wiederkehrt, wenn seine Zeit kam, die unsre Schwäche nur nicht ermißt, oder -- nur die blitzende Nachterschei¬ nung, der Komet, der seinen Schweif betäubend über unsre Häupter rasselt. Wir stehen gebeugt unte dem Hagel seiner Meteorsteine und --" Er hielt inne und athmete tief. "Und wer sich selbst getreu blieb, wird auch hier sich nicht übertäuben lassen. -- Nein nein -- auch diese Sonne von Auster¬ litz hat trübe Flecke. Groß und strahlend, aber je mehr sie der Mittagshöhe sich nähert, um so mehr sehe ich sie schwanken, zittern vor sich selbst. Auch er wird untergehen, indem er sich selbst überhebt. Nur wer fest und bewußt -- Ach, mein Gott! fuhr er fort, wie aus seiner Träumerei erwachend. Ich vergaß mich da in Gedanken, die nicht hierher gehören. Groß ist er, aber -- sichrer der, der sich an keine Größe lehnt, nur auf sich selbst."
Der Legationsrath hatte sich verrechnet, wenn er gemeint, auf den Geheimrath damit einen Eindruck zu machen. Dieser hatte sich ruhig ein neues Glas eingeschenkt, und mit derselben Behaglichkeit ließ er es über die Zunge gleiten, die er vorhin an Wandel gerügt oder gerühmt.
"Sie wollen also mit Napoleon nichts zu thun haben! Votre plaisir! Aber, merken Sie sich, Haugwitz ist ängstlich inquietirt. Er giebt Winke, wie man Sie beobachten soll. Wenn Sie also keinen Passe- par-tout von Napoleon in der Tasche haben, --"
"Die Aufmerksamkeit, welche Herr v. Haugwitz
wiederkehrt, wenn ſeine Zeit kam, die unſre Schwäche nur nicht ermißt, oder — nur die blitzende Nachterſchei¬ nung, der Komet, der ſeinen Schweif betäubend über unſre Häupter raſſelt. Wir ſtehen gebeugt unte dem Hagel ſeiner Meteorſteine und —“ Er hielt inne und athmete tief. „Und wer ſich ſelbſt getreu blieb, wird auch hier ſich nicht übertäuben laſſen. — Nein nein — auch dieſe Sonne von Auſter¬ litz hat trübe Flecke. Groß und ſtrahlend, aber je mehr ſie der Mittagshöhe ſich nähert, um ſo mehr ſehe ich ſie ſchwanken, zittern vor ſich ſelbſt. Auch er wird untergehen, indem er ſich ſelbſt überhebt. Nur wer feſt und bewußt — Ach, mein Gott! fuhr er fort, wie aus ſeiner Träumerei erwachend. Ich vergaß mich da in Gedanken, die nicht hierher gehören. Groß iſt er, aber — ſichrer der, der ſich an keine Größe lehnt, nur auf ſich ſelbſt.“
Der Legationsrath hatte ſich verrechnet, wenn er gemeint, auf den Geheimrath damit einen Eindruck zu machen. Dieſer hatte ſich ruhig ein neues Glas eingeſchenkt, und mit derſelben Behaglichkeit ließ er es über die Zunge gleiten, die er vorhin an Wandel gerügt oder gerühmt.
„Sie wollen alſo mit Napoleon nichts zu thun haben! Votre plaisir! Aber, merken Sie ſich, Haugwitz iſt ängſtlich inquietirt. Er giebt Winke, wie man Sie beobachten ſoll. Wenn Sie alſo keinen Passe- par-tout von Napoleon in der Taſche haben, —“
„Die Aufmerkſamkeit, welche Herr v. Haugwitz
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wiederkehrt, wenn ſeine Zeit kam, die unſre Schwäche
nur nicht ermißt, oder — nur die blitzende Nachterſchei¬
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unſre Häupter raſſelt. Wir ſtehen gebeugt unte
dem Hagel ſeiner Meteorſteine und —“ Er hielt
inne und athmete tief. „Und wer ſich ſelbſt getreu
blieb, wird auch hier ſich nicht übertäuben laſſen.
— Nein nein — auch dieſe Sonne von Auſter¬
litz hat trübe Flecke. Groß und ſtrahlend, aber je
mehr ſie der Mittagshöhe ſich nähert, um ſo mehr ſehe
ich ſie ſchwanken, zittern vor ſich ſelbſt. Auch er wird
untergehen, indem er ſich ſelbſt überhebt. Nur wer
feſt und bewußt — Ach, mein Gott! fuhr er fort,
wie aus ſeiner Träumerei erwachend. Ich vergaß
mich da in Gedanken, die nicht hierher gehören.
Groß iſt er, aber — ſichrer der, der ſich an keine
Größe lehnt, nur auf ſich ſelbſt.“
Der Legationsrath hatte ſich verrechnet, wenn
er gemeint, auf den Geheimrath damit einen Eindruck
zu machen. Dieſer hatte ſich ruhig ein neues Glas
eingeſchenkt, und mit derſelben Behaglichkeit ließ
er es über die Zunge gleiten, die er vorhin an
Wandel gerügt oder gerühmt.
„Sie wollen alſo mit Napoleon nichts zu thun
haben! Votre plaisir! Aber, merken Sie ſich, Haugwitz
iſt ängſtlich inquietirt. Er giebt Winke, wie man
Sie beobachten ſoll. Wenn Sie alſo keinen Passe-
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„Die Aufmerkſamkeit, welche Herr v. Haugwitz
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 4. Berlin, 1852, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe04_1852/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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