinen Vater lächeln. Es war ja ein Allerwelts¬ geheimniß. Was hatte die halben noch im Nebel¬ schleier verborgenen Dirigenten zu dem frevelhaften Spiel veranlaßt? Man nannte hochgestellte Personen.
dieſem Wege ſteigen, wo das Verdienſt zur Thür hinausgewieſen wird. Warum läßt es ſich ausweiſen? Warum greift es nicht zu den Mitteln, welche die Vorſehung ihm bot! Iſt das nicht vielmehr Hochmuth, vielleicht der impertinenteſte Dünkel, ſich nur ſelbſt genügen zu wollen? Sollen wir nicht klug ſein wie die Schlangen! Und was Klugheit! Graſſirt nicht unter dieſen Menſchen die Manie zu protegiren! Sie locken uns; wir brauchen nur zuzugreifen. Es iſt der Kitzel des Stolzes und der Armſeligkeit derer, die aus ſich nichts machen können, Andre zu erheben, die ſich ihnen fügen, ihren Launen ſchmeicheln, in ihre Gedanken hineinlügen. So entſtanden Schulen, künſtleriſche, philoſophiſche, religiöſe, ſo erwuchs das Königthum zu der mythiſchen Größe. Man erhob ſich, weil man Kleinere unter ſich groß werden ließ. Man unterließ den Pyramidenbau, weil man inne ward, daß man doch nicht über die Wolken dringe; aber je mehr Abſtufungen man zu ſeinen Füßen betrachtete, um ſo erhabener dünkte man ſich ſelbſt. Es iſt ihr Spielzeug, warum erfaſſen wir es nicht, und laſſen ſie ſpielen zu unſerm Zwecke!“
Die Baronin Eitelbach fuhr vorüber. Der Ritt¬ meiſter grüßte ſie in feierlich militäriſcher Haltung. Sie erwiederte den Gruß in derſelben Art. Er ſah ſeinen Vater lächeln. Es war ja ein Allerwelts¬ geheimniß. Was hatte die halben noch im Nebel¬ ſchleier verborgenen Dirigenten zu dem frevelhaften Spiel veranlaßt? Man nannte hochgeſtellte Perſonen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0223"n="213"/>
dieſem Wege ſteigen, wo das Verdienſt zur Thür<lb/>
hinausgewieſen wird. Warum läßt es ſich ausweiſen?<lb/>
Warum greift es nicht zu den Mitteln, welche die<lb/>
Vorſehung ihm bot! Iſt das nicht vielmehr Hochmuth,<lb/>
vielleicht der impertinenteſte Dünkel, ſich nur ſelbſt<lb/>
genügen zu wollen? Sollen wir nicht klug ſein wie<lb/>
die Schlangen! Und was Klugheit! Graſſirt nicht unter<lb/>
dieſen Menſchen die Manie zu protegiren! Sie<lb/>
locken uns; wir brauchen nur zuzugreifen. Es iſt<lb/>
der Kitzel des Stolzes und der Armſeligkeit derer,<lb/>
die aus ſich nichts machen können, Andre zu erheben,<lb/>
die ſich ihnen fügen, ihren Launen ſchmeicheln, in<lb/>
ihre Gedanken hineinlügen. So entſtanden Schulen,<lb/>
künſtleriſche, philoſophiſche, religiöſe, ſo erwuchs das<lb/>
Königthum zu der mythiſchen Größe. Man erhob<lb/>ſich, weil man Kleinere unter ſich groß werden<lb/>
ließ. Man unterließ den Pyramidenbau, weil man<lb/>
inne ward, daß man doch nicht über die Wolken<lb/>
dringe; aber je mehr Abſtufungen man zu ſeinen<lb/>
Füßen betrachtete, um ſo erhabener dünkte man ſich<lb/>ſelbſt. Es iſt ihr Spielzeug, warum erfaſſen wir es<lb/>
nicht, und laſſen ſie ſpielen zu unſerm Zwecke!“</p><lb/><p>Die Baronin Eitelbach fuhr vorüber. Der Ritt¬<lb/>
meiſter grüßte ſie in feierlich militäriſcher Haltung. Sie<lb/>
erwiederte den Gruß in derſelben Art. Er ſah<lb/>ſeinen Vater lächeln. Es war ja ein Allerwelts¬<lb/>
geheimniß. Was hatte die halben noch im Nebel¬<lb/>ſchleier verborgenen Dirigenten zu dem frevelhaften<lb/>
Spiel veranlaßt? Man nannte hochgeſtellte Perſonen.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[213/0223]
dieſem Wege ſteigen, wo das Verdienſt zur Thür
hinausgewieſen wird. Warum läßt es ſich ausweiſen?
Warum greift es nicht zu den Mitteln, welche die
Vorſehung ihm bot! Iſt das nicht vielmehr Hochmuth,
vielleicht der impertinenteſte Dünkel, ſich nur ſelbſt
genügen zu wollen? Sollen wir nicht klug ſein wie
die Schlangen! Und was Klugheit! Graſſirt nicht unter
dieſen Menſchen die Manie zu protegiren! Sie
locken uns; wir brauchen nur zuzugreifen. Es iſt
der Kitzel des Stolzes und der Armſeligkeit derer,
die aus ſich nichts machen können, Andre zu erheben,
die ſich ihnen fügen, ihren Launen ſchmeicheln, in
ihre Gedanken hineinlügen. So entſtanden Schulen,
künſtleriſche, philoſophiſche, religiöſe, ſo erwuchs das
Königthum zu der mythiſchen Größe. Man erhob
ſich, weil man Kleinere unter ſich groß werden
ließ. Man unterließ den Pyramidenbau, weil man
inne ward, daß man doch nicht über die Wolken
dringe; aber je mehr Abſtufungen man zu ſeinen
Füßen betrachtete, um ſo erhabener dünkte man ſich
ſelbſt. Es iſt ihr Spielzeug, warum erfaſſen wir es
nicht, und laſſen ſie ſpielen zu unſerm Zwecke!“
Die Baronin Eitelbach fuhr vorüber. Der Ritt¬
meiſter grüßte ſie in feierlich militäriſcher Haltung. Sie
erwiederte den Gruß in derſelben Art. Er ſah
ſeinen Vater lächeln. Es war ja ein Allerwelts¬
geheimniß. Was hatte die halben noch im Nebel¬
ſchleier verborgenen Dirigenten zu dem frevelhaften
Spiel veranlaßt? Man nannte hochgeſtellte Perſonen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/223>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.